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Kirchensteuer auf Kapitalerträge? Die war schon immer fällig. Was sich in diesem Jahr ändert
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
26.12.2014

chrismon: Seit Anfang dieses Jahres greift das neue Einzugsverfahren für die Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Sie wird nun von den Banken einbehalten und nicht mehr vom Steuerzahler bei der Steuererklärung jedes Jahr neu ange­geben. Eine sinnvolle Neuerung?

Thomas Begrich: Ja, es ist eine Verein­fachung – für alle Beteiligten. Bisher mussten die Steuerverpflichteten ihre Kirchenmitgliedschaft jeweils in ihrer Erklärung angeben oder ihre Banken auffordern, das zu berücksich­tigen. Das ist jetzt überflüssig.

Es gab Turbulenzen, als die Banken – und eben nicht die Kirchen – im vergangenen Jahr ihren Kunden diese automatische Abführung der Kirchensteuer ankündigten. Die Folge: vermehrte Kirchenaustritte. Können Sie das verstehen? 

Das Problem begann damit, dass der Staat den Banken aufgetragen hatte, die Steuerzahler zu fragen, ob sie mit diesem Verfahren einverstanden sind. Im Grunde sollte man das voraussetzen, denn sie zahlen ja auch ihre Kirchensteuer auf Lohn- und Einkommen bewusst. Die Abfrage und der Hinweis, dass man widersprechen kann – alles in einer technisch an­mutenden Erläuterung –, führten bei vielen zur einer Verunsicherung. Das kann ich verstehen. Dem können wir als Kirche nur durch regelmäßige Erklärungen begegnen.

Erstaunt es Sie, dass gerade viele ältere Menschen aus der Kirche ausgetreten sind, die niemals Kirchensteuer auf Kapitalerträge gezahlt haben?

Es erschreckt mich. Aber ich kann, wenn ­solche Informationen über Dritte kommen, das Gefühl verstehen: Als greife mir die ­Kirche von hinten in die Tasche und gehe an meine Altersvorsorge. Aber das tut die ­Kirche nicht, das war nie beabsichtigt. Ohnehin wird man aufgrund der Freibeträge erst ab einer Rücklage von 100 000 Euro diese Steuer zahlen, und dann sehr wenig. Es geht auch um Steuergerechtigkeit. Bei hohen ­Kapitalerträgen ist die Kirchensteuer entsprechend höher.

Die Banken werden auch in diesem Jahr ihre Kunden fragen, ob sie mit dem automa­tisierten Einzug der Kirchensteuer auf ihre Kapitalerträge einverstanden sind. Rechnen Sie mit ähnlichem Ärger wie 2014?

Die Banken werden tatsächlich wieder Briefe verschicken. Aber wir haben als Kirche mit den ­Banken einen Text abgestimmt, der kürzer, einfacher und verständlicher ist. Wir hoffen, dass es keine Verunsicherungen mehr gibt.

Geht es den Kirchen um mehr Geld – und das, obwohl sie 2014 so hohe Einnahmen hatten wie nie zuvor?

Nein, denn die meisten haben auch bisher ihre Kirchensteuer auf Kapitalerträge gezahlt. Durch die Umstellung nimmt die Kirche nicht mehr Geld ein. Es geht darum, dass die ohnehin fälligen Steuern möglichst ohne großen Verwaltungsaufwand eingezogen werden können. Wir werden diese Mittel verantwortlich und transparent für kirchliche Aufgaben verwenden.

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In den Antworten von Thomas Begrich vermisse ich die Erkenntnis, dass die Zahl der Kirchenaustritte dann hätte vermindert werden können, wenn die EKD und die Landeskirchen bei der Einführung der Abgeltungssteuer selbst darüber informiert hätten, dass man seine Bank beauftragen kann, auch die Kirchensteuer mit einzubehalten. Dass der Staat die Banken beauftragt hat, das zu tun, ist nur eine magere Ausrede. Kirchensteuer bleibt Kirchensteuer und damit in der Verantwortung der Kirchen, selbst wenn sie die Erhebung gegen ein gutes Entgelt dem Staat übertragen haben. Aber vielleicht hat man ja schon seinerzeit befürchtet, dass eine solche Information zu Kirchenaustritten führen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Raddatz, Bonn,
der seine Kirchensteuer auf Kapitaleinkünfte von Anfang an hat von seiner Sparkasse einziehen lassen.

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