Michael Ondruch
Unbeirrte Liebe
„Soviel du brauchst“ heißt das Motto des Kirchentags 2013: Was du zum Leben und Überleben benötigst, wirst du bekommen
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
16.04.2013

Sorgfältige Reiseplanung sieht doch wohl anders aus. Eine Reihe israelitischer Stämme, dazu wohl etliche andere Menschen, machen sich Hals über Kopf aus Ägypten davon. Jahrhunderte haben sie am Nil gelebt, über Generationen sind sie dort als Sklaven ausgebeutet worden. Nun bezahlen sie teuer für ihre Flucht aus der Gefangenschaft in die Wüste: in den ersten Jahren mit der Verfolgung durch den Pharao, ihren früheren Ausbeuter, dann mit Hunger, Heimatlosigkeit, Tod. Jahrzehnte eines strapaziösen Nomadenlebens liegen vor ihnen.   

Gottes Segen kann sehr hilfreich sein - für den Fußballspieler, die Konfirmandin. Und sicher, etwas naiv ist der Gottesglaube vielleicht - aber das gehört dazu, sagt Henning Kiene vom Kirchenamt der EKD.

Nur knapp entgingen sie dem Hungertod. Eines Tages ließen sich Schwärme von Wachteln bei ihren Zelten nieder. Und morgens war der Wüstenboden bedeckt mit kleinen, süßen Krumen, dem Manna. Heute weiß man: Es ist der von Schildläusen ausgesonderte Tamariskenhonig (2. Mose 16). Beides war Rettung in letzter Minute – und ein einschneidendes Befreiungserlebnis. Der Auszug aus Ägypten (Exodus) sowie die Lebensrettung durch Gott sind Urdaten der Geschichte Israels. Blindes, kopfloses Gottvertrauen? Oder doch eine tiefe Zuversicht, dass auch dieses gefährliche Wagnis gut ausgehen wird?

Notfallkoffer, Notverpflegung, Notaggregate

Das Wort Gottvertrauen ist für viele Menschen zum Fremdwort geworden. Gottvertrauen erscheint ihnen als naiv, unaufgeklärt, verantwortungslos. Alles kontrollieren, planen, absichern: Das liegt ihnen näher. Es gibt Versicherungen für und gegen alles, Schutzkleider und Schutzräume, Berge von Paragrafen, es gibt Notfallkoffer, Notverpflegung, Notaggregate. Es ist das Gegenteil von Selbst- und Gottvertrauen und auch das Gegenteil der Einstellung, dass Gott gibt, „soviel du brauchst“ – so das Motto des Deutschen Evangelischen Kirchentags, 1. bis 5. Mai in Hamburg.    +

Mit Gottvertrauen haben Menschen im Mittelalter Kirchen und Hospize zu bauen begonnen – Finanzierung ungewiss. Sie vertrauten fest darauf, dass ihr Werk gelingt. Heutige Großprojekte wie die Hamburger Elbphilharmonie oder der Berliner Flughafen BER sind im Gegensatz dazu wohl eher das Ergebnis von Selbstüberschätzungen und geschönten Kostenprog-nosen. Das Maß wird überrissen, Kosten und Nutzen stehen in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zueinander.

Eine Zuversicht ins Leben

Was ist naiv, was vernünftig? Gottvertrauen ist jedenfalls nicht das Gegenteil von Vernunft. Denn noch so genaue Planung und noch so großer Sachverstand erledigen nicht die persönliche Frage: Pack ich das, oder pack ich es nicht? Es gibt Situationen extremer Belastungen, in denen keine Vorbereitung, keine Planung, keine detaillierte Dienstanweisung oder Kontrolle den Erfolg garantieren – und trotzdem haben Menschen die Zuversicht, dass sie in dieser Lage nicht untergehen.  

Martin Luther, der Reformator, in dessen Leben Erfolg und Misserfolg, Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit so dicht beeinander waren, schrieb, wenn es ihm besonders schlecht ging, mit Kreide auf den Tisch: „Ich bin getauft.“ Bei an­derer Gelegenheit erklärte er: „Ein Gott heißt das, von dem man alles Gute er­warten soll und wo man Zuflucht in allen Nöten findet. Einen Gott haben heißt darum nichts anderes, als ihm von Herzen trauen und glauben.“ Naiver Optimismus? Wohl eher eine unbeirrte Liebe zum Leben und Hoffnung auf seinen Schöpfer.  
Wo ist die Grenze für das Gottvertrauen? Es gibt sie nicht.

Letzte Rettung in der Felswand

Ein Bergsteiger, der eine Wand schon sehr weit bezwungen hat, verliert plötzlich seinen Halt und stürzt in die Tiefe. An einem aus der Felswand ragenden Baum verfängt er sich und kann sich nur mit ­einiger Not festhalten. Verzweifelt be­ginnt er zu beten. Er verspricht Gott das Blaue vom Himmel, wenn er ihn rette. Das hört Gott und er fragt den Bergsteiger, wie er ihm denn überhaupt helfen könne, da er doch gar nicht an ihn glaube. Und ob er ihm überhaupt zutraue, dass er ihn retten könne. Da verspricht der Bergsteiger, dass er ab sofort für immer Gott vertrauen und an ihn glauben werde. Da sagt Gott zu ihm: „Nun denn! Dann lass jetzt los!“

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Sicher kennen Sie diese Geschichte (Quelle: http://www.kolitscher.com/vertraue-gott-aber-binde-dein-kamel-an): Ein Mann, der dem Propheten Mohammed aufmerksam zugehört hatte und nach der Veranstaltung mit seinem Kamel wieder heim wollte, warf sich vor dem Propheten auf die Knie und schrie: Ich bin mit meinem Kamel zu dir geritten, um dir zuzuhören. Ich habe auf Gott gesetzt. Ich habe ihm vertraut. Jetzt ist mein Kamel weg! Ist das der Dank? Der Dank für meine Hingabe? Der Meister sah in freundlich an und sagte: ”Ja… vertraue auf Gott … aber binde dein Kamel fest!” ----- Ihre Luther-Beweisführung ("ich bin getauft") sehe ich immer eher als Zeichen seiner Bipolarität (http://www.bipolare-stoerung.com/). Martin Luther lebte lustvoll als Renaissance-Mensch (Manie) unter der riesigen Bedrohung seines eigenen Prädestinations-Glaubens (Depression) (http://de.wikipedia.org/wiki/Prädestination) Ein weiterer Beleg für die hausgemachte Misere (bezüglich: Gott vertrauen - Gott misstrauen) ist die berühmte Stelle in seinem Katechismus (1. Gebot), in der er fordert: " Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen." Das ist Double-Bind in Reinstform (http://de.wikipedia.org/wiki/Double-bind). Und gar nicht gut für die seelische Gesundheit. Kein Mensch kann dem vertrauen, dass er fürchtet.

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Zitat aus dem Artikel: "Gottvertrauen ist jedenfalls nicht das Gegenteil von Vernunft." Sehr richtig! Das Gegenteil von Vernunft ist die Unvernunft. Für die Unvernunft gibt es viele Ursachen. Gottvertrauen ist aber vorsätzliche Unvernunft, gepaart mit der felsenfesten Überzeugung, es handele sich überhaupt nicht um Unvernunft. ________________________________ Zitat: "Ist Gottvertrauen einfach nur naiv?" Das wäre schön, wenn Gottvertrauen Naivität wäre! Dann ließe sich Gottvertrauen heilen durch Information. Gottvertrauen ist aber gerade der Entschluss, sich durch keine Information, kein Argument und keine Erfahrung von seinem Gott abbringen zu lassen. Sonst wäre es ja kein Vertrauen. ____________________________ Die in Atheistenkreisen beliebte Vorstellung, der Glaube alias Gottvertrauen sei eine gewöhnliche Form von Unvernunft und Naivität, stellt eine gefährliche Verniedlichung des Glaubens dar. Übrigens auch eine unnötige Beleidigung von Naiven und Unvernünftigen.

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Hallo Hikaru sulu: Nein, kein Mensch kann "dem" vertrauen, den er fürchtet.
Aber: Man sollte Gott nicht personifizieren!
Psychologen konnten beweisen, dass Gläubige im Leben besser zurecht kommen, seltener den Suizid praktizieren!
Es ist aber grundsätzlich egal, an was man glaubt! Ich denke, jede Kultur hat dieses Urvertrauen in ihr eigenes Kulturgut aufgenommen. Und in Deutschland war es bis vor Kurzem das Christentum. Nun sind aber mittlerweile noch viele andere Religionen dazu gekommen.
Und...wenn Christen sich in anderen Ländern zu ihrem Glauben bekennen und als Gemeinde akteptiert werden wollen, dann müssen sie auch alle anderen Religionen in Deutschland akzeptieren.
Und ich finde, wenn Soldaten(im Auftrag ihres Staates) eine Wallfahrt nach Lourdes bezahlt bekommen, dann ist das nett vom Staat dieses zu bezahlen, aber vielleicht wären andere Gelder für die zurückbleibende Familie( Frau und Kinder) besser angelegt!
Oder ein Wochenende mit der Familie an der Adria (z. B.), bevor es in die Krisenregion geht!!!!
Und : Glaube muss eine Basis haben. Diese Basis wird in der Kindheit geschaffen und erweitert das Urvertrauen des Einzelnen! Wenn dies nicht passiert, dann müssen tatsächlich schon ganz andere Dinge passieren, bis man zum Glauben findet!!!
Darum stehe ich als ehemalige Ehrenamtliche beim Kindergottesdient auch voll hinter den Worten: Lasset die Kinder zu mir kommen!
Wenn Gelder investiert werden, um eine friedlichere Welt zu schaffen, dann müssen diese für unsere Kinder investiert werden!
Niemand kann wirklich wollen, dass sich unsere schöne Erde völlig zerstört, weil alles dafür getan wird, das Aggressionspotential der Einzelnen zu fördern! Waffen gibt es ohnehin schon mehr als notwendig, um alles in die Luft zu jagen!

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Wenn man sich Gott, dem Glauben an Jesus Christus in der Art nähern möchte: man könnte sich vielleicht diese Option (Absicherung) offenhalten (wer weiß, wie man es braucht oder wie es vielleicht helfen könnte), dann kommt man auf wunderliche Gedankenexperimente und nichtssagende Antworten. Natürlich binde ich mein Kamel an! Ich habe beim Autofahren die Händer am Lenkrad! __ Es geht aber um eine ganz andere Dimension. Es geht um eine grundlegende Lebensbasis. Wenn ich durch Jesus Christus angenommen bin und Vergebung erfahren habe, kann ich ganz anders leben und die Welt sehen. Ich kann Gott fürchten und ihm doch vertrauen. Ich kann demütig sein vor Gott und trotzdem - nein, gerade deswegen - fröhlich sein. ____ Es hilft aber nicht, tausend gescheite Bücher zu lesen oder tagelang nachzudenken, diese Hingabe an Gott muss man wagen. Und darum geht es. Diesbezüglich klare Aussagen vermisse ich aber leider bei vielen kirchlichen / christlichen Veranstaltungen.

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Seit über 2000 Jahren haben die agrarisch-hypersozial-sesshaften „Juden“ die ganze Welt im Griff:
Juden (Mörder wie Moses, Kain, David, etc.) => Christen => Muslime => Protestanten => Kapitalisten => Kommunisten-Marxisten => Nazis => Hollywood => Anthroposophen => Atombomben (Teller, Oppenheimer, Kim Jong Un).

Wann hört endlich dieser wahnsinnige beschnitten-traumatisierte Blödsinn überall auf???
Die einzige gute „Religion“ war der ausgerottete Schamanismus der Jäger-und-Sammler: der ist zwar auch genetisch bedingt, aber er kann NICHT sozial GELERNT werden.

Und übrigens: arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel braucht (Chrysostomos)

Ein blindes Gottvertrauen ist naiv. Es gibt keinen Schöpfer-Gott. Und es gibt keinen allmächtigen Gott. Aber der Mensch kann durch religiöse Dinge, die sich in der Natur befinden, unterstützt werden. Es muss eine Reform der Kirche gemäß den Vorstellungen Dorothee Sölles geben.

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Hikaru Sulu (noch Lieutenant oder schon Commander In Chief?) schrieb am 30. April 2013 um 18:24: "Kein Mensch kann dem vertrauen, dass er fürchtet." Irrtum. Das geht sogar ganz locker. Früher vertrauten die Menschen dem Gott, der sie im Falle des Unglaubens, also des Nichtvertrauens, in die Hölle gesteckt hätte. Ist das heute, wo auch hartgesottene Gläubige so ihre Zweifel an der Hölle haben, anders geworden? Nein. Die Hölle wurde lediglich etwas umbenannt. So schrieb Anne am 2. Mai 2013 um 10:12: "Psychologen konnten beweisen, dass Gläubige im Leben besser zurecht kommen, seltener den Suizid praktizieren!" Gott straft also nicht mehr mit Hölle, sondern mit Lebensuntüchtigkeit und Selbstmord. Toller Fortschritt! _________________________ Zitat: "Ja... vertraue auf Gott ... aber binde dein Kamel fest!" Das Kamel kann machen, was es will. Das kann einen Gläubigen doch nicht erschüttern. Bleibt es brav stehen, dann wird Gott genau dafür gedankt. Läuft es weg, dann dankt der Gläubige seinem Gott dafür, dass er noch zwei Beine zum Laufen hat. Bindet der Mann das Kamel fest und es reißt sich trotzdem los, dann dankt der Gläubige seinem Herrn dafür, dass sein Kamel so stark und geschickt ist. Klaut jemand das angebundene Kamel, dann dankt der Mann seinem Gott dafür, dass er trotz dieses Schicksalschlages seinen Glauben an Gott nicht verloren hat. Sollte sich das Kamel also mit irgendeiner finsteren aufklärerischen Absicht in die Geschichte geschlichen haben, so steht es auf verlorenem Posten. Selbst der berühmte Ausspruch Jesu "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt 27,46) kündigt ja nicht an, dass sich jetzt vielleicht doch mal ein vernünftiger Zweifel Bahn bricht oder gar der Groschen fällt. Im Gegenteil. Das ist nur das Getriebegeräusch für das von Stund' an in verschärfter Gangart laufende Gottvertrauen. Wie sollte da der Ausruf "Mein Kamel, mein Kamel, warum hast du mich verlassen?" irgendeine Chance auf die Inbetriebnahme des Verstandes haben? ___________________________ Zitat Anne: "Glaube muss eine Basis haben. Diese Basis wird in der Kindheit geschaffen und erweitert das Urvertrauen des Einzelnen! Wenn dies nicht passiert, dann müssen tatsächlich schon ganz andere Dinge passieren, bis man zum Glauben findet!!!" Volle Zustimmung meinerseits. Wer sein Kind nicht rechtzeitig traktiert, früher mit dem Rohrstock, heutzutage mit den nicht minder wirksamen, aber nebenwirkungsfreieren Psychomethoden, läuft echt Gefahr, einen atheistischen Balg in die Welt entlassen zu haben. Da sei Gott davor!

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