Streitfall Beschneidung: Auch Rituale lassen sich verändern. Wie soll es weitergehen nach dem Kölner Beschneidungsurteil?
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
11.07.2012

Als das Landgericht Köln kürzlich in zweiter Instanz die Beschneidung eines vierjährigen muslimischen Jungen als „schwere und irreversible Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit“ wertete und damit als strafbare Handlung, trat sie ein Welle des Protestes los. Unisono meldeten Spitzenvertreter der Kirchen, der Muslime und der Juden Kritik an. Im Kern die Frage, wie ein Landgericht dazu komme, eine Jahrtausend geübte und durch das Recht auf freie Religionsausübung gedeckte Praxis auf einmal zu kriminalisieren. Allzu offensichtlich verliert das religiöse Selbstbestimmungsrecht schleichend an Bedeutung gegenüber anderen Verfassungsrechten. Richter kennen sich auch immer weniger in den Religionen aus und greifen mit Urteilen wie diesem einer weiteren Säkularisierung vor. Das ist nicht ganz neu in der deutschen Justiz. Die Gerichtsverfahren gegen bayerische Schulkreuze sind ein anderer Beleg für den Versuch, die Bedeutung von Glauben und Religion zu unterminieren.

Natürlich ist die Frage der Beschneidung diskutabel

Nichts dagegen, dass das Thema Beschneidung gerichtlich verhandelt wird. Dann aber bitte vor einem Gericht, dass auf Verfassungsfragen spezialisiert ist. Und dann bitte mit religionshistorischem, medizinischem und psychologischem Tiefgang. Natürlich ist die Frage der Beschneidung diskutabel. Immerhin gibt es auch demokratische Länder, zum Beispiel Schweden, in denen die rituelle Beschneidung von Jungen ohne medizinische Indikation verboten ist, jedenfalls jenseits des Alters von zwei Monaten. Und es ist auch interessant, dass der Gründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, ein Jude, seinen Söhnen die Beschneidung ersparte. Es gibt zudem Psychoanalytiker, die bei einem – zugegeben kleinen - Teil der Beschnittenen „Empathiebrüche“, also Verletzungen des seelischen Einfühlungsvermögens, und Störungen der sexuellen Identität feststellen – letzteres vor allem, wenn die Beschneidung im Alter von fünf bis sieben Jahren stattgefunden hat.

Das Bundesverfassungsgericht wird das Urteil kassieren

Ja, es gibt Entwicklungsrisiken, wenn auch nur bei einem sehr geringen Teil der Beschnittenen, so der Düsseldorfer Psychoanalytiker und Medizinprofessor Matthias Franz. Rechtfertigt dies ein Totalverbot der Beschneidung? Und deutlich ist auch: Dieser Ritus ist ein umso einschneidenderes Erlebnis im psychischen Sinn, je älter die Jugendlichen sind. Es ist ein wirkliches Ziel-Dilemma: Haben sie die Pubertät und ihre Religionsmündigkeit erreicht, belastet sie eine Beschneidung ungleich schwerer als im Säuglingsalter. All dies wird vor einem Verfassungsgericht zur Sprache kommen. 

Spätestens das Bundesverfassungsgericht wird das Kölner Urteil kassieren. Wenn nicht, werden Juden und Muslime den für sie so wichtigen Brauch der Beschneidung fortführen. Dann allerdings unter medizinisch fragwürdigen Umständen und eventuell nicht unter dem medizinischen state of the art. Oder Juden und Muslime fahren ins Ausland, um Beschneidungen vornehmen zu lassen. Eine belastende Perspektive, weil sie ganze Religionsgemeinschaften mit Sanktionsdrohungen belegt.

Blutige Rituale lassen sich auch symbolisch vollziehen

Eine Alternative: Juden und Muslime stellen sich ohne Zeitdruck und richterliche Pressionen der Frage, ob und wie sie diesen Ritus weiterentwickeln wollen. Das Argument „Das praktizieren wir seit Jahrtausenden“ hat Gewicht, muss aber nicht das Ende jeder Debatte sein. Die Beschneidung ist bei Juden und Muslimen ein gruppenbildendes Ritual. Es ist ein blutiges Opfer, das Gott gefällt – so die Lehre. Blutige Rituale lassen sich auch symbolisch vollziehen. Das Christentum hat dies zum Beispiel mit der Umformung der blutigen Tempelopfer zum symbolischen Opfer von Leib und Blut Jesu im Abendmahl vollzogen. Das muss und soll kein Maßstab für Juden und Muslime sein. So wenig, wie Richter in den Innenbereich einer Glaubensgemeinschaft hineinrichten dürfen, dürfen Christen es tun. Aber die christliche Praxis deutet eine denkbare Variation des Ritus an.  

Was jetzt dringend nötig ist: Erst einmal Rechtssicherheit für die jüdischen und muslimischen Familien und die Ärzte herzustellen, etwa im Wege einer einstweiligen Verfügung die rituelle Beschneidung bis zu einem endgültigen Gerichtsurteil wieder zuzulassen. Sozialer Wandel, wenn er denn kommt, braucht Zeit. Gerade in religiösen Fragen sind Hauruck-Verfahren von Übel.  

Seit zwei Jahrhunderten wird im Reformjudentum Kritik an der Beschneidung geführt. Einer der wichtigsten Vordenker, Abraham Geiger, nannte den Brauch einen «barbarischen, blutigen Akt». Und es gibt mit Brit Shalom längst ein jüdisches Willkommensritual, das ohne Blut und Schere auskommt: http://www.jewsagainstcircumcision.org/brisshalom.htm

Und auch unter Muslimen gibt es Seiten, welche die Praxis aus ethischen und theologischen Argumenten ablehnen: http://www.quranicpath.com/misconceptions/circumcision.html

Der soziale Wandel hat also längst eingesetzt. Es ist deshalb kein Konflikt zwischen Ungläubigen und Gläubigen sondern einer zwischen Fundamentalisten und dem ganzen heterogenen Rest der Bevölkerung.

Und ich hatte schon die Hoffnung - durch Ihre (Sub-)headline geweckt - endlich mal einen evangelischen Kommentar zu lesen, der einfach nur die Rechtslage zur Kenntnis nimmt - und von da aus weiter denkt.
Es braucht für ein Strafgericht in dieser Angelegenheit keinen besonderen "religionshistorischen, medizinischen und psychologischen Tiefgang", das Recht auf Unversehrtheit - entsprechend strafrechtlich geschützt - gründet im Grundgesetz unzweifelhaft vor und über der Religionsfreiheit. Artikel 4 erlaubt mit nichts den Eingriff in andere Grundrechte, es ist also die übliche Abwägung notwendig, und da ist die Sache (auch in der Fachliteratur, siehe u.a. die Kurzeinschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags) eindeutig: um MEINE Religion auszuüben darf ich nicht EINEN ANDEREN verletzen. Sehr einfach, sehr logisch, sehr notwendig.

Das Kommentieren des Urteils in der Kernfrage der Beschneidung lässt mich von Anfang an nur staunen. Sollte Ihnen nur ein theoretisches "Entwicklungsrisiko" einfallen, gehen Sie doch mal in die Sauna oder ein öffentliches Bad und vergleichen Sie, vielleicht erahnen Sie dann auch funktionelle Unterschiede (über die Männer auch sprechen können sollten) - dies auszuführen passt besser auf eine Kabarettbühne als hier nach Chrismon, aber es bietet sich phantastisch an, denn die Behauptung, da passiere ja eigentlich nichts, ist so unglaublich sexual-naiv, dass der Witzgenerator im Kopf Purzelbäume schlägt.

Was bleibt: das eindeutige Verbot der Körperverletzung (dazu braucht es keine "Rechtssicherheit", die gibt es schon) - und ein Ziel - u.a. Ihr Ziel - die Beschneidung nicht-einwilligungsfähiger Jungen in Deutschland doch zu erlauben. Darüber kann man ja diskutieren, da wären kreative Ideen gefragt. Aber verquastes Gerichts-Bashing führt da nicht weiter und lässt mich ob dieser evangelischen Einmütigkeit, die seit zwei Wochen publiziert wird, über die gesellschaftliche Positionierung evangelischer Kirchen rätseln.

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Interessanterweise beteiligen sich auch Vertreter von Religionen, die keine Beschneidung kennen, am Protest. Das kann unmöglich an der Körperverletzung liegen, die mit Beschneidung einher geht. Was aber dann?

Es ist die alte Auseinandersetzung, was in einer Demokratie im Streitfall den Vorrang hat - Grundrechte oder Glaubenssätze.

Da das Grundrecht auf freie Religionsausübung aber nur die Beschneidungsveranlasser aber nicht die Beschneidungsopfer betrifft, kann man genausogut von einer Beschneidung der Religionsfreiheit sprechen, wenn ein unmündiges, ja fast neugeborenes Kind einer körperverletzenden religiös motivierten Handlung unterworfen wird. Dieses Beschneidungsopfer hat jedenfalls keine Religionsfreiheit - der Freiheit, sich für oder gegen eine Religion zu entscheiden. Wenn das Gericht sich um das körperliche Wohlergehen des Beschneidungsopfers bemüht, kann auch nur die Religionsfreiheit des Beschneidungsopfers dagegen gestellt werden, nicht aber die Religionsfreiheit der Eltern, welche in dieser Form die Religionsfreiheit der Beschneidungsopfer einschränkt. Ein Verbot des Beschneidens ist deshalb eine Bestärkung der Religionsfreiheit der Beschneidungskandidaten.

Wie aber steht es bei der Taufe Unmündiger durch die christlichen Kirchen. Ist das dann womöglich auch eine Beschränkung der Religionsfreiheit des Täuflings durch die Erwachsenen?

Da liegt der Hase im Pfeffer.

Mein Beitrag für freitag.de war im Tenor ja ähnlich, also kein Widerspruch.

Was ich nicht drin hatte und wo ich Fragen hätte, ist die Kassationsgewissheit. Da bei einem Freispruch der Freigesprochene nicht beschwert ist, stellt sich die Frage, wer das Bundesverfassungsgericht bei diesem Urteil anrufen kann. Von selbst wird es nie tätig.

Sind denn der Chrismon-Redaktion aus der Recherche zu diesem Beitrag Fälle bekannt, in denen nach Freisprüchen aufgrund unvermeidbaren Verbotsirrtums Verfassungsbeschwerden der Freigesprochenen oder von Dritten erfolgreich waren oder wenigstens zur Entscheidung angenommen wurden? Oder würde hier Neuland beschritten?

LG

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Das „Beschneidungs-Urteil“ des Kölner Landgerichts ist bei den großen Religionsgemeinschaften auf einhellige und oft heftige Ablehnung gestoßen. Und es ist wohl tatsächlich so, dass die immerhin weltweit verbreitete und bisher allgemein akzeptierte – so wird zumindest behauptet – Beschneidung (von Jungen) kein geeignetes Objekt dafür darstellt, die Reichweite der Regeln und Normen des säkularen Staates zu demonstrieren. Gerade die fachjuristischen Äußerungen, die in den letzten Tagen dazu veröffentlicht worden sind, zeigen das sehr deutlich und wären deshalb gut geeignet, die Diskussion zu beruhigen. Auch Eduard Kopps Kommentar leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Sein Satz „So wenig, wie Richter in den Innenbereich einer Glaubensgemeinschaft hineinrichten dürfen, dürfen Christen es tun“ verdient aber einige kritische Bemerkungen. Denn dieser Satz macht auf Defizite aufmerksam, mit denen sich der interkulturelle Diskurs zu seinem eigenen Schaden seit einiger Zeit unnötig belastet hat.
Ein Defizit ist die mittlerweile üblich gewordene weitgehende Suspendierung der Wahrheitsfrage bzw. – etwas weniger anspruchsvoll formuliert – der Frage nach dem, was für unser Leben richtig und gut ist. Dies ist einerseits ohne Zweifel ein Fortschritt, der einen produktiven interreligiösen und interkulturellen Dialog überhaupt erst möglich gemacht hat. Zu Recht wird angenommen, dass jede Kultur, mithin auch jede Religion, für die Definition dessen, was wahr, richtig und gut ist, erst einmal selbst zuständig ist. Aus dem „selbst“ wird inzwischen aber immer öfter ein „allein“. In dieser Perspektive müssen alle „von außen“ kommenden Stellungnahmen, seien es kritische Anfragen oder einfach nur gut gemeinte Vorschläge, als unerlaubte und ungehörige Einmischung erscheinen.
Diese negative Bewertung von Kritik im interkulturellen Dialog wird – zweitens – dadurch verstärkt, dass seit einiger Zeit immer mehr von Identitäten und jetzt speziell von „Kernidentität(en)“ die Rede ist, womit vermutlich ein mehr oder weniger fest definierter kultur- bzw. religionsspezifischer Bestand von Riten, Dogmen und Denkweisen gemeint ist, der nicht mehr hinterfragbar ist und deshalb in jedem Falle hingenommen werden muss. Jede Kritik daran setzt sich sofort dem Verdacht der Intoleranz, Respektlosigkeit und Schlimmerem aus.
Zwar wäre die Behauptung, dass es so etwas wie Identität nicht gäbe, sicherlich töricht. Nicht nur töricht, sondern äußerst problematisch ist es aber, wenn Identität als unverrückbar und gleichsam als ewig bezeichnet wird, also als eine Art von Schonraum, umgeben von hohen Betonmauern, wo Wahrhaftigkeit und Vernunft draußen bleiben müssen, und der keiner kritischen Nachfrage mehr zugänglich ist und auch nicht sein darf. Dann nämlich gerät man in das, was Amartya Sen die „Identitätsfalle“ genannt hat.
Zur Rechtfertigung der Beschneidung wird neben der Behauptung, sie gehöre zur „Kernidentität“, auf das Grundrecht der Religionsfreiheit verwiesen. Ich will nicht über die Reichweite dieses Grundrechts diskutieren, sondern auf ein anderes Grundrecht verweisen, das mindestens den gleichen Rang beanspruchen kann und muss, wie alle anderen Grundrechte auch, nämlich auf das Recht des Menschen, lernen zu können, also aufgrund besserer Einsicht und neuer Erkenntnisse seine Meinung und sein Verhalten zu ändern, Alternativen zu erwägen und neue Wege zu gehen. Und in einer globalisierten Welt (eigentlich wollte ich dieses Schlagwort vermeiden) kennt dieses Lernen keine Grenzen, weder die einer Kultur noch die einer Religion. Und es erstreckt sich nicht nur auf alltägliche Dinge, sondern auch auf das, was wir als Identität bezeichnen. Man muss nicht so weit wie Sloterdijk gehen, wenn dieser mit einem gewissen ironischem Unterton sagt: „Meine Identität besteht in dem Komplex meiner unrevidierbaren persönlichen und kulturellen Trägheiten.“ Aber man muss schon fragen, woher wir eigentlich das Recht ableiten, für diesen Bereich eine Art Immunität anzunehmen, die vor Infragestellung und Veränderung schützt.
Wer für sich und seine Kultur bzw. Religion eine solche Immunität in Anspruch nimmt, betreibt damit, wahrscheinlich ohne es zu wollen, objektiv das Geschäft derer, die einem „clash of civilizations“ das Wort reden, denn dieses Konzept rechnet ja gerade mit unverrückbaren „Kern-Identitäten“, die nicht auf vernünftige Weise miteinander vermittelt und unter Umständen auch weiter entwickelt werden können, sondern gegeneinander ausgefochten werden müssen. Genau das aber können wir jetzt am wenigsten gebrauchen.

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Als evangelische Theologin habe ich eine ganz säkulare Meinung dazu: Auch unter Männern, die weder dem Judentum noch dem Islam angehören, gibt es Beschnittene, z.B. aufgrund von Vorhautverengung im Kindsalter. Z.B. wurden in den USA längere Zeit alle Buben, egal welcher Religionszugehörigkeit beschnitten. Da ich schon einmal mit so einem Mann zusammen war, kann ich nur sagen: Beschnittenheit ist viel hygienischer. Heute regt sich ja auch niemand darüber auf, wenn sich Leute unter Achseln und im Intimbereich rasieren, was ja auch hauptsächlich aus hygienischen Gründen passiert.
Ich hab mir einmal aus Versehen mit dem Messer einen kleinen Teil meiner Ringfingerkuppe abgeschnitten. Bin ich deshalb versehrt? Dasselbe könnte ich über kleine Mädchen, die noch kaum laufen können, aber deren Ohrläppchen schon durchgestochen sind, sagen. Das hat nichts mit Hygiene zu tun und ist, soweit ich weiß, gesetzlich nicht strafbar. Auch routinemäßige Mandel-, Polypen-, oder Blinddarmentfernungen, die im weitesten Sinne ebenfalls hygienische Maßnahmen sind, und schon manchmal präventiv unternommen worden sind, sind nicht untersagt, soweit ich weiß. Da sagt niemand was.
Warum wird so ein Tamtam um dieses kleine Stück Haut gemacht? Weil es am Pipifax ist? Wir reden ja nicht um eine Beschneidung von Frauen, die als FGM schmerzhaft, unhygienisch und klar abzulehnen ist.
Natürlich kann man auch andere Rituale einführen zur Einführung in die Gemeinschaft, aber warum sollte man, wenn das bestehende Ritual hygienisch Sinn macht?

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Autor des folgenden Beitrages ist Iwan der Schreckliche. Gast schrieb am 12. Juli 2012 um 12:39: "Warum wird so ein Tamtam um dieses kleine Stück Haut gemacht?" Interessant! Das Beschneidungsritual selber ist also offenbar kein Tamtam. Der Widerspruch dagegen aber schon. Da wird also, weil Jahwe oder die liebe Verwandtschaft oder Allah scharf darauf sind, an den Genitalien von Mädchen und Jungen herumgeschnipselt, dass es eine wahre kulturelle Freude ist. Bei den Mädchen mit gravierenden Folgen, bei den Jungen ist es meistens harmloser. Bei der weiblichen Genitalverstümmelung regt sich gewisser Widerstand, hauptsächlich dort, wo sie eh nicht praktiziert wurde. Bei den Jungen gibt es munteren Streit, wobei die Befürworter die Technik des nachgeschobenen Argumentes perfekt beherrschen. ___________________________ Zitat: "Z.B. wurden in den USA längere Zeit alle Buben, egal welcher Religionszugehörigkeit beschnitten." Ob alle Buben beschnitten wurden, sei mal dahingestellt. Die für die Beschneidung ins Feld geführten Argumente sollte man dann allerdings nicht unterschlagen. Beschneidung sollte gut gegen Masturbation sein und die war auf jeden Fall gegen Gottes Gebot. ______________________ Zitat: "Beschnittenheit ist viel hygienischer." Ich dachte immer, Genitalhygiene bei Gesunden hätte mit Seife und Wasser zu tun und nicht mit dem Skalpell. _______________________ Zitat: "Heute regt sich ja auch niemand darüber auf, wenn sich Leute unter Achseln und im Intimbereich rasieren," Ach so, ein unter örtlicher Betäubung vorgenommener Eingriff steht mit Nägel- und Haareschneiden auf einer Stufe. ________________________ Zitat: "Ich hab mir einmal aus Versehen mit dem Messer einen kleinen Teil meiner Ringfingerkuppe abgeschnitten." Dieses Argument für die Beschneidung ist von einer Originalität, die Hervorhebung verdient. Weil man sich also versehentlich selber verletzen kann, ist der Widerspruch gegen vorsätzliche Verletzungen von Kindern ein Tamtam. ________________ Zitat: "Natürlich kann man auch andere Rituale einführen zur Einführung in die Gemeinschaft, aber warum sollte man, wenn das bestehende Ritual hygienisch Sinn macht?" Der ersatzlose Verzicht auf diese blutigen, peinlichen und albernen Rituale scheint also außerhalb der Diskussion zu sein.

Weiten wir die Frage aus, so ist sie an einer besonderen Stelle in etwa so alt wie die Auseinandersetzung inmitten des modernen Protestantismus: Kann es angehen, dass wir Kinder taufen, noch bevor sie selbst verstehen, was das für sie beudeten soll? Müsste man nicht mit dem Bekenntnis zu einer Religion warten, bis sie selbst dieses Bekenntnis mit eigenem Nachdenken aussprechen können.

Der orthodoxe Protestantismus wandte sich seinerzeit mit erheblichen Verfolgungen gegen die Wiedertäufer, die begannen, Erwachsne neu zu taufen, nachdem dem Akt, den man an ihnen in der Kindheit vollzog, nicht viel Bedeutung beizumessen war.

Ich hätte da eigentlich nichts dagegen, Kinder neutral zu erziehen und ihnen die Glaubensfrage nicht von Elternseite aus abzunehmen, denn schließlich kann es doch eigentlich nicht sein, dass die Religion primär davon abhängt, wo man geboren wird (so sollte das Gott doch eigentlich nicht geplant haben?)

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Ich bin als Christ schon ein wenig schockiert darüber, wie wenig gerade von den Kirchen das eigentliche Hauptproblem überhaupt tangiert wird.
Passen Sie mal auf, was Sie hier jetzt machen, sonst sind Sie bald auch nicht mehr meine Kirche!

Niemand will Beschneidungen verbieten,solange sie freiwillig von Erwachsenen an sich selbst durchgeführt werden. Worum es hier geht, ist der zwangsweise Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Jungen.
Ich halte es für völlig richtig und überfällig, dass das verboten wurde.
Und zwar auch aus dem Grund, dass man selbst entscheiden können soll, ob man am Initiationsritual einer Religion teilnehmen möchte. Christen überlassen es den Menschen selbst,ob sie Christen werden wollen oder nicht. Sie machen sie nicht durch einen irreparablen körperlichen Eingriff lebenslang zu Christen. Jüdische oder islamische Religionsausübung ist auch ohne Zwangsbeschneidungen vollwertig möglich.

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Es geht nicht um die Befriedigung einer morbiden Glaubensmethodik, sondern einzig und allein um die Fähigkeit unserer Politiker, innerhalb von 48 Stunden eine Überzeugung zu modifizieren, sprich, sich um 180 Grad zu wandeln.
Das ist diese rückgratlose Cremè, die ein ganzes Volk im Ernstfall für ein Butterbrot verkaufen würde.
Ich schäme mich über so viel Mangel an Ehrbarkeit!

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Autor des folgenden Beitrages ist Iwan der Schreckliche. Gast schrieb am 13. Juli 2012 um 13:30: "Ich halte es für völlig richtig und überfällig, dass das verboten wurde." Ihre Freude über das Verbot wird nicht lange anhalten. Bundesregierung und Bundestag werden dafür sorgen, dass die Rechtslage geändert wird und Körperverletzung im Rahmen von Zwangsbeschneidungen unmündiger Kinder straffrei wird. Daraus kann man übrigens ersehen, dass das Setzen auf Verbote einen gewaltigen Haken hat. Es setzt voraus, dass eine überlegene Gewalt - hier der Rechtsstaat - sein Verbot aufrechterhalten und durchsetzen will. Sicherheit für Kinder, nicht mit dem Messer traktiert zu werden, ist auf diesem Weg offensichtlich nicht zu haben. Das ginge nur über die Köpfe der gläubigen Täter, also erfolgreiche Aufklärung der Eltern. Ein schier unmöglich erscheinendes Unterfangen, trotzdem ist es der einzige Weg. _______________________ Die andere naheliegende Frage lautet: Wieso macht der Staat mit, wenn ihm in Religionsgemeinschaften organisierte Gläubige kalt lächelnd mitteilen, sie hätten weiterhin vor, an ihren 8 Tage alten Säuglingen oder 13 Jahre alten Jungen Körperverletzung zu üben? Gott habe das schließlich so gewollt. Fussballfans, die sich nach dem Spiel gegenseitig prügeln wollen, bekommen auch kein Sonderrecht eingeräumt, das die Körperverletzung in diesem Fall gestattet. Da mag ihnen der Fußballgott noch so oft erzählt haben, dass er als Zeichen dafür, dass die Fans ihm ganz gehören, ein paar ausgeschlagene Zähne sehen möchte. Auch der Hinweis, die Prügelei hätte lange Tradition und fände sogar unter beiderseitigem Einverständnis von Erwachsenen statt, zieht nicht. ______________________ Des Rätsels Lösung liegt in den staatsnützlichen Diensten, die der Glaube dem Staat bietet. Der Staat braucht Menschen, die es als selbstverständlich nehmen, dass sie ihm zu gehorchen haben. Weil gehorchen zwar das korrekte, aber unbeliebte Wort ist, sagt man statt gehorchen natürlich staatsbürgerliches Verantwortungsbewusstsein zeigen. Und dafür ist es eine prächtige Übung, auch Gott zu gehorchen - pardon, ihm mit Vertrauen und Liebe zu begegnen. Weil die Kirchen durch die Pflege des Glaubens also dafür sorgen, dass dem Staat laufend gehorsamsbereites Menschenmaterial nachwächst, dürfen sie sich Dinge herausnehmen, die anderen nicht gestattet werden. ____________________ Deswegen wird also weiterhin fleißig beschnitten werden und Gott und Staatsmacht können sich wieder gemeinsam ins Fäustchen lachen.

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Im Mai 2012 fällte das Landgericht Köln als zweite Instanz ein Urteil zur rituelle Beschneidung eines minderjährigen Jungen . Das Urteil löste eine lebhafte Diskussion aus. Es stuft die Beschneidung eines Jungen als Körperverletzung ein, welche durch eine religiöse Motivation und den Wunsch der Eltern nicht gerechtfertigt wird. Das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit überwiegt konkurrierende Rechtsgüter wie das Recht der Eltern auf Religionsfreiheit und auf Erziehungsfreiheit.steht. (wikipedia)
Ich denke die Juristen haben vollkommen recht, die körperliche Unversehrtheit geht vor Religinsfreiheit. Ich glaube auch an Gott und an Jesus Christus, aber ich denke jeder soll für sich selbst entscheiden was er glaubt und wie. Wenn Muslime oder Juden , die Beschneidung für wichtig halten dann solle sie , diese ausführen sobald sie volljährig werden und selbst entscheiden können.
Die Bundesregierung will Rechtssicherheit schaffen dafür sorgen, dass die rituellen Beschneidungen straffrei gestellt werden.
Das finde ich den falschen Weg, wo fängt die die körperliche Unversehrtheit auf.
Was ist wenn jemand aus religösen Gründen die Bescheidung eines Mädchens durchführen will ? Ich denke da würde keine Bundesregierung ihren Segen geben. Es ist Genitalverstümmelung , auch wenn bei der Beschneidung von Jungen nur die Vorhaut abeschnitten wir so ist es trotzdem auch ohne medizinische Gründe eine Körperverletzung.
Oder was würde die Bundesregierung tun wenn eine Sekte auf die Idee kommen würde jedes Kind den Namen ihres Gottes nach der Geburt auf den Po zu tätowieren ?

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Ich bin entsetzt, wie sehr auch in diesem Kommentar Eduard Knopps die Körperverletzung kleiner, wehrloser Jungs durch Verstümmelung verharmlost wird. Die Verstümmelung mit Kreuzen in Schulzimmern oder der Taufe zu vergleichen ist vollkommen unangemessen. Juristen und Ärzte sind sich in Deutschland nämlich weitgehend einig, daß es sich bei der Beschneidung um eine Körperverletzung handelt. Daß das LG Köln das auch so sieht, ist deshalb nicht verwunderlich. Aber es hat den Eltern das Recht abgesprochen, aus religiösen Gründen dieser Körperverletzung im Namen des Kindes und seines Wohls zuzustimmen. Die Folgen sind bei sehr vielen Betroffenen alles andere als harmlos und Komplikationen sind sehr häufig, wie auch im Kölner Fall, der lege artis durchgeführt wurde. Ich schlage dem Autor vor, sich beschneiden zu lassen und in einem Jahr zu berichten, ob alles noch wie vorher ist. Säuglinge leiden unter der Beschneidung genauso, nur fehlt ihnen der vorher nachher Vergleich. Leider ist es jetzt wie auch sonst fast immer so, daß die Kirchen nicht auf Seiten der Opfer sind. Damit befinden sie sich in schlechter Gesellschaft mit Freud, der den Mißbrauchsopfern in seinen Theorien ja auch die Schuld gab, obwohl er anfänglich die schrecklichen Folgen der Kindesmißhandlung erkannte, mit dieser Erkenntnis aber nur Ablehnung erntete und deshalb wieder verwarf.

Die Frage ist, ob die Religionsfreiheit das Recht auf körperliche Unversehrtheit einschränken kann, und religöse Gruppen darüber entscheiden dürfen. Eine Bejahung impliziert auch, daß das Individuum sich durch die Gruppenzugehörigkeit definiert, was spätestens seit der Aufklärung bei uns vollkommen überholt ist. Stattdessen definieren sich Gruppen hier über ihre Mitglieder. Und das Grundgesetz bevorrangt die Würde des Individuums regelmäßig gegenüber der von Gruppen. Ein analoger Fall zum hier vorliegenden ist übrigens die körperliche Züchtigung ungehorsamer Frauen durch ihre Gatten. Der Koran schreibt in Sure 4, Vers 34 ausdrücklich vor, eine Ehefrau zu schlagen, wenn sich deren Gehorsam durch andere Maßnahmen nicht erzwingen läßt. Das wäre dann analog der Beschneidung durch die Religionsfreiheit gedeckt. Andere Fälle sind die Polygamie oder die Steinigung bei Ehebruch, was beides auch jüdischer und muslimischer Tradition bzw. religiösen Geboten entspricht. Wir kommen in Teufels Küche, wenn wir Einschränkungen von hart erkämpften Grundrechten aus religiösen Gründen zulassen. Mal abgesehen davon finde ich es pervers, daß genau die Religionen, die keine Religionsfreiheit gewähren, diese hier exzessiv in Anspruch nehmen. Der Islam kennt kein Recht auf Austritt, wer das macht, ist zu töten, und das passiert in islamischen Ländern ja so auch. Einen Bericht über «Open Doors» würde ich in diesem Zusammenhang sehr begrüßen.

Sollten Eltern eine Beschneidung im Ausland durchführen lassen, sollte das sofort zum Entzug des Sorgerechtes führen. Im übrigen ist von jedem, der hier lebt, verlangbar, daß er sich an die Gesetze hält, auch wenn diese Regelung für Einwanderer bereits in vielfältiger Weise aufgeweicht wurde. Die Leute müssen nicht hier leben, sie können gehen, wenn ihnen die Verhältnisse hier nicht passen. Ich verlange auch keinen FKK-Strand in Dubai. Will ich den, fahre ich nach Sylt an Buhne 16.

Ich finde es schwächlich, rassistisch und intolerant von einer Religion, wenn das Seelenheil der Gläubigen an einer Vorhaut oder anderen Symbolen hängt. Da war Jesus viel weiter. Er hat den Juden den von ihnen verachteten Samariter als Vorbild geschildert. Seine Tat zählte für Jesus, nicht ob er systemkonform war. Jesus hat sich auch sonst ziemlich oft gegen das blinde Befolgen religiöser Gebote gewandt. Damit war er ein viel zu früh gekommener Verfechter der Aufklärung.

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Autor des folgenden Beitrages ist Iwan der Schreckliche. Gast schrieb am 16. Juli 2012 um 14:39: "Der Koran schreibt in Sure 4, Vers 34 ausdrücklich vor, eine Ehefrau zu schlagen.." Womit sich der Koran würdig an die Seite der Bibel stellt mit ihren mannigfachen Anweisungen, wer alles wann und warum zu meucheln sei. _________________________ Zitat: "Mal abgesehen davon finde ich es pervers, daß genau die Religionen, die keine Religionsfreiheit gewähren...." Ach, es gibt eine Religion, die Religionsfreiheit gewährt? Diese großzügige Religion soll dann wohl gar die christliche sein? Das elfte Gebot lautet also: "Vergiss die ersten zehn Gebote und tritt aus dem Laden aus!" ______________________ Zitat: "Jesus .... Damit war er ein viel zu früh gekommener Verfechter der Aufklärung." Deshalb hat der Frühaufklärer Jesus, ganz im Gegensatz zu den bösen Moslems, sich speziell für die Religionsaussteiger stark gemacht mit den Worten: "Dann wird er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!" (Matth. 25, 41) ______________________________ Zitat: "Im übrigen ist von jedem, der hier lebt, verlangbar, daß er sich an die Gesetze hält, auch wenn diese Regelung für Einwanderer bereits in vielfältiger Weise aufgeweicht wurde." Paragraph 1 des Ausländergesetzes lautet somit "Ausländer brauchen sich nicht an die Gesetze zu halten." Ich dachte immer, für Ausländer würden neben allen Anweisungen für die Eingeborenen, die selbstverständlich auch für Ausländer gelten, noch ein schöner Batzen weiterer Vorschriften gelten. ________________________ Zitat: "Die Leute müssen nicht hier leben, sie können gehen, wenn ihnen die Verhältnisse hier nicht passen." Um zu dieser tausendundersten Variante des "Ausländer raus!" zu kommen, mussten Sie, lieber Herr oder liebe Frau Gast, aber einen ziemlich weiten Umweg über das Urteil des Landgerichts zur Beschneidung wählen.

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"Gerade in religiösen Fragen sind Hauruck-Verfahren von Übel." Grundsätzlich ja, aber "ein blutiges Opfer" kann es in heutiger Zeit nicht mehr geben, insofern betrifft es die Grundsatzdiskussion über die Entscheidungsfreiheit. Ein solches Ritual geht von der Unfreiheit aus, und der Unterwerfung , ebenso würde natürlich eine gesetzliche Bestimmung, ein Verbot, einen Zwang von Oben bedeuten, alles das muss also offen ausgesprochen und vor allem unter den Betroffenen und Gläubigen insgesamt bewusst diskutiert werden. Es kann doch beispielsweise eine vorübergehende Aufhebung des Rituals geben, um eine freiheitliche Auseinandersetzung zu ermöglichen. Allein die Vernunft sollte gelten, und die Tatsache, dass ein Kind kein Eigentum ist, lediglich eine Art "Leihgabe des Lebens", die es bestmöglich zu "verwalten" gilt. Das betrifft auch seinen Körper. "Hygienische Aspekte", wie sie hier in einem Beitrag erwähnt wurden, dürften in diesem Rahmen übertrieben sein und ein Eingriff in die persönliche Sphäre. Wer heute an einen "Blutopfer " fordernden Gott glauben will, der hat sich in der Zeit geirrt, b.z.w. ist er bemüht das Rad der Geschichte zurückzudrehen, b.z.w. es aufzuhalten. Man kann dies als eine Grundsatzwahrheit sehen, von der alles weitere Leben abhängt, denn Freiheit und Frieden fordern ein starkes persönliches Engagement und Eigenverantwortung, und das allein ist schon schwer genug, und heilsam. Sozialer Wandel als Folge eines allgemeinen Bewusstseinswandels , ohne Zwang, eigenverantwortlich. Er kommt.
Und noch etwas, Herr Eduard Kopp, "natürlich ist die Frage der Beschneidung", aus den von mir geschilderten Gründen, indiskutabel. Sie ist abzulehnen, weil wir, Menschen von Heute, es nicht mehr nötig haben, unsere Kinder zu opfern, allein schon deshalb, weil es den Einen gibt, der sich für Alle geopfert hat ! Religiöse Gesetze müssen sich dieser Wahrheit beugen, und sich in dem Sinne auch verändern.

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Das BVerfG wird das Kölner Urteil nicht "kassieren". Und falls doch,
wird der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Urteil des BVerfG obsolet machen.

Körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung werden immer über religiösem Wahn stehen!

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Die Debatte um die Strafbarkeit der Beschneidung ist in der Form, in der sie geführt wird eine Katastrophe für unser Land. Wenn man sich die Kommentarspalten der Online-Zeitungen ansieht, bricht in vielen Postings sich eine ganz ungehemmte Verachtung für Juden und Muslime Bahn. Die Argumente, die hier gebracht werden ("Wir" bringen jetzt die Vernunft zu den angeblich ach so rückständigen Stammesreligionen) sind schrecklich. In nicht wenigen Fällen nichts anderes als Antisemitismus ("die Juden manipulieren unser Rechtssystem"). Es fehlt nicht an offenen Aufforderungen, Juden mögen das Land verlassen. Es fehlt an jeglichem Verständnis, an jeglichem Dialog. Hier werden Jahrzehnte der Versöhnungsarbeit kaputt gehauen. Wir sollten uns nicht täuschen: dies wird eine Zäsur sein, und die Juden in Deutschland werden (mMn: zu Recht) diese Debatte als Angriff auf ihr ganzes Dasein ansehen.
Es ist doch auch erstaunlich, dass es in keinem (!) anderen Land eine solche Debatte in dieser Form gibt. Es gibt kein (!) demokratisches Land, in dem Beschneidungen strafbar sind. Das sollte doch etwas zu denken geben.
Fazit: düstere Zeiten für Deutschland. Wo ist nur die Toleranz hin? Wo ist der Respekt hin?

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Kommentar zum Kommentar : Beschneidung, vom 28. Aug., 2012-15:44: Vielen Dank für diese sehr direkte Meinung. Ich ergänze noch : Wo ist die Demokratie hin ??? Aber heißt Toleranz gewähren lassen ? Oder wegschauen ? Die Notwendigkeit der Diskussion besteht offensichtlich. Das Problem liegt wohl auch darin, dass "eben mal so viertausend Jahre Religionsgeschichte obsolet ", mittels Urteil, erklärt werden !!! ( ZItat , siehe Navid Kermani ). " Vulgärrationalismus " schreibt der Schriftsteller, Publizist und Orientalist Navid Kermani über das Kölner Urteil zur Beschneidung, " setzt den eigenen, also de heutigen Verstand, absolut. Von dort ist es bekanntlich nicht weit zum Biologismus, der eine rein naturwissenschaftliche Betrachtung der Schöpfung auf die Gesellschaftsanalyse überträgt. " Und im Absatz davor schreibt der Autor: " Aufklärung, wie sie gerade auch die deutsche Philosophie gelehrt hat, würde heißen, die eigene Weltanschauung zu relativieren und also im eigenen Handeln und Reden immer in Rechnung zu stellen, dass andere die Welt ganz anders sehen: ich mag an keinen Gott glauben, aber ich nehme Rücksicht darauf, dass andere es tun; uns fehlen die Möglichkeiten, letztgültig zu beurteilen, wer im Recht ist. Aufklärung ist nicht nur die Herrschaft der Vernunft, sondern zugleich das Einsehen in deren Begrenztheit. " Die Begrenztheit der Vernunft und ein gerichtliches Urteil, das gerne höchste Autorität wäre, werden hier zu einem philosophischen Dilemma, und einem Anlass zu einem übergreifenden Diskurs, in dem es um Verständigung über uralte religiöse Werte geht, um Autorität, um Grenzen, um Miteinander Reden, vor allem innerhalb der Religionen, d.h. wir müssen unsere Vorurteile überholen, überprüfen, uns im Geiste erneuern, um zu neuen Ufern segeln zu können. Lesen Sie auch meinen früheren Beitrag zum Thema "Gerade in religiösen Fragen "..., vom 16. Juli 2012- 22:11. GABRIELL

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Geschichte ist eben Geschichte. Und nur weil manches früher üblich war, ist das noch kein Grund, es nur deswegen heute weiter so zu machen. Außerdem ist eine Vereinnahmung sämtlicher Juden oder Muslime als Zeugen für die Beschneidung im Kindesalter ungerechtfertigt. Dieser Link zeigt, dass zumindest im jüdischen Glauben die Kindesbeschneidung durchaus auch abgelehnt wird: http://www.jewsagainstcircumcision.org/

Die ganze Eierei um die angebliche Unverzichtbarkeit der Kindesbeschneidung erinnert mich an einen Ausspruch von Nietzsche: " Und so macht man es innerhalb jeder herrschenden Moral und Religion und hat es von jeher gemacht: Die Gründe und die Absichten hinter der Gewohnheit werden immer zu ihr erst hinzugelogen, wenn einige anfangen, die Gewohnheiten zu bestreiten und nach Gründen und Absichten zu fragen. Hier steckt die große Unehrlichkeit der Konservativen aller Zeiten. Es sind dies die Hinzulügner."

Übrigens setzt das Kölner Urteil nicht den Verstand absolut, sondern das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Menschlichkeit. Nichts anderes sollte in einer Demokratie von einem Gericht verlässlich erwartet werden können.

Abgesehen von naiven Schwärmern glaubt doch heute kein gebildeter Jude oder Moslem daran, dass er den Zorn eines Gottes auf sich zöge, wenn er sein Kind nicht beschneiden lässt. Soviel Zutrauen habe ich in das intellektuelle Urteilsvermögen von Juden und Moslems allemal.

Übrigens, in welcher weltanschaulichen Befangenheit der von Ihnen zitierte Orientalist watet, wird an dem von Ihnen eingestellten Zitat deutlich:"Aufklärung, wie sie gerade auch die deutsche Philosophie gelehrt hat, würde heißen, die eigene Weltanschauung zu relativieren ...." Hier fordert der Orientalist zu Recht die Relativierung der eigenen Weltsicht - aber eben nur von den Beschneidungsgegnern, nicht von den Beschneidungsbefürwortern. Man spürt die Absicht, und man ist verstimmt....

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Ich verstehe in der Diskussion die "Verstimmung" eher darin, dass ein gerichtliches Urteil, eben so, ein religiöses Ritual beschneidet , d.h. es , eben so, die Toleranz beschneidet. Sie sagen, "Geschichte ist Geschichte", natürlich, aber Verbote lösen nie Probleme, sie verlagern diese höchstens, und schaffen viele neue hinzu, aber wie Sie sagen, ist dies Thema auch in jüdischen Kreisen selbst umstritten, insofern war das Urteil doch irgendwie überflüssig, und ich wünsche den Fortschrittlichen im Jüdischen Glauben, dieses als Aufwind zu nutzen !

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Das ist es ja gerade.Wieso ist ein Gerichtsurteil die Beschneidung von Toleranz. Das klingt gerade so, dass Toleranz die Basis unserer Demokratie wäre. Das ist sie ja gerade nicht. Denn sonst wäre Beliebigkeit die Grundlage unserer Gesellschaft. Toleranz gegenüber allen und allem. Also auch gegenüber Räubern und Betrügern usw. usf. Also ist Toleranz dort zu Ende, wo die Freiheit des anderen durch Toleranz eingeschränkt wird. Was wiegt nun schwerer? Die Freiheit der Eltern, ihr Kind als religiöse Verfügungsmasse zu benutzen, oder die Freiheit des Kindes, über seinen Körper selbst zu entscheiden. Dies bedürfte aber nicht bloß des willentlichen , sondern auch des wissentlichen Aktes der Zustimmung. Solange das nicht klar ist, ist Beschneidung auch Kindesmißhandlung. Dies schrieb ebsw.

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Toleranz ist eine philosophische Lebenseinstellung , ein Weltbild, kein politisches Programm, und eine Einstellung, die statt radikaler Lösungen, eher die Vernunft befragt. Ich finde Ihre Einstellung, "ebsw.", beispielsweise sehr ungesund, Sie informieren sich nicht, lesen andere Kommentare wohl kaum, suchen nur danach, Recht zu behalten. So stellt sich das für mich dar. Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen der philosophischen Toleranz und der persönlichen Duldung von Unrecht, oder persönlichen Ärgernissen oder Kränkungen. Ich verstehe daher Ihre Einstellung, oder glaube es zumindest, aber an der eigenen Toleranzfähigkeit zu arbeiten, hilft, zu einem besseren Verständnis der Welt und der Umstände, in denen wir, Sie, ich, andere, uns bewegen, zu gelangen. In Frieden, nicht in Boshaftigkeit, nicht im Streit, nicht in Intoleranz. Ihre Wortwahl ist sehr emotional und dient nicht der Wahrheitsfindung, auch der eigenen nicht. Ihre Argumentation ist falsch, weil Sie aus einem ethisch falschen Verständnis argumentieren, und somit werden daraus Unterstellungen im Hinblick auf die bestehende Praxis der Beschneidung. "religiöse Verfügungsmasse ": was soll das sein, bitte schön ?! Jeder dieser Erwachsenen ist ein Teil "davon ", und deren Überzeugung war freie Wahl. Es ist ein Akt der Intoleranz hier gerichtlich mit Verboten zu winken, und um so mehr Anlass, persönliche Toleranz zu üben, und freiheitliche Lösungen zu suchen. Oder nicht ? Zumal die christlichen Kirchen mit sexuellem Missbrauch für viele der heftigen Stimmen sicherlich mitverantwortlich zeichnen ! Ich übe mich derweil in Gelassenheit, vor allem, weil das Thema so fragil ist.

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Der Richterspruch aus Köln hat viele gläubige Juden und Moslems aufgeschreckt und Reaktionen mit Drohungen gegen den deutschen Staat ausgelöst. Der, so scheint es, kleinlaut beigeben will. Viel wichtiger wäre es, dass jetzt die betroffenen Religionen und Gemeinden nicht über das Urteil herfallen, sondern über das Problem ernsthaft diskutieren und nachdenken, um einen gangbaren Weg zu finden. Man sollte aus der Geschichte lernen. Es gab früher Menschenopfer, die gegen Tieropfer  (Widder) abgeschafft wurden. Man könnte z.B. die Nabelschnur des Kindes, das Abschneiden, als solches Ritual annehmen, auch bei Mädchen. Nicht das Ritual ist das Wichtigste, als vielmehr der religiös gläubige Vollzug mit Hilfe des Heiligen Geistes. Alles andere ist nur traditionelle Feier, mit Allem, was dazu gehört - sonst gar nichts ...

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