Wahlfamilien, Nachbarschaft, Quartiersarbeit - Cornelia Coenen-Marx und ihr neues Buch

Alternativen für die Single-Gesellschaft
 Mehrgenerationenhaus in Wunstorf  - Haus der Vielfalt

Cornelia Coenen-Marx

Ein gutes Beispiel für gute Quartiersarbeit. Das "Haus der Vielfalt" in Wunstorf bei Hannover gibt es seit 2017

Mehrgenerationenhaus in Wunstorf - Haus der Vielfalt

Cornelia Coenen-Marx beschäftigt sich schon ihr ganzes Leben mit dem ideellen und praktischen Wert von "Gemeinschaft". In ihrem neuen Buch geht es um Einsamkeit, Wahlfamilien und die Kirchengemeinschaft im Wandel.

Gutes oder schlechtes Timing? Das sei gar nicht so einfach zu beantworten, berichtet die Theologin und Buchautorin Cornelia Coenen-Marx. 2019 hatte die Mitbegründerin und einstige Herausgeberin von chrismon mit den Recherchen zu einem neuen Buch begonnen. Kurz darauf begann die Pandemie.

Die Themen des Buches wurden noch virulenter: Einsamkeit und Nachbarschaft, gute Quartiersarbeit, neue Wohn- und Lebensgemeinschaften, innerhalb und außerhalb der Kirchengemeinschaft und in der Diakonie. All dies hat Cornelia Coenen-Marx schon immer umgetrieben. Als junge Pfarrerin (übrigens die erste Frau im Kirchenkreis) bewohnte sie mit ihrem Mann ein großes altes Pfarrhaus in Mönchen-Gladbach und dachte schon damals: "Warum leben wir hier nicht in einer WG? Platz dafür ist da." 

Die "Neuentdeckung der Gemeinschaft" heißt ihr Buch, und als sie in der Pandemie zu ihren Themen recherchierte, stieß sie zunächst auf viel Positives. Fast euphorisch feierten viele Menschen Mitte 2020 die Wiederentdeckung ihrer eigenen Nachbarschaft. Heute wissen wir, dass gemeinsames Singen und Klatschen vom Balkon weder an der schlechten Bezahlung von Pflegekräften noch an der Veinsamung vieler Menschen wirklich etwas geändert hat.

  Für alle Menschen, die an neuen Wohnformen, neuen Ideen, auch für die Arbeit in und mit Kirche interessiert sind, ist es ein Fundus an Best Practice Beispielen. In Düsseldorf beispielsweise gibt es einen gemeinnützigen Verein mit dem Namen "Wohnschule": Bitte gerne auch bundesweit.

Das Buch erschien im Herbst letzten Jahres, seither hat sich schon wieder vieles geändert. Einiges sieht die Autorin noch kritischer als in der Phase des Schreibens. "Zuerst dachte ich wirklich, die Pandemie wirkt wie ein toller Schub für neue Ideen, auch für meine Kirche." Mittlerweile ist ein wenig Ernüchterung auch bei ihr eingekehrt: "Gerade in den Lockdowns haben so viele Menschen schrecklich unter der Isolation gelitten." Doch ihre positive Lebenshaltung will sie sich nicht absprechen lassen.

Zum Beispiel Lesungen. Reisen ging nicht, also blieb sie zu Hause, und lud die Menschen zu Online-Lesungen ein. Ein Gewinn. Statt Tisch, Stuhl und Wasserglas gab es Kacheln, Fotos und Musik und dazu Break-Out-Sessions: "Sicher, ich war nicht vor Ort", erzählt sie, "aber nah dran an meinen Zuhörer*innen." Sie konnte Fragen beantworten, Erfahrungen austauschen und das mit Menschen, die hunderte von Kilomentern entfernt lebten: "Nach einer Ankündigung auf meiner Facebookseite kamen neulich Interessierte  aus St. Gallen, Hamburg, Hannover und Frankfurt zu einer Lesung am Bodensee - ein Link und eine kurze Verabredung genügte." 

 

PS in eigener Sache: Die "Wohnlage" geht jetzt in eine kleine Pause - am Donnerstag, 17. März geht es hier weiter.

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Über diese Kolumne

Dorothea Heintze lebt in einer Baugemeinschaft in Hamburg und weiß aus eigener Erfahrung: Das eigene Wohnglück finden ist gar nicht so einfach. Dabei gibt es tolle, neue Modelle. Aber viele kennen die nicht. Und die Politik hinkt der Entwicklung sowieso hinterher. Über all das schreibt sie hier.

Dorothea Heintze
Eine Landkommune war der Jugendtraum von Dorothea Heintze, geworden ist es eine glückliche Kleinfamilie in der Großstadt. Aktuelle Weiterentwicklung: Eine Baugemeinschaft. Wie findet man das eigene Wohnglück? Wer und was hilft? Wieso gibt es so wenig kreative Ideen in der Politik. Und warum gibt es so wenig Gemeinwohl im Wohnungsbau? Über all das geht es in dieser Kolumne. Sie haben eigene Ideen? Fragen? Schreiben Sie der Autorin.

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