Literatur über Krankenpflege
privat/Hanna Lucassen
Über Geld reden
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
20.08.2020

Wir müssen nochmal über Geld reden… Als ich vor ein paar Wochen in einem Kommentar zum Pflegebonus schrieb, Altenpflegerinnen verdienten zu wenig, antwortete ein Leser:
„Bei allem Respekt vor den Leistungen der Pflegekraft: Ein Handwerker hat bei vergleichbarer Belastung auch kein höheres Einkommen, im Gegenteil! Viele Handwerker können von einem solch `hohen´ Einkommen nur träumen.“

Hm. Hat er Recht? Grundlegend muss man unterscheiden zwischen Alten- und Krankenpflege, bislang noch zwei verschiedene Ausbildungsberufe. (Das ändert sich gerade, aber dazu ein anderes mal mehr). Altenpflegekräfte verdienen im Schnitt knapp 2900 brutto für eine Vollzeitstelle. Krankenpflegekräfte verdienen mehr, durchschnittlich 3.415 Euro. Allerdings gibt es je nach Bundesland und  Arbeitgeber extreme Lohnunterschiede von bis zu 700 Euro.

Doppelt so viel wie ein Friseur

Im Vergleich mit Handwerksberufen ist dies tatsächlich nicht so wenig, habe ich beim Blick in den Entgeltatlas der Arbeitsagentur festgestellt. Demnach bekommt ein Glaser durchschnittlich 2728 brutto, ein Automechaniker 3077, ein Elektroinstallateur 3143 Euro. (Zählen Friseure eigentlich auch als Handwerker? Sie verdienen ganze 1684 Euro brutto, ist das zu glauben?)
Auch innerhalb der Gesundheitsbranche steht die Pflege nicht so schlecht da. Eine Krankenschwester verdient in etwa soviel wie eine medizintechnische Assistentin und ca. 900 Euro mehr als eine Physiotherapeutin.

Was soll ich also dem Leserbriefschreiber antworten? Ja, bestimmt verdienen manche Handwerker weniger als manche Pflegekräfte. Aber ich möchte nicht zwei Branchen gegeneinander aufrechnen, in denen die Leute trotz hoher Verantwortung, fachlicher Qualifikation und Arbeitsbelastung nur mittelmäßig verdienen. Fakt ist: Es gibt zu wenig Pflegekräfte - und das hat auch mit dem Geld zu tun, zumindest indirekt:

Biographische Weggabelung: das erste Kind

Pflegekräfte bleiben nicht lange im Beruf, durchschnittlich nur sieben bis acht Jahre. Es sind die Arbeitsbedingungen, die sie mürbe machen: Zeitnot, Unterbesetzung, das Gefühl, den Patienten nicht gerecht zu werden. Und so sind sie allzu empfänglich für die erste Gelegenheit, einmal rauszukommen: Wenn sich das erste Kind ankündigt.

Diese innere Bereitschaft trifft auf eine ganz pragmatische Entscheidung der werdenden Eltern: Wer mehr verdient, schafft weiter das Geld ran. Der oder die andere kümmert sich hauptsächlich um das Kind. So begründen die meisten Paare heute, warum die Frau zuhause bleibt. Denn diese trifft es in der Regel. Zudem fällt der Ausstieg aus der Pflege nicht so schwer, kann man doch sicher sein, immer wieder einsteigen zu können, stundenweise, in Teilzeit. Sehr familienfreundlich. Beim zweiten. Kind ist die Lohnschere zwischen beiden Elternteilen dann schon so deutlich, dass es gar keine Frage mehr ist, wie es weitergeht.

Würden Pflegekräfte mehr verdienen, zumindest mehr als ihre Partner, würden sie diese pragmatische Entscheidung eher zugunsten ihres Jobs fällen. Auch wenn dieser belastend ist. Sie würden weiter arbeiten gehen, in Vollzeit, und ihre Partner würden sich eine Zeitlang vorrangig um die Familie kümmern und ihnen den Rücken frei halten. Wie seltsam das klingt. Wie selten das ist. Auch, weil das Gehalt nicht wirklich hoch ist.

     

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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