Susanne Breit-Keßler Carpaccio
Susanne Breit-Keßler Carpaccio
Susanne Breit-Keßler
Lieber keine ganze Keule!
Wer ab und zu Fleisch isst, sollte sich auf kleine, feine Stücke beschränken - um der eigenen Sicherheit willen
30.09.2020

Bei uns zu Hause gab es schon früher eher wenig Fleisch. Das ist heute nicht anders. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich vegetarisch zu ernähren, dass es eine Lust ist. Trotzdem will ich nicht gesetzlich werden. Zumal ich mit einem Fleisch essenden Mann verheiratet bin. Aber ganz abgesehen von dem Liebsten, den ich nicht umerziehen will (und kann), mag ich es nicht, den anderen mit der moralischen Keule der eigenen Ernährungsideologie eins drüber zu ziehen.

Das erinnert mich daran, dass Fleisch eine Mordwaffe sein kann. In der grandiosen Geschichte „Lammkeule“ von Roald Dahl eröffnet Patrick, der Polizist, seiner schwangeren Frau Mary, dass er sie verlassen wird. Wie paralysiert geht sie in den Keller und zieht eine Lammkeule aus Tiefkühltruhe. Wieder im Wohnzimmer, lässt Mary die Lammkeule mit aller Wucht auf seinen Hinterkopf krachen. Mit dem Verlassen wird das nichts mehr.

Besser Carpaccio als Keule

Mary schiebt die Lammkeule zum Braten in den Ofen und besorgt beim Kaufmann Kartoffeln und Erbsen, dazu Käsekuchen für den Nachtisch. Daheim angekommen ruft Mary die Polizei. Schließlich hat sie eben Patrick erschlagen aufgefunden. Das ganze Haus wird vergeblich nach der Tatwaffe durchsucht. Nichts. Mary lädt schließlich die Polizisten zum Essen ein. Sie lassen sich die Lammkeule schmecken und grübeln über den Verbleib des Mordwerkzeugs. Einer sagt: „Wahrscheinlich genau vor unserer Nase, was?“

Nein, Lammkeule gibt es bei uns nicht. Auch keine Tiefkühltruhe. Nur zwei Gefrierfächer. Darin kann man Rinderfilet für Carpaccio kurz anfrieren und  leichter in hauchdünne Scheiben schneiden. Diese Technik wird von manchen Profis abgelehnt. Das Fleisch würde verwässern. Mir ist das noch nicht passiert. Ich tu‘ mir so einfach leichter. Anrichten mit Olivenöl, Zitronensaft, Gewürzen, Parmesanspänen, Pinienkernen, getrockneten Tomaten, etwas grünem Pesto und Feldsalat ... . Da werde selbst ich mal schwach.

Wer dieser Verlockung locker widerstehen kann, der möge sein Carpaccio aus Roter Bete, Kohlrabi, Steinpilzen, Tomaten oder Süßkartoffeln machen. Das schmeckt je nach Variation umwerfend. Oder man wählt die süße Variante mit Äpfeln, Mandeln und Honig, vielleicht Birnen mit Verbenenjoghurt, frischen Feigen und Fetakäse oder hauchdünnen Ananasscheiben mit Rum, Kokosspänen und Macadamianüssen. Dafür braucht man nicht einmal Gefrierfächer. Und  es schmeckt mörderisch gut.

Vom Blog zum Buch:
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