Susanne Breit-Keßler Olivenoel
Susanne Breit-Keßler
Öl auf die Wogen gießen
08.07.2020

Ich gebe zu, dass ich in Versuchung geraten bin. Exklusives Olivenöl in der Sammlerflasche? Die Oliven mit der Hand geerntet und kalt in der antiken Steinmühle gepresst. Die Krüge allesamt ebenfalls von Hand hergestellt. Jeder ein Unikat, einzeln geformt und bemalt. Uralte Töpferkunst Apuliens modern interpretiert. Boahhh - so etwas reizt mich! Nur der Preis für einen Viertelliter Olivenöl lässt mich deutlich zögern.

Aber: Die Produktionskosten für einen Liter hochwertigen Olivenöles betragen mindestens sechs Euro, bei Hügellagen, in denen viel Handarbeit erforderlich ist, steigen die Kosten auf fast zwanzig Euro. Wer glaubt, dass er im Supermarkt für weniger als drei oder vier Euro gutes Olivenöl bekommt, der träumt. Und kauft normalerweise Fusel. Sorgt mit für Armut, Ausbeutung und ökologische Katastrophen.

Billig kostet

Bauern, die ihr Öl nämlich nicht zu einem angemessenen Preis selbst vermarkten können, bekommen von Großhändlern nur wenig Geld für einen Liter grünes Gold. Gleich, ob es aus feinen Oliven gepresst oder aus überreifen, angefaulten und zusammengekehrten Früchten hergestellt wird. Weshalb sich also Mühe machen? Schwarzarbeiter werden angestellt und ausgenutzt, immer mehr Olivenbauern geben schließlich auf.

Haine verwildern, Brände vernichten die alten Olivenbäume und hinterlassen Landschaften, die Erdrutschen und Stürmen ausgesetzt sind. Superbilliges Olivenöl ist ein schädlicher Fake. Schade drum. Denn schon in der Bibel wird berichtet, dass Oliven sorgsam gepresst und zerquetscht werden, das Öl gesammelt und nach Qualität unterschieden wird. Man verwendete es im Haushalt, als Medizin und Kosmetik und für Salbungen.

Öl macht schön

Öl ist Symbol für Freude und Festlichkeit. In einem Psalm heißt es: ... „dass der Wein erfreue des Menschen Herz und sein Antlitz schön werde vom Öl und das Brot des Menschen Herz stärke“ (Psalm 104,15). Die Kalorien sind nebensächlich, weil Olivenöl überaus gesund ist. Es ist entzündungshemmend, beugt Krebs vor und schont das Herz. Wenn man andere Kalorien damit ersetzt, sorgt es sogar für „bella figura“!

In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Verbrauch pro Jahr bei unter einem halben Liter Olivenöl. Italiener und Spanier nehmen über zehn Liter zu sich, Griechen fast 15. Ich scheine mediterrane Züge zu haben. Vielleicht auch deswegen, weil Öl die Wogen glätten kann. Es ist leichter als Wasser und hat größere Konsistenz. Bestens geeignet für Konflikte. Vielleicht sollte ich mir das apulische Öl zu einem besonderen Festtag wünschen. Klasse statt Masse.

Vom Blog zum Buch:
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