Tahora Husaini Diaspora KOnferenz in Berlin
Thomas Ecke/Berlin
Hilfe für Afghanistan? Doch welche?
Die Bemühungen zur Unterstützung der Zivilgesellschaft in Afghanistan sind groß. Doch können wir aus Deutschland überhaupt etwas bewegen?
Tahora HusainiPrivat
12.07.2022

Ende Juni war ich zur Konferenz „Afghanische Diaspora in Deutschland: Zusammenarbeit für die Unterstützung der Zivilgesellschaft in Afghanistan“ im Auswärtigen Amt eingeladen. Ich hatte große Erwartungen. Als ich in der Empfangshalle ankam, traf ich direkt auf eine Gruppe von Afghanen. Darunter waren viele junge Frauen, die in Afghanistan in den verschiedensten Bereichen gearbeitet hatten und erst kürzlich mit der Hilfe von deutschen Institutionen nach Deutschland evakuiert wurden. Einige Gesichter kamen mir bekannt vor – sie waren aktiv auf Social-Media-Kanälen, um über die Verletzung von Frauenrechten und ihre vergeudeten Bemühungen der letzten Jahre zu berichten.

Ich war sehr erfreut, so viele junge Frauen aus Afghanistan zu treffen. Manche von ihnen haben es geschafft, ein Stipendium für das Studium an einer Universität zu bekommen. Andere haben große Schwierigkeiten, die deutsche Sprache zu lernen. Doch alle von ihnen waren mit Herz und Kopf nach wie vor in Afghanistan. Ein gemeinsames Schicksal, das uns an diesem Tag alle zusammenbrachte. Ein Schicksal, das Aisha Khurram, die 2019 afghanische Jugenddelegierte bei der UNO war, auf der Rednerbühne besonders gut zum Ausdruck brachte.

Außenministerin Baerbock betonte in ihrer Rede die langjährigen Beziehungen zu Afghanistan, welche bereits seit dem späten 19. Jahrhundert bestehen. Es war mir neu, dass die afghanische Diaspora mit über 300.000 Menschen eine der größten in Deutschland ist. Erneut musste ich mich fragen, weshalb evakuierte Afghanen dennoch als Geflüchtete zweiter Klasse behandelt werden.

Deutschland und Afghanistan verbindet eine lange Geschichte - mit Verantwortung

Während der Pause diskutierte ich mich mit einer der Teilnehmerinnen, die bis zuletzt als Frauenrechtlerin in Afghanistan tätig war, wie wir einen sinnvollen Beitrag leisten können. Eine deutsche Frau mittleren Alters setzte sich mit einer Tasse Tee zu uns und erzählte, dass sie schon oft in Afghanistan gewesen sei und liebend gern erneut hinreisen würde. Bereits bei ihrem ersten Besuch verliebte sich in dieses Land. Solche Aussagen höre ich oft von Nicht-Afghanen, die das Land bereits einmal besucht haben. Der Boden dort hat etwas Magisches – hat man ihn einmal betreten, bleibt ein Teil der Seele auf ewig dort zurück.

Ich fragte sie, ob diese Veranstaltung nur eine Show sei, zur bloßen Vermittlung eines guten Eindrucks. Sie kam etwas näher und erzählte mir, wie beeindruckt sie war von den vielen Dokumenten über deutsch-afghanische Beziehungen, die sie in den Archiven des Auswärtigen Amtes gefunden hatte. „Sei dir im Klaren, dass Afghanistan nicht plötzlich vom Himmel gefallen ist und diese Beziehungen schon seit vielen Jahren bestehen. Amanullah Khan war einer der ersten Könige überhaupt, der zu Besuch nach Deutschland kam. Wir tragen eine große Verantwortung für dieses Land. Ihr könnt das als politisches Druckmittel nutzen.“

Während des Workshops fiel allen eine Frage besonders schwer zu beantworten: Wie können wir die Zivilgesellschaft in Afghanistan unterstützen? Wir versuchten logische Antworten zu finden, fanden uns aber immer wieder in einer Sackgasse. Schließlich erhob ein kritischer Journalist seine Stimme: „Welche Zivilgesellschaft denn? Diese Frage ist voller Widersprüche. Die Mentalität der Taliban und ihre willkürlichen Gesetze machen eine funktionierende Zivilgesellschaft, die auf Basis der Demokratie institutionalisiert ist, um die Handlungen der Regierung zu überwachen und den Stimmlosen eine Stimme zu geben, unmöglich. Die derzeitigen Machtinhaber machen die Bevölkerung mundtot, inhaftieren und foltern Aktivisten. Niemand traut sich noch etwas zu sagen.“

Was sollten die Friedensverhandlungen mit den Taliban?

Ich sah mir ihre Gesichter an. Enttäuschung und Verzweiflung machten sich breit. Ihre Worte waren voller Zorn. Was sollten die Friedensverhandlungen mit den Taliban? Die zivile Bevölkerung hatte keinerlei Mitspracherecht an den Verhandlungstischen, obwohl förmlich darum gebettelt wurde. Jetzt ist es zu spät. Es ist unmöglich, vernünftig mit den Taliban zu diskutieren.

Es gab großen Redebedarf. Viele von ihnen waren Aktivisten, die jahrelang hart für ein gutes Leben arbeiteten und sich ihre Anerkennung in der Gesellschaft mühsam erkämpft hatten. Jetzt müssen sie sich, neben all dem Trauma und der Depression, mit der komplizierten Bürokratie in Deutschland rumplagen und versuchen sich in eine völlig andersartige Gesellschaft zu integrieren, während ihre Verwandten und Freunde weiter in der Heimat leiden.

Ich schaute mich ein weiteres Mal um und stellte fest, dass ich sich keiner der Vertreter des Ministeriums wirklich am Dialog beteiligte, als ob es uns Afghanen allein obliege, Lösungen zur Unterstützung der Zivilgesellschaft in Afghanistan zu finden. Sie saßen abseits mir ihren Kopfhörern und lauschten unbeteiligt der Übersetzung. Einer der Vertreter schloss sogar seine Augen, als würde er ein Nickerchen halten, während Afghanen ihr Leid zum Ausdruck brachten.

Mädchen müssen wieder zur Schule gehen können

Dann fragte eine Teilnehmerin in lauter Stimme: „Wollen Sie überhaupt wirklich den Menschen und vor allem Frauen in Afghanistan helfen? Es scheint paradox. Wenn es Deutschland Ernst meint, dann sollte alles dafür getan werden, Druck auf die Taliban-Regierung auszuüben, sodass Mädchen wieder zur Schule gehen und Frauen zur Arbeit gehen können.“ Alle nickten zustimmend und bestätigten ihr fehlendes Vertrauen, dass der Westen wirklich in Afghanistan helfen möchte.

Als ich von der Konferenz nach Hause kam, blieb eine Frage weiter unbeantwortet. Wie können wir die Taliban umgehen und in Afghanistan echte Hilfe leisten? Selbst die faire Verteilung der gelieferten Hilfsgüter stellt aktuell ein Problem dar. Ich hoffe, diese Konferenz war ein wichtiger Schritt nach vorn und landet nicht nur im Archiv mit einem netten Gruppenfoto.

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Husaini: "Wenn es Deutschland Ernst meint, dann sollte alles dafür getan werden, Druck auf die Taliban-Regierung auszuüben, sodass Mädchen wieder zur Schule gehen und Frauen zur Arbeit gehen können."

Nein, der Druck muss zuerst auf die deutsche Gesellschaft gemacht werden. Druck/Kommunikation für ein globales Gemeinschaftseigentum OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik, für ein Zusammenleben OHNE Regierungen, für die UNKORRUMPIERBARE Organisation von wirklich-wahrhaftiger Demokratie auf Basis eines UNKORRUMPIERBAREN Menschenrechts, für Vernunft und Verantwortungsbewusstsein wie es der richtigen Interpretation der Bibeltexte entspricht, denn die Säulen der westlichen "Wertegemeinschaft" sind mit christlicher Philosophie gefüllt, einem Christentum das auch endlich zur zweifelsfrei-eindeutigen Wahrheit und somit zur gottgefälligen Überwindung des SCHEINBAR unabänderlichen Schicksals der Vorsehung kommunikativ gezwungen werden muss.
Die Taliban werden sich einer Welt im Wandel zu wirklicher Wahrhaftigkeit sicher nicht verweigern können!

Ein globales Zusammenleben OHNE die heuchlerisch-verlogene / OHNE die kolonialistisch-globalisierende Symptomatik von/zu "Wer soll das bezahlen?" ist absolut machbar!!!

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