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Unsere toten Schwestern und Brüder in der Ferne
In Deutschland wird die Debatte um die Pandemie immer provinzieller. Die Opfer im globalen Süden werden kaum oder gar nicht zur Kenntnis genommen. Höchstens, wenn von dort eine neue Variante des Virus zu uns kommt, wenden wir den Blick dorthin. Aber auch dann geht es nur um uns selbst.
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
11.12.2021

Da ist es gut, wenn man nicht nur Bürger eines reichen Landes, sondern zugleich Mitglied einer Kirche ist, die auch in anderen Weltregionen lebt. Das gilt für meine evangelische Kirche, obwohl sie nicht in dem Maße „Weltkirche“ ist wie die katholische. Aber auf seine Weise ist der Lutherische Weltbund das auch.

So höre ich von Kolleginnen und Kollegen, die für den LWB arbeiten oder das Evangelische Missionswerk, wie sehr sie um Schwestern und Brüder in der Ferne trauern, die an der Krankheit gestorben sind: ein Bischof in Madagaskar, ein Leitender Bischof in Südafrika, der Leiter einer theologischen Ausbildungsstätte in Indien, ein Theologe aus Kamerun, auch Pfarrerinnen und Pfarrer sollen gestorben sein. Man rechne einmal hoch, wie es in den Gemeinden und der diakonischen Arbeit aussieht! Extrem betroffen, so schrieb mir ein Kollege, seien die theologischen Ausbildungsinstitute, die für die Zukunft unserer Partnerkirchen so wichtig sind. Zum einen sind Studierende und Unterrichtende an Covid19 gestorben (zum Beispiel in Indien). Zum anderen haben viele Studierende ihre Arbeit verloren haben und mussten das Studium unterbrechen oder abbrechen. Und schließlich sind vielen Seminare alle Einnahmen weggebrochen.

Statistische Erhebungen über Todesfälle gibt es nicht. Wie auch? Aber es wird immer deutlicher, dass die Kirchen im globalen Süden hart von der Pandemie getroffen werden. Impfdosen sind nicht erhältlich, angemessene Medizin auch nicht. Zudem müssen die dortigen Bischöfe viel reisen, um ihre Gemeinden zu erreichen. Das erhöht ihr Risiko. Zudem gibt es viel Unwissenheit und Falschpropaganda.

Zur Wahrheit aber gehört auch, dass viele Regionen im globalen Süden ganz andere Sorgen haben als ausgerechnet dieses Virus. Man denke nur an den Bürgerkrieg in Äthiopien, den Staatszusammenbruch in Venezuela oder an all die anderen totbringenden Krankheiten oder gar an den Klimawandel. Andererseits, das ist ebenfalls wichtig, hat die Pandemie offensichtlich nicht die Auswirkungen in den großen Flüchtlingslagern gehabt wie befürchtet.

Und wir streiten hier unablässig über vergleichsweise geringe Einschränkungen...

Wer den Einsatz des LWB gegen die Folgen der Pandemie im globalen Süden unterstützen möchte, klicke hier.

P.S.: Weihnachten ist Kunst – ein Gespräch mit der Berliner Künstlerin Christina Doll über ihre Projekte „Krippenspiel“ und „Engel und Bergmann“ jetzt in meinem Podcast „Draußen mit Claussen“.

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