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Gedichte mit und ohne Gott
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
04.08.2017

Der „Kulturbeutel“ schließt für wenige Wochen seine Tore – besser gesagt: Ihm wird der Reißverschluss zugezogen, dann wird er in den Koffer gepackt und in eine weniger verregnete Weltgegend verbracht. Dort wird er wieder aufgemacht – mal sehen, was dort in ihn hineingepackt wird.

Um diese Zwischenzeit zu überbrücken, gibt es hier zwei kurze Texte, bei denen man sich aber lange aufhalten kann. Man kann sie wieder und wieder lesen. Das widerspricht zwar dem Geist des Blogs, der flüssiger geschrieben und schneller gelesen werden will – und deshalb auch flink vergessen wird. Aber der „Kulturbeutel“ will natürlich nicht wie alle andere sein und sich markant von Twitter abheben.

Die beiden Texte stammen aus dem frisch erschienenen Band „Psalmen“ von Uwe Kolbe (S. Fischer Verlag). Dies ist ein Dichter, der seit vielen Jahren seinen ganz eigenen poetischen Fährten folgt - für dieses Buch hat er sich von alten Psalmen inspirierenlassen und neue Texte dazu geschrieben.

Obwohl alles andere als ein kirchlicher Autor, hat ihn eine diese Lese- und Schreibfährten zu den Psalmen des Alten Testaments geführt. Über einen längeren Zeitraum sind so zeitgenössische „Ketzer-Psalmen“ geschrieben – „Psalmen eines Heiden, der Gott verpasste“ und doch nicht anders kann, als zu ihm zu singen. Am liebsten würde ich hier alle vorstellen, aber es sollen nur zwei sein. Der erste führt gleich hinein in Erfahrungen des Fernen, Offenen und Weiten, wie sie sich mancher für seine Ferien erhofft – und weit darüber hinaus. Den zweiten könnte man jeden Morgen lesen, in der Fremde oder zu Hause.

Die Gnaden

Den Hoffenden führst du
unter den offenen Himmel,

den Sehnenden stellst du
vor die Weite der See,

und dem, der verloren war,
gibst du dein Wort.

 

Dein Morgen

Wo fange ich an,
wohin mit den Augen,

den Blick aufzuheben
zu deinem Morgen

zu nehmen den Weg,
wo führt er mich hin,
hinaus aus der Irre?

Noch singe ich nicht,
ein Stammler der Liebe,

ich bitte dich, lasse

mich sehen den Weg
und singen dein Lied.

Wer mehr über Uwe Kolbe und sein Schreiben erfahren will, kann hier ein schönes Interview mit ihm auf der Seite der Kulturkirchen lesen

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