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Die Bibel als Buch der Flucht
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
31.08.2018

In diesen Tagen erscheint ein neues Buch von mir: „Das Buch der Flucht. Die Bibel in 40 Stationen“. Darin versuche ich die Bibel als ein Menschheitsbuch vorzustellen, in dem es von Anfang bis Ende um Vertreibung, Flucht, Exil, Migration, Rückkehr, Heimatverlust und Heimatsuche geht. Konkrete Handlungsanweisungen für unseren Umgang mit den globalen Wanderungsbewegungen heute entwickele ich dabei nicht. Aber ich versuche zu einer existentiellen Auseinandersetzung mit den biblischen Geschichten, Liedern, Gebeten, Deutungen und Weisungen anzuregen, die dann hoffentlich einen interessierten und empathischen Blick auf die Menschen eröffnet, die heute auf der Flucht sind, vertrieben werden, eine neue Heimat suchen.

Ich habe beim Schreiben dieses Buches viel gelernt. Ich hatte gedacht, recht gute Bibelkenntnisse zu besitzen. Doch in dieser Perspektive habe ich vieles neu und anderes gesehen. Uralte, unbekannte Verse sprachen plötzlich zu mir. Zum Beispiel dieser: „Dies ist die Last für Arabien: In der Wüste, im Gestrüpp der Wüste müsst ihr übernachten. Den Durstigen bringt Wasser, bietet Brot den Flüchtigen. Denn sie fliehen vor dem Schwert, vor dem gezückten Schwert, vor dem gespannten Bogen, vor der Gewalt des Kampfes.“ (Jesaja 21,13-15)

Und bei den Schlussarbeiten habe ich eine Erfahrung gemacht, die mich zunächst gestört, dann aber gefreut hat. Die Zeit wurde knapp, das Manuskript musste fertig werden, andere Berufsaufgaben konnten ebenfalls nicht warten. Also wollte ich schneller schreiben. Doch das ging nicht. Selbst wenn ich an den biblischen Texten gar nicht viel veränderte – sie zu lesen, auszuwählen, mit ihnen zu arbeiten, das dauerte immer die gleiche, lange Zeit. Die Bibel zwang mir ihr Tempo auf und nicht umgekehrt, so erschien es mir. Es hat gedauert, aber dann habe ich es – trotz aller Mühe und Eile – auch genossen.

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