Dalai Lama und Franz Alt
Manuel Bauer
Dalai Lama in Darmstadt: Eine gewaltfreie Welt ist möglich
21.09.2018

Gibt es eine pazifistische Gegenmacht zu den Trumps, Putins, Kims und Erdogans unserer Zeit? In diesen Tagen war das Gegenmodell beim „Friedensgipfel in Darmstadt“ zu erleben. Der Dalai Lama und zwei weitere Friedensnobelpreisträger, Lech Walesa aus Polen sowie Rebecca Johnson von der Organisation ICAN für eine atomwaffenfrei Welt, diskutierten über die Chancen für eine gewaltfreie Welt.

Der Dalai Lama versuchte es mit zwei positiven Beispielen

Die Europäische Union und Indien zeigen seit Jahrzehnten, dass – „bis auf wenige Ausnahmen“  - eine gewaltfreie Politik möglich sei. Noch nie habe ein EU-Land gegen ein anderes EU-Land einen Krieg geführt. Dafür habe die Europäische Union zurecht den Friedensnobelpreis verdient. Denn zuvor hätten dieselben Völker und Nationen Jahrhunderte lang Kriege geführt – mit 70 Millionen Toten allein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In Indien leben Sunniten und Schiiten seit langem friedlich zusammen, während sie sich anderswo gegenseitig umbringen.

Der Dalai Lama: „Auch Indien, wo ich seit bald 60 Jahren im Exil lebe, ist eine friedliche Union mit vielen Völkern und Nationen.“ Der Mensch, so das geistliche Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, sei von Natur aus ein mitfühlendes Wesen. „Mitgefühl verbindet alle Menschen, Religion trennt leider“, sagte der Religionsführer. Deshalb sei Ethik wichtiger als Religion. Der Mensch habe eine mitfühlende Grundnatur.

„Deshalb werbe ich für eine säkulare Ethik jenseits aller Religionen, die auch Atheisten und Agnostiker anspricht. Mein Traum ist, dass die ganze Welt eine Union wird, eine Menschheits-Familie. Wir müssen lernen, unsere Gefühle zu kontrollieren – zum Beispiel durch Meditation." Er selbst meditiert jede Nacht vier Stunden.

 Wir sind eine Menscheit auf einer Erde

Nur so könne der alte Gegensatz „Wir“ und „Die Anderen“ überwunden werden. Spätestens jetzt im Atomzeitalter und im Zeitalter des Klimawandels sei die Überwindung dieses Gegensatzes Voraussetzung für unser Überleben als Spezies. Diese klassischen Gegensätze hätten im 20. Jahrhundert zu den großen Kriegen geführt. „Aber alle Menschen sind Brüder und Schwestern. Wir sind eine Menscheit auf einer Erde.“

Nicht Jesus oder Buddha oder Mohamed könnten unsere Probleme lösen. Das müssen wir schon selber tun. Und ausdrücklich ermahnte er seine buddhistischen Mitbrüder und Mönche in Burma, ihre Gewaltaktionen gegen die dortige muslimische Minderheit der Rohingyas einzustellen: „Buddha wäre in diesem Konflikt auf der Seite der Muslime“.

 Lech Walesa: "Gewaltfreiheit durch Humor"

Lech Walesa meinte, dass es wichtig sei, den gewaltlosen Kampf auch mit Humor zu führen: „Ende der Achtziger trauten sich die Kommunisten in Polen nicht mehr, sich Kommunisten zu nennen. Damit hatten wir gewonnen – doch die Gewaltfreiheit war die Basis unseres Sieges.“

Rebecca Johnson sagte: „Wir sind schon viele“

"Die Mehrheit der Menschen sei ganz eindeutig gegen Krieg und Massenvernichtungswaffen. Deshalb werden wir langfristig gewinnen. Die Welt wird atomwaffenfrei, wenn wir es wirklich wollen.“ Mich erinnert diese optimistische These an den großen Physiker und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker, der mich mal in einer „Report“-Sendung so aufklärte: „Wenn Sie mit Ihrem gewaltfreien Verhalten in einem Jahr nur einen Menschen überzeugen und anstecken, dann sind es nach einem Jahr schon zwei. Wenn diese zwei dann im nächsten Jahre jeweils wieder einen anstecken, dann sind es nach zwei Jahren schon vier, nach drei Jahren acht, nach vier Jahren 16, nach zehn Jahren 1.000, nach 20 Jahren eine Million und nach 30 Jahren eine Milliarde. Und das reicht für eine bessere gewaltfrei Welt.“

Wer es nicht glaubt soll nachrechnen. Eine gewaltfreie Welt ist eigentlich ganz einfach zu erreichen. Wir müssen nur daran arbeiten. Das ist die Botschaft aller drei Friedensnobelpreisträger in Darmstadt.

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