Kann man gleich zwei Vereinen die Treue halten, ohne untreu zu sein? Man kann, findet Felix Ehring und erklärt das auch gern allen Vereins-Monogamisten.
Felix EhringLena Uphoff
01.11.2011


„Zwei Seelen wohnen, ach! In meiner Brust.“ Was Doktor Faust fertig machte (und ich rede hier nicht von einem Klitschko-Bruder), ist für mich kein Problem: Ich halte zwei Vereinen die Treue. Treu sein gegenüber zwei Partnern, wie kann das funktionieren? Um es mit einer Floskel aus der Welt der Paartherapie zu sagen: Beide Beziehungen sind mit den Jahren gewachsen und haben sich gefestigt.

Weshalb man eine Mannschaft gut findet, sich einen hässlichen Schal in den Vereinsfarben umbindet und bereit ist, monatelang am Wochenende von sportlichen Tiefflügen gepeinigt zu werden – das kann doch eh niemand erklären. Vielleicht wird man vom Vater mit ins Stadion geschleppt, vielleicht ist man regional bedingt vorbelastet. Mein Lieblingsverein kommt aus einer Stadt, die, aus der Provinz betrachtet, eine Verheißung war: nur aus dem TV bekannt, weit weg und schillernd und irgendwie hypnotisch – wie das Vereinslogo. Und dabei blieb ich dann.

Eine Mannschaft wie die eigene Pubertät

Es gab aber noch einen zweiten Verein, den ich mochte, sobald ich ihn in der dritten Liga wahrnahm. Das war eine Rumpeltruppe aus der Nachbarschaft, die in einem viel zu großen und halbleeren Stadion die Aufstiegsrunde gegen andere Rumpeltruppen verpatzte. Einmal sogar, weil auswärts der Strom ausfiel und das Stadion auf einmal dunkel war. Diese Mannschaft spielte übel und man spielte ihnen übel mit. Die Parallelen zu meiner Pubertät waren unübersehbar, die Sympathie wuchs.

Fünfzehn Jahre später hat sich die Regionalliga-Truppe von einst in die Bel Etage gekämpft und steht gut da. Natürlich sind die Spieler überbezahlt wie in allen anderen Clubs, aber sie sind (im Moment) glaubwürdig als ehrliche Kämpfer, die noch wissen, wie es ist, gegen Preußen Münster oder Werder Bremen II anzutreten. Sie wissen deshalb auch, dass man ab und zu grätschen muss und durch den Dreck rutschen, um nicht unterzugehen. Das kennt man doch aus dem eigenen Leben. Für diese Bodenhaftung habe ich viel Respekt.

Einer wird gewinnen

Mein anderer Verein sucht seit Jahren nach seiner Form und Seele. Entfremdet von sich selbst, hat er keinen Spieler oder Trainer, der den Laden wirklich zusammenhält. Aber es ist eben mein Verein. Den gebe ich nicht auf. Der Verein geht durch ein Tief, da muss man gerade zu ihm halten.

Vereins-Monogame werden sagen: Man kann doch seine Leidenschaft nicht aufteilen! Aber es funktioniert bestens. Und wenn der eine Verein mal wieder verliert, kann vielleicht der andere die Laune aufhellen. Ganz übel ist es nur, wenn beide Mannschaften vergeigen. Dann fühlt man sich wirklich betrogen. Am vergangenen Wochenende trafen meine zwei Lieblingsmannschaften aufeinander. Sie trennten sich unentschieden, ein ideales Ergebnis. Und hätte ein Team verloren, hätte ich immer noch drei Punkte gewonnen.

Nils Husmann sieht die Sache ganz anders. In der kommenden Woche wird er erklären, weshalb pro Fan nur ein Verein vorgesehen.

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