Felix EhringLena Uphoff
20.09.2011

Laufleistung: 11,5 Kilometer, Höchstgeschwindigkeit: gut 27 Km/h, erfolgreiche Pässe in Prozent: 85 Prozent. Was sich anhört wie die Vergleichswerte aus einem Quartett, ist ein Auszug aus der Leistungsstatistik Bastian Schweinsteigers am vergangenen Samstag gegen Bayer Leverkusen. Ab dieser Saison werden die Spieler der Bundesliga auf Schritt und Tritt verfolgt – und das nicht mehr nur von ihren Gegenspielern und den Rufen der Fans. Die Münchner Firma Impire hat das sogenannte Tracking in der ersten und zweiten Liga eingeführt.

Die Ergebnisse sind zum Beispiel bei Spiegel Online abzurufen. Im „Liveticker“ genügt es, eine gelaufene Partie anzuklicken und dort einen Spieler auszuwählen. Da kann man dann fröhlich vergleichen und sich zusammenreimen, weshalb die Lieblingsmannschaft verloren hat. Versemmelt ein Spieler eine Flanke in Richtung Tribüne, ist es hinterher zu lesen. Jeder Fehlpass, jede Abseitsstellung ist zu sehen.

Ein Arbeitnehmer würde sich das nicht gefallen lassen

Zahlen lügen nicht, sagen manche. Was der Laie natürlich nicht weiß: Welchen Auftrag hatte der Spieler? Hat ihm der Trainer gesagt, dass er es mit riskanten Pässen durch die Mitte versuchen soll? Das verschlechtert die Passstatistik. Oder hatte der Spieler den Auftrag, einen quirligen Gegenspieler ruhigzustellen? Dann sind einige Fouls und wenige Aktionen nach vorn zu erwarten. Das alles findet sich am Ende in den nackten Zahlen wieder. Kritisiert wird Tracking von manchen Managern und Funktionären. Vertreter der DFL, Vereinsmanager und die Firma Impire haben sich laut Deutschlandfunk vor gut einer Woche getroffen und besprochen, ob es etwas zu ändern gibt. Bisher sind keine Ergebnisse der Gespräche bekannt geworden.

Und die Spieler? Auf sie steigt der Druck und sie müssen sich das offensichtlich gefallen lassen. Wenn ein normaler Arbeitnehmer im Büro vom Chef gesagt kriegt: Sie waren heute nur sechs Stunden am Schreibtisch, haben acht überflüssige Gespräche mit Kollegen geführt und ihren Stapel noch nicht abgearbeitet, dann würde man sich wohl wegen Überwachung beim Betriebsrat beschweren. Die Fußballprofis sind dem erstmal ausgesetzt. Und es gibt natürlich neben der Firma auch andere Profiteure: Spielerscouts zum Beispiel, die sich über die Datenflut freuen und davon ausgehen, dass das Niveau in der Liga dadurch steigt. Da heiligt der Zweck offensichtlich jedes Mittel.

Wie naiv sind die Befürworter?

Andreas Rettig, der Manager des FC Augsburg findet grundsätzlich „nichts Verwerfliches“ an der Datenerhebung. Den Fan freue das doch, meint er. Dann fügt er kritisch an: „Ich glaube, dass wir alle ein wenig unterschätzt haben, was daraus werden kann.“ Spricht er da für mehrere seiner Zunft? Das wäre verblüffend. Kann es wirklich sein, dass eine Reihe betriebswirtschaftlich geschulter Manager und Funktionäre, die das Haifischbecken Bundesliga genauestens kennt, die Folgen solch einer Datensammelei nicht bedacht hat? Eigentlich ist das kaum denkbar.

Nur Papiss Demba Cissé muss sich kaum Sorgen machen. Der Freiburger Spieler bleibt trotz Niederlagen die Überlebensversicherung des Vereins. Er trifft in jedem Spiel, kaum hat er den Ball, schon ist der im Tor. Selbst wenn Cissé nur 1,5 Kilometer pro Spiel abspulen würde, würde er die gegnerische Abwehr noch überlisten. Der Mann muss sich über Statistiken vorerst keine Sorgen machen.

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