Elias Hassos
Wie gut, dass es den freundlichen Nachbarn und seine Kinder gibt. Aber sie können einem schon schrecklich auf die Nerven gehen!
11.01.2013

So ein schöner Wintersonnentag – da setzt man sich doch mal für ein halbes Stündchen auf dem Balkon in die Sonne und schmökert in aller Ruhe ein bisschen im neuen Krimi. Falsch gedacht: Um 13 Uhr, direkt in der Mittagsruhe, starten die Nachbarskinder lautstark ihre Schneeballschlacht, angefeuert vom Vater. Die Frau von nebenan öffnet währenddessen in der gemeinschaftlichen Waschküche weit das Fenster und dreht die Heizung voll auf – alle Nachbarn zahlen mit. Der junge Mann aus dem Haus gegenüber parkt sein Auto so, dass man Mühe hat, in die eigene Garage hineinzukommen. Tägliche Millimeter­arbeit zerrt an den Nerven.

Was tun? Warten, bis einem der Kragen platzt und man ­keinen anderen Weg mehr sieht, als sich beim Vermieter oder beim Hausverwalter zu beschweren? Besser nicht. Herbeige­rufene Autoritäten lassen den Streit nur eskalieren. Die Beschuldigten fühlen sich vorgeführt. Und sind, je nach Charakter, durchaus in der Lage, ihre Störaktionen zu steigern: Hard Rock am Karfreitag, Schnee vor der Garage, Blockade der Wasch­küche . . . Dritte einschalten, das kann sowieso nicht der erste Schritt sein. Also: Riskier’ was, Mensch! Nimm die Sache selbst in die Hand. Schließlich will man selbst ja auch so behandelt werden, wenn man gestört hat, ohne es zu bemerken.

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Riskier was Mensch! Susanne Breit-Keßler zur Fastenaktion der Evangelischen Kirche 2013

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Manche Störungen mögen auch damit zu tun haben, dass Nachbarn auf sich aufmerksam machen möchten: „Schaut her, uns gibt es! Wir sind auch wichtig!“ Dann ist es erst recht sinnvoll, auf den Klingelknopf zu drücken. Auch wenn das Überwindung kostet. „Ihre Tochter hat eine wunderbare Singstimme“, könnte man als Erstes ehrlich sagen. Oder: „Drei Kinder – ich bewundere Sie, wie Sie das schaffen!“ Mit Empathie erzeugt man erst einmal eine Verständigungsbasis.

Im schlimmsten Fall zählt nur: Love it, change it or leave it!


Danach kommt man gut weiter ins Gespräch und kann von sich selbst sprechen. Etwa so: „Ich arbeite bis spätabends und brauche mittags eine Stunde Ruhe, um dafür fit zu sein.“ Oder: „Ich kann nicht so gut einparken, deshalb wäre ich froh, wenn Sie zwanzig Zentimeter weiter vorne halten würden.“ Oder man setzt sich im Haus zusammen, um gemeinsam zu überlegen, wie man an Nebenkosten sparen könnte.

Warum ist es wichtig, eigene Schwächen und Bedürfnisse in das Gespräch einfließen zu lassen? Weil andere vielleicht nur so erfahren, wie es einem geht, was ihre Lebensäußerungen bei einem auslösen. Und die, die eigentlich nerven, sollen auch von sich erzählen: dass die Wohnung eng ist und die Eltern froh sind um jede Minute, in der die Kinder draußen sind. Andere freuen sich womöglich, dass sie künftig selber Geld sparen, wenn sie umsichtiger mit Wärme umgehen. Autofahrer könnten gestehen, dass sie Sorge wegen des dicken Bollers haben, an den sie sich nicht näher herantrauen. Wer sich im direkten Austausch besser kennenlernt, kann sich dort leichter zurücknehmen, wo es dem anderen wirklich wichtig ist.

Es ist gut, wenn man sich zuerst die Mühe macht, die Störenfriede besser zu verstehen, bevor man mit seinen eigenen Beschwerden loslegt. Dann kann man sich geschickter erklären. Und wenn das Gegenüber trotz allem stur bleibt? Dann kann man immer noch mit Vermietern und Hausverwaltern reden. Schlimmstenfalls funktioniert bloß der weise Rest der alten ­Devise „Love it, change it or leave it“. Man muss sich an das Umfeld gewöhnen – oder man muss es verlassen.

 

Was unternehmen Sie, wenn Sie sich über Nachbarn ärgern? Schreiben Sie uns, diskutieren Sie mit!

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