Wolfgang HuberRolf Zöllner/epd-bild
15.11.2010

Neuerdings macht die kanadische Sekte der "Raelianer" auf sich aufmerksam. Ihren Namen hat sie einfach von ihrem Oberhaupt ­ Rael, mit bürgerlichem Namen Claude Vorilhon. Ihm ist 1973 ein "Außerirdischer" begegnet; seitdem ist er davon überzeugt, dass das Leben durch Wissen-schaftler von anderen Planeten auf die Erde gebracht wurde. Nun will er selbst Leben technisch hervorbringen: Er will Menschen klonen.

Man kann das Vorhaben für verrückt erklären. Aber es ist in den Bereich des technisch Machbaren gerückt. Und ist es bei einer atheistischen Religionsgemeinschaft, die sich einfach nach ihrem Guru benennt, nicht konsequent, diesen Guru klonen zu wollen, damit man ihn immer bei sich hat? Liegt darin nicht die logische Konsequenz aus dem Glauben des Menschen an sich selbst? Eine Haltung, in welcher der Mensch nur noch an sich selbst glaubt und nicht mehr an Gott, führt am Ende dazu, dass er sich selbst aufgibt und nur noch als Sache betrachtet ­ als einen Gegenstand, den man technisch reproduzieren kann.

Gerade angesichts der neuen Möglichkeiten von Wissenschaft und Technik gibt es in meinen Augen keine Alternative zu einer Haltung, die Gott allein die Ehre gibt und deshalb in jedem Mitmenschen nicht eine Sache sieht, sondern eine Person, ein Ebenbild Gottes.

Natürlich sind die Phantasien der Raelianer nicht charakteristisch für die Einstellung der meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an neuen biotechnologischen Möglichkeiten arbeiten. Aber Extreme zeigen besonders deutlich, was auf dem Spiel steht. Im Kern geht es um die Frage, ob der Mensch eine Sache ist oder eine Person, ob er als bloßes Mittel behandelt werden kann oder einen Selbstzweck bildet.

Die Forschung mit embryonalen Stammzellen und erst recht die Herstellung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken werden häufig mit dem Argument begründet, der menschliche Embryo sei in seinen Anfängen noch kein Mensch: In den ersten vierzehn Tagen könnten wir diesen "Zellklumpen" noch als bloße Sache betrachten. Weil bei natürlicher Befruchtung ein großer Teil der Embryonen ­ oft unbemerkt ­ vor der Einnistung abgeht, wird uns nahe gelegt, dass es sich bei frühen Embryonen nur um einen Rohstoff der Natur handelt, den man besser sinnvollen Zwecken zuführt ­ zum Beispiel der Forschung.

Für solche Versuche, den Beginn der menschlichen Würde zeitlich festzulegen, gibt es keine zwingenden Begründungen. Konsequent ist es nur, dem menschlichen Leben von Anfang an den Schutz angedeihen zu lassen, zu dem wir fähig sind. Ein künstlich erzeugter Embryo im Reagenzglas kann besser geschützt werden als ein Embryo im Mutterleib vor der Einnistung. Wissenschaftler, die einen Embryo künstlich herstellen, müssen ihn deshalb auch schützen, so gut sie können. Und wenn überhaupt, sollten sie Embryonen nur zu dem Zweck künstlich entstehen lassen, dass Menschen (und zwar nichtgeklonte) sich daraus entwickeln. Bei jedem weiteren Schritt aber sollten sie sich fragen, ob er den Visionen der Raelianer in die Hände arbeitet.

Dann wäre der Mensch endgültig eine Sache ­ nicht nur in den ersten vierzehn Tagen.

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