Was die Bundeswehr von einer allgemeinen Dienstpflicht hätte

Wer soll sich um die Neuen kümmern?
Pflichtdienst für alle jungen Leute eines Jahrgangs – das würde die Infrastruktur der Bundeswehr überfordern

picture alliance / SZ Photo / Catherina Hess

Pflichtdienst für alle jungen Leute eines Jahrgangs – das würde die Infrastruktur der Bundeswehr überfordern

Pflichtdienst für alle jungen Leute eines Jahrgangs – das würde die Infrastruktur der Bundeswehr überfordern

Die Bundeswehr könnte gar nicht so viele neue Rekruten aufnehmen, wie sie bräuchte. Daran ändert auch eine Dienstpflicht nichts, schreibt Autor Sebastian Drescher.

Die Bundeswehr soll wachsen, findet aber nicht genug Kandidaten, viele Stellen sind unbesetzt. Angesichts des Ukrainekriegs wird nun einmal mehr die Forderung nach einer allgemeinen Dienstpflicht laut. Junge Männer und Frauen sollen sich für ein Jahr gesellschaftlich engagieren, in der Altenpflege, bei der Feuerwehr, im Umweltschutz – oder eben in der Bundeswehr.

Sebastian Drescher

Sebastian Drescher ist Redakteur beim JS-Magazin, der evangelischen Zeitschrift für junge Soldaten, und chrismon.
PrivatSebastian Drescher

Das Problem: Der Bundeswehr fehlt zwölf Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht die Infrastruktur, um eine große Zahl Wehrdienstleistender zu mustern, unterzubringen, auszustatten und auszubilden. All das wieder aufzubauen, würde Material und Geld binden, das an anderer Stelle dringend benötigt wird. Der oberste Soldat, Generalinspekteur Eberhard Zorn, sieht nur Platz für wenige Tausend zusätzliche Rekruten. Es wäre unverhältnismäßig, dafür alle junge Leute eines Jahrgangs zum Pflichtdienst zu verdonnern und das Grundgesetz zu ändern. Zwang ist nur in Notlagen zu rechtfertigen.

Noch weniger überzeugend ist das Argument, ein Pflichtjahr würde den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Echtes soziales Engagement kann nur freiwillig sein. Aber es lässt sich fördern. Mit besserer Bezahlung beim Bundesfreiwilligendienst zum Beispiel. Und indem man sicherstellt, dass sich Menschen ein Ehrenamt "leisten" können – egal ob jung oder alt. Eine Dienstpflicht wäre da sogar hinderlich.

Die neuen Zivis müssten Lücken im sozialen Sektor schließen, statt dass dort endlich die Arbeitsbedingungen besser werden. Wer offene Stellen in der Altenpflege besetzen will, muss ein gutes Angebot machen. Das gilt übrigens auch für die Bundeswehr, deren Fachkräfte endlich richtig ausgestattet werden sollten.

Leseempfehlung

Der russische Angriff auf die Ukraine jährt sich zum ersten Mal. Was bedeutet das für die Kirche? Arnd Henze im Interview
Der Offizier machte schnell Karriere, aber sein Perfektionismus führte ihn in die totale Erschöpfung
Soldatinnen und Soldaten beklagen sich oft über mangelnde Anerkennung. Dabei sind gerade jetzt viele dankbar für ihre Hilfe
Annette Kurschus blickt kritisch auf die Lieferung von Angriffswaffen und die "Letzte Generation". Ein Geburtstags-Interview von epd

Neue Lesermeinung schreiben

Wir freuen uns über einen anregenden Meinungsaustausch. Wir begrüßen mutige Meinungen. Bitte stützen Sie sie mit Argumenten und belegen Sie sie nachvollziehbar. Vielen Dank! Damit der Austausch für alle ein Gewinn ist, haben wir Regeln:

  • keine werblichen Inhalte
  • keine Obszönitäten, Pornografie und Hasspropaganda
  • wir beleidigen oder diskriminieren niemanden
  • keine nicht nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen
  • Links zu externen Webseiten müssen zu seriösen journalistischen Quellen führen oder im Zweifel mit einem vertretbaren Prüfaufwand für die Redaktion verbunden sein.

Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge zu bearbeiten, macht dies aber stets kenntlich. Wir zensieren nicht, wir moderieren.
Wir prüfen alle Beiträge vor Veröffentlichung. Es besteht kein Recht auf Publikation eines Kommentars.