Warum drei Männer nicht in den Ukraine-Krieg ziehen wollen
"Nichts als Schmerz, Tod und Töten"
Mark Romankov wollte nicht in das Heimatland seiner Partnerin einmarschieren. Ein ukrainischer Pazifist ist bereit, Gebiete an Russland abzutreten. Dem belarussischen Soldaten Vlad half ein LKW-Fahrer bei der Flucht. Drei Geschichten aus dem Krieg.
Illustration eines Panzers aus dessen Kanonenrohr weiße Tauben fliegen
Wenjin Chen/Getty Images
21.11.2022
4Min

Mark Romankov aus Russland, 22, war zu Kriegsbeginn Ende Februar 2022 in Deutschland und beantragt einige Wochen später Asyl:

"Die Armee ist noch immer eine Armee im Stil der Sowjetzeit. Und solch ein System will ich nicht unterstützen. Seit der Krieg begann, ist es aber mehr: Die Armee ist nun ein Symbol für das Böse. Es gibt nichts, worauf man stolz sein könnte.

Für mich selbst ist auch bedeutsam: Meine Partnerin kommt aus der Ukraine, wie auch ihre Eltern. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie es ist, in einer Armee zu dienen und gegen ihre Familie zu kämpfen. Das ist völlig unvorstellbar.

Diejenigen, die ich in der (deutschen) Asylunterkunft getroffen habe, waren wirklich gegen den Krieg, auch wenn sie aus Tschetschenien kamen, aus Regionen, in denen es hart und rau zugeht. So fanden wir auch eine gemeinsame Sprache.

Ich glaube, es wäre eine große Sache, wenn es gelänge, die russischen Verweigerer besser zu informieren und zusammenzubringen."

Interview geführt am 15. August 2022. Quelle: https://de.connection-ev.org; veröffentlicht am 6. Oktober 2022

Mark Romankov aus Russland, 22

llja Owtscharenko aus der Ukraine, 36, war zu Kriegsbeginn in Ungarn. Er ruft in Videos zur Kriegsdienstverweigerung auf:

"Die Regierung zeigte sich fest entschlossen, das gesamte ukrainische Territorium, einschließlich der Krim, zurückzuerobern. Es ist also die Frage, ob wir die Krim und Donezk einfach aufgeben? Und für mich liegt die Antwort auf der Hand: Das Leben der Menschen ist wichtiger, ganz gleich, welche Flagge über der Krim oder Donezk hängen wird.

Jeder, der nicht kämpfen will, sollte die Möglichkeit haben, das Land zu verlassen. Pazifisten wie Christen, die die Regel 'Du sollst nicht töten' befolgen, sollten das Recht haben, dieser Entscheidung zu folgen.

"Absurd, Menschen zu opfern, um eine Linie auf der Landkarte zu berichtigen"

Ich hätte mich aktiver um die Verbreitung der Idee der Gewaltlosigkeit bemühen können. Ich hätte mich in den Sozialen Medien und auf Videokanälen aktiver äußern können, deutlich machen können, wie schädlich und gefährlich Patriotismus ist. Deutlich machen können, wie absurd es ist, so viele Menschen zu opfern, um eine Linie auf der Landkarte berichtigen zu können.

In einem Video hatte ich schon Präsident Wolodymyr Selenskyj dazu aufgefordert, mit Russland zu verhandeln und ukrainische Territorien abzutreten. Dazu stehe ich auch heute.

In den Kommentaren unter meinen Videos stehen Drohungen wie 'Es sind schon welche unterwegs zu Dir' oder 'Hau ab, solange Du noch kannst'."

Interview geführt am 5. September 2022. Quelle: https://de.connection-ev.org; veröffentlicht am 6. Oktober 2022

Ilja Owtscharenko aus der Ukraine, 36

Vlad (18 Jahre, Name geändert) war im Frühling 2022 aus dem Aufmarschgebiet aus seiner belarussischen Militäreinheit in die EU nach Litauen geflüchtet und hat dort Asyl beantragt:

"Am 24. Februar sahen meine Kameraden und ich ein Video von Angriffen auf ukrainische Einheiten und militärische Einrichtungen. Ich verstand nicht, wie so etwas möglich war, und ehrlich gesagt, dachte ich, die Ukraine würde schnell überrannt werden. An diesem Tag dachten wir, dass Belarus in den Krieg ziehen würde, und unter den Soldaten herrschte Unruhe, vor allem als der Befehl zur Alarmbereitschaft ertönte. Der Kommandeur gab alle Waffen aus, einige mit scharfer Munition.

Wir befanden uns an der Grenze, wo wir die Aufgabe hatten, für die Russen auf dem Schießplatz Wache zu stehen, von wo Militärflugzeuge in die Ukraine starteten.

Bei der Flucht über mehrere Zäune geklettert

Ich habe eine Woche im Voraus mit den Vorbereitungen begonnen. Ich besorgte mir eine Karte der Gegend, überlegte mir, welche Straße ich nehmen sollte, und plante, zu welcher Tageszeit ich laufen wollte. Ich wählte die Morgenzeit, als alle noch schliefen, und beschloss, dass ich ein paar Stunden Vorsprung haben würde.

Ich wurde von einem LKW-Fahrer zur Grenze mitgenommen, der mich nichts fragte, was ich als Glück betrachte. Natürlich musste ich die Straße überqueren, aber nicht über eine Kreuzung, also musste ich über mehrere Zäune klettern. Das erste war ein Stahlgerät mit Drähten und Klingen. Die Kamera nahm mich dort auf und ich merkte, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb. Als ich über den Zaun kletterte, verletzte ich mich leicht und fiel zu Boden. Dann war da ein Zaun über dem Graben, und ich konnte darunter durchklettern. Der nächste Zaun hatte verfaulte Pfosten und ich habe ihn kaputt gemacht. Dann merkte ich, dass ich bereits über der Grenze war, und wollte mich ergeben.

"Der Krieg wird den Belarussen nichts als Schmerz, Tod und Töten bringen"

Die Grenzbeamten waren schockiert und glaubten nicht, dass ich vor der Armee geflohen war. Die Sondereinheit kam und hat mich sehr lange befragt. Ich habe ehrlich über den Grenzübergang berichtet, bestätigt, dass Belarus indirekt in den Krieg verwickelt war, und über den Einsatz von Ausrüstung berichtet.

Die meisten belarussischen Wehrpflichtigen haben ähnliche Ansichten wie ich, denn sie sind jung und wollen leben, nicht sterben. Sie wissen, dass der Krieg den Belarussen nichts als Schmerz, Tod und Töten bringen wird."

Interview geführt am 20. Juni 2022. Quelle: https://nash-dom.info/94229

Infobox

Die Interviews wurden vermittelt durch Connection e.V., ein Verein in Offenbach, der Kriegsdienstverweigerer aus aller Welt betreut und sich mit ähnlichen Initiativen aus aller Welt vernetzt

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