Uganda, effizienter Ofen, der weniger Holz verbraucht
Klima-Kollekte
"Wenn ich fliege, kann ich auch etwas Gutes tun"
Am besten ist es, gar nicht zu fliegen. Und wenn es nicht anders geht? Lassen sich die Emissionen ausgleichen! Interview mit der Geschäftsführerin der "Klima-Kollekte".
Tim Wegner
15.07.2022

chrismon: Meine Kinder fragen mich immer wieder: "Im Urlaub fliegen viele andere Kinder weg, wir aber nie, das ist ungerecht!" – Haben Sie einen Tipp für mich, was ich ihnen antworten kann?

Claudia Tober: Dass Fliegen leider ein echtes Problem für die Umwelt und das Klima ist. Der Flugverkehr zählt zu den größten Treibhausgasemittenten. Aber in einer globalisierten Welt ist es manchmal eben auch unvermeidbar, zu fliegen, zum Beispiel in der Entwicklungszusammenarbeit. Aber aus Kindersicht ist das eine schwierige Antwort, das weiß ich. Ältere haben viel von der Welt gesehen. Dann können wir es den Jungen nicht verbieten. Aber wir müssen sorgfältig abwägen. Kurzstreckenflüge müssen nicht sein.

Für und Wider sind abgewogen – und man fliegt. Macht eine Kompensation der Treibhausgase dann Sinn?

Auf jeden Fall! Wenn ich fliege, kann ich auch etwas Gutes tun.

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Claudia Tober

Claudia Tober ist seit September 2021 Geschäftsführerin der Klima-Kollekte. Sie ist studierte Volkswirtin und war Geschäftsführerin des FNG-Forums Nachhaltige Geldanlagen e. V., Vizepräsidentin von Eurosif - European Sustainable Investment Forum und vorher u. a. in Abgeordnetenbüros des Deutschen Bundestages beschäftigt. Als Nachhaltigkeits- und Finanzexpertin ist sie außerdem in diversen Beiräten aktiv.
Tim Wegner

Nils Husmann

Nils Husmann ist Redakteur und interessiert sich besonders für die Themen Umwelt, Klimakrise und Energiewende. Er studierte Politikwissenschaft und Journalistik an der Uni Leipzig und in Växjö, Schweden. Nach dem Volontariat 2003 bis 2005 bei der "Leipziger Volkszeitung" kam er zu chrismon.

Die Klima-Kollekte ist eine kirchliche Einrichtung, ihre Gesellschafter kommen allesamt aus dem kirchlichen Bereich, zum Beispiel "Brot für die Welt". Da hat man den Verdacht, es handelt sich um einen Ablass wie im Mittelalter. Wenn man die Emissionen über Sie ausgleicht, hat man sich freigekauft …

… wir vertreten die Ansicht, dass niemand vor Gott gerechter wird, weil er Geld gibt. Es geht um etwas anderes: Mit dem Wissen unserer Gesellschafter, die erfahren sind in der Entwicklungszusammenarbeit, können wir das Geld aus Kompensationen ganz gezielt in Ländern und für Technologien einsetzen, die den Menschen und dem Klima helfen. Es geht um Wissen und Erfahrungen, wie man helfen kann.

Wie läuft das konkret ab?

Auf unserer Website kann man mit Hilfe unseres CO2-Rechners die Emissionen ermitteln, die ein Flug pro Kopf verursacht. Diese Emissionen können Sie über eine Spende ausgleichen und das Geld direkt online überweisen. Darüber erhalten Sie auch eine Zuwendungsbescheinigung fürs Finanzamt.

Nun interessiert sich mein ältester Sohn für Japan, zu gern würde er das Land kennenlernen. Was käme da auf uns zu?

Von Frankfurt am Main nach Osaka sind es 9000 Kilometer. Dabei werden pro Kopf 1,67 Tonnen CO2 frei. Für die einfache Strecke nach Japan entspricht das 41,75 Euro. Wir empfehlen, die Höhe einer Kompensation von Anfang an ins Reisebudget mit einzupreisen.

Ganz schön viel Geld, wenn man als Familie reist …

… aber wenn Sie kompensieren, zeichnen die Kosten Ihrer Reise ein präziseres Bild der ökologischen Auswirkungen, die das Fliegen nun einmal hat.

"Vermeiden ist immer besser als kompensieren"

Wohin fließt das Geld?

In eines von rund einem Dutzend verschiedenen Ländern, in denen wir Projekte unterstützen. Das reicht von Kamerun bis Kuba. Dort investieren wir ausschließlich in erneuerbare Energien oder in eine verbesserte Energieeffizienz. Zum Beispiel in kleine Biogasanlagen. Oder in effiziente Kochstellen, die auch die Luftqualität verbessern.

Angenommen, ich überweise Ihnen Geld – wie kann ich sicher sein, dass Sie mit diesem Geld auch ein Projekt umsetzen? Am Ende kompensieren nicht genug andere Reisende und meine Spende liegt auf Ihrem Bankkonto herum …

Die Emissionsminderung, für die Sie und andere spenden, hat schon stattgefunden, die Projekte dafür sind schon umgesetzt. Auch hier ein Beispiel: In Ruanda haben wir geholfen, 6000 energieeffiziente Kochstellen anzuschaffen, mit denen die Familien etwa 45 Prozent weniger Feuerholz oder Holzkohle verbrauchen als früher. Also geht weniger Wald verloren, was dem Klima hilft. Das hat schon 173.000 Tonnen an CO2 eingespart.

Wenn mein Sohn das liest, wird er sagen: "Toll, wir fliegen in den Urlaub und retten das Weltklima!"

Das kann es natürlich nicht sein. Vermeiden ist immer besser als kompensieren. Da sind wir wieder bei der Frage: Wann muss ein Flug wirklich sein? Ich finde: Sie sind wirklich nur dann erforderlich, wenn man auf Inseln oder andere Kontinente reisen muss. Ich mache Urlaub in Südfrankreich, das geht mit der Bahn. Von Frankfurt aus gibt es eine schnelle Verbindung nach Marseille, dort kann man sich ein Auto mieten. Europa kann man ohne Flugzeug entdecken.

Infobox

Mehr als nur Flüge kompensieren: Was die Klima-Kollekte macht

Die Klima-Kollekte ist ein CO2-Kompensationsfonds christlicher Kirchen. Privatpersonen, Organisationen, Firmen und Kirchengemeinden können unvermeidliche Emissionen aus Strom- und Wärmenergie, Reisen sowie Papier- und Druck-Erzeugnissen kompensieren. Die Ausgleichszahlungen werden gezielt in Projekte in Ländern des Globalen Südens investiert und mindern Armut vor Ort, indem sie Frauen stärken, Gesundheit schützen und Perspektiven ermöglichen – zudem verringern sie den CO2-Ausstoß und schützen so das Klima. Der Ausgleich von CO2-Emissionen geschieht dabei durch Klimaschutzprojekte kirchlicher Organisationen oder ihrer Partner:innen.

Die Klima-Kollekte ist eine gemeinnützige GmbH, die im Jahr 2011 gegründet wurde. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e. V. (FEST).

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