Kardinal Marx' Umgang mit Missbrauch in der Kirche

Die Freiheit des Amtes
Der Münchner Kardinal Marx beteuert, nicht an seinem Amt zu kleben. Das könnte ihn frei machen - für Reformen.

Die katholische Kirche will sich erneuern. Doch viele Bischöfe trauen sich nicht recht, verweisen auf den Papst, der Reformen stoppen könnte. Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat mehrfach betont, dass er "nicht an seinem Amt klebe". Das könnte ihm große Freiheit verleihen, Reformen anzugehen. Vergangenes Jahr hatte er dem Papst seinen Rücktritt angeboten, doch der ließ ihn nicht gehen. Ende Januar hatte ein Gutachten Marx bescheinigt, nicht angemessen mit Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum München-Freising umgegangen zu sein.

Claudia Keller

Claudia Keller ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon. Davor war sie viele Jahre Redakteurin beim "Tagesspiegel" in Berlin.
Katrin Binner

Der Münchner Kardinal beteuert, dass er dazugelernt hat, er unterstützt den Synodalen Weg, den Reformprozess, den Kirchenmitglieder und Bischöfe gemeinsam gehen. Er könnte in seinem Erzbistum sofort mit den Reformen beginnen. Er könnte zum Beispiel ab sofort sonntags in der Eucharistiefeier im Dom Frauen predigen lassen, er könnte homosexuelle Paare segnen oder gar verheiratete Männer zu Priestern weihen - schließlich hat er sich Anfang Februar öffentlich für die Abschaffung des Pflichtzölibats ausgesprochen.

Was könnte ihm Schlimmeres passieren, als dass ihn der Papst zum Rücktritt auffordert? Wer nicht an seinem Posten klebt, ist frei, kann mutig vorangehen und Grenzen weiten. Das gilt nicht nur für katholische Bischöfe, sondern für alle, die ein Amt innehaben, egal in welchem Bereich.

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Lesermeinungen

Nur wenn man zu ertrinken droht, lernt man schwimmen. Die Not ist noch nicht gross genug. Der Rettungsring sind die Kirchensteuern. Sind die nicht mehr, zeigt sich die wahre Bedeutung. Das Geld benebelt. Was kommt nach einem religiösen Kollaps? Dann zeigt sich, ob für Religionen noch genügend Bedarf ist und welche Gruppen und Charaktere auf was Neues warten , oder ob eine Wiedergeburt der bisherigen Würdenträger gelingt . Gefahr!!! Ein gläubiges Chaos könnte folgen
Denn erfahrungsgemäß wenden sich zutiefst Enttäuschte den Extremen zu. Bei den Sekten und auch in der Politik zu beobachten. Dann droht auch bei denen, die nach Hilfe suchen das religiöse Chaos.