Viele Münzen, die zu einer Sprechblase geformt sind
Darf man mit einer Spende prahlen?
Lisa Rienermann
Gute Taten
Darf man mit einer Spende prahlen?
Tue Gutes und rede darüber, sagen Fundraiser. Wenn du Almosen gibst, so lass ­deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, mahnt Jesus. Wann es gut ist, über eine Spende zu sprechen, und wann edler zu schweigen
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
24.11.2021
3Min

Vorgelesen: Religion für Einsteiger "Darf man mit einer Spende prahlen?"

Herr Städel hatte weder Frau noch Kind, besaß dafür aber 500 Gemälde, 3000 Kunstdrucke, 1,3 Millionen Gulden und ein Haus am Roßmarkt in Frankfurt am Main. Als er 1816 starb, ­ vermachte er sein Vermögen seiner Stiftung, dem Städelschen Kunst­institut. Es existiert noch heute, auch dank der Freigiebigkeit vieler Frankfurterinnen und Frankfurter. 15 ­Millionen Euro spendeten sie 2019 für die Museen der Stiftung, mehr als durch Ticketverkauf (13 Millionen) und öffentliche Zuwendungen (neun Millionen) in die Kassen kam. Viele Menschen trugen vor einigen Jahren auch großzügig zu einem Erweiterungs­bau des Städel Museums bei. Ihre ­Namen stehen dort auf einer Wand.

Johann Friedrich Städels Vorbild macht Schule. Ehepaare verewigen sich in den Namen eigener Stiftungen – wie das Ehepaar Gensicke-­Hille, das mit Brot für die Welt in Lateinamerika Kinder aus indigenen Familien unterstützt. Kirchengemeinden versprechen: Ab 25 Euro für den Kindergartenbau werden die Namen der Spendenden auf Ziegelsteine eingraviert. Mitten im Wald verraten Plaketten auf Holzbänken, wem die Rast mit Tal­blick zu verdanken ist. Der Name erhält die Erinnerung an die, die sie gestiftet haben. Motto: "Tu Gutes und rede darüber". Ist das schon Prahlerei?

Die allermeisten, die ihr Portemonnaie für einen guten Zweck weit öffnen, bleiben lieber unerkannt. Für sie ist es selbstverständlich zu helfen, wo Not ist. Sie geben stillschweigend das Gute zurück, das sie selbst er­fahren haben. Oder schweigen über eigenen Großmut, weil Jesus gebot: "Wenn du Almosen gibst, so lass ­deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut" (Matthäus 6,3).

Doch nicht immer ist die ­anonyme Spende die bessere. Ab 10 000 ­Euro müssen politische Parteien ihre Herkunft aufdecken. "Sie sollten es schon ab 2000 Euro tun", fordern kritische Stimmen. Großspender können auch Probleme bereiten. Die größte Einzel­spenderin für die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Bill-und-­Melinda-Gates-Stiftung, erwirtschaftet ihr Vermögen unter anderem, indem sie sich an Konzernen wie Coca-­Cola beteiligt. Engagiert sich die WHO gegen übermäßigen Zuckerkonsum, unter­gräbt sie das Geschäftsmodell ihrer größten Geldgeberin.

Spende von Herzen

Wer sein Geld einer Umwelt- oder Hilfs­organisation anvertraut, will daher sicher sein, dass sie frei von fremden politischen oder wirtschaftlichen Interessen arbeitet. Greenpeace nimmt aus dem Grund keine staat­liche Zuwendung an, prüft Eingänge über 1000 Euro und lehnt jegliche Unternehmensspende ab. Brot für die Welt und Ärzte ohne Grenzen kooperieren nicht mit Unternehmen, die Waffen produzieren, fossile Energie fördern, an Tabak, Alkohol, Sex und Glückspiel verdienen. Auch Unter­stützung aus der Pharmaindustrie lehnen sie ab. Wer Brot für die Welt sponsern will, soll auch Menschen- und Arbeitnehmerrechte achten.

Der Theologe und Fundraising-Experte Thomas Kreuzer erklärt sich den Ausspruch Jesu ("Lass die linke Hand nicht wissen, was die rechte tut") so, "dass es darum geht, nicht eitel vor Gott dazustehen. Die Spende soll nicht kalkuliert und rational kommen, sondern von Herzen." Jesus selbst hat auch eine Spenderin öffentlich gelobt: die arme Witwe mit ihrem einen Heller. Das bisschen Geld war alles, was sie hatte (Markus 12,41–44). Und auch zu biblischen Zeiten taugte nicht jede Gabe für jeden Zweck. Als der reu­mütige Judas den Hohe­priestern am Jerusalemer Tempel die Silberlinge für den Verrat an seinem Meister zurückbrachte, nahmen sie das Geld nicht für den Tempelschatz an: "Denn es ist Blutgeld" (Matthäus 27,6).

Verwerflich ist nicht die öffent­liche Spende, sondern die Gabe mit Kalkül und aus unlauteren Motiven: eigenes Fehlverhalten reinwaschen, statt es abzustellen; Einfluss auf mögliche Kritiker nehmen, sie finanziell abhängig machen; die Spende mit einem Deal verbinden – Geld gegen Einfluss.
Es ist nobel, über die eigene ­Spende zu schweigen. Es gibt auch Gründe, ­offen über sie zu reden. Das muss nicht gleich Prahlerei sein. Und oft ist es gut zu wissen, von wem das Geld kommt.

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Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Burkhard Weitz schreibt in seinem Artikel über Spenden: eine Gabe mit dem Kalkül um eigenes Fehlverhalten rein zu waschen sei verwerflich. Sind dann Gaben, welche zum Kompensieren von CO2 gegeben werden, auch verwerflich? Danke für eine Antwort.
Viele Grüße von
Benno Wagner

PS: Danke für ihr interessantes Magazin

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Es spendet jemand 1 Mio. an jemand, den er mal geschadet hat. Das ist eine späte Wiedergutmachung. Und was ist, wenn es anonym geschieht? Fehlverhalten kann man nicht reinwaschen.

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Hallo liebe Redaktion,

der oben genannte Artikel hat mich doch etwas ratlos zurückgelassen. Ratlos deshalb, weil hier undifferenziert Spenden verschiedenster Art und Almosen in einen Topf geworfen werden. Selbst das Finanzamt macht hier eine klarere sprachliche Differenzierung. Im Artikel wird von Parteispenden, Spenden an Umweltorganisationen, Spenden in Form einer Stfiftung zur Gründung eines Museums geschrieben, die alle doch nichts mit Matthäus 6,3 zu tun haben. Dort wird eindeutig von dem Almosen geschrieben, also der "milden Gabe an einen bedürftigen Empfänger, ohne dass eine Gegenleistung erwartet wird".

Gilt das für die Museumsstiftung, die Umweltorganisation, die Partei ...? Ich meine Nein. Gemeint sind damit tatsächlich milde Gaben an Menschen, die es nötig haben. "Wenn du Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut" bedeutet aus meiner Sicht, dass es selbstverständlich und nicht erwähnenswert ist, milde Gaben zu geben; dass es notwendig ist, dies anonym zu tun, um vor allem den Empfänger nicht zu beschämen und natürlich, dass man damit nicht prahlt.

Erstaunlich, wie weit Spendenprofis dieses Bibelzitat im eigenen Interesse gerne auslegen und wie beliebig die Bedeutung des Almosens dadurch wird.

Freundlichen Gruß

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Hallo Chrismon-Team!

"Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, dass ein Mensch viele gute Taten tun muss, um zu beweisen, dass er tüchtig ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, dass er nichts taugt."
(George Bernard Shaw, 1856-1950, irischer Dramatiker, Politiker, Satiriker & Pazifist; Nobelpreisträger für Literatur 1925). Man sollte sich von nichts und von niemanden abhalten lassen, wenn man etwas "Gutes" tun will, was man auch immer unter "gutes tun" versteht.
Ich bin zum Beispiel kein Freund davon, irgendeiner großen Organisation irgendetwas zu spenden, da gehe ich lieber nach meinem Bauchgefühl vor. Ich fahre fast jeden Tag nach Nürnberg, um in meinem Atelier zu arbeiten, das heißt, um dort künstlerisch tätig zu sein.
Schon ab dem Hauptbahnhof zeigt sich die große Not, die viele unserer Mitbürger ertragen müssen, aus welchen Gründen sie auch immer in diese missliche Lage gekommen sind. Da bitten einige sehr freundlich um eine milde Gabe, und diese Menschen, die tun das nicht aus freien Stücken, oder aus reiner Narretei, nein die tun das, weil ihnen sonst keiner mehr helfen will oder kann, und weil diese Menschen auch um keine staatlichen Almosen bitten und erbetteln wollen. Erstens weil es ihnen unangenehm ist, und zweitens weil sie sich noch kleiner machen wollen, als es ihnen lieb ist. Ich gebe gerne etwas ab, schon aus diesem Grund, dass ich mich nicht selbst um Geld "anhauen" muss.

Ihr Klaus P. Jaworek

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Sehr geehrter Herr Weitz,
dies ist eine Wortmeldung zum Beitrag „Darf man mit einer Spende prahlen“ in Crismon 12/21
Als ich vor einigen Jahren zu dem von mir geschätzten Superintendenten Porzelle (Kirchenkreis Egeln) einmal sagte „Tue Gutes und schweige darüber“, bekam ich ein wohltuendes Kopfnicken. Das tat sehr gut, denn ich stand mit dieser Auffassung bis dahin so ziemlich allein da. Mein Gedanke war: Gutes tun oder besser noch gut sein kann man doch eigentlich nur ohne jede Erwartung, es fürderhin in irgendeiner Weise honoriert zu bekommen. Ohne Gegenleistung. Und schon gar nicht mit dem Ziel einer solchen. Sei es als Schildchen an der gespendeten Parkbank oder als dankenden Zeitungsartikel für unternehmerische „Wohltaten“, der kostbarer als jede teure Anzeige wirkt. Wenn ich also die Sektgelage der deutschen Charity-Partys und TV-Galas sehe, bin ich irgendwie angewidert. Unternehmer(innen), Politiker(innen) und Prominente haben wahrscheinlich nie länger über das Gutsein nachgedacht als das Leeren eines Champagnerglases dauert. Aus meiner Sicht ist die Tugend wahrhafter Güte ebenso hoch zu bewerten wie jene der Liebe.
Dass Sie diesen Text als Leserbrief veröffentlichen, kann ich also konsequenterweise nicht erwarten.
Mit besten Grüßen
Hans-Peter Wannewitz
Magdeburg

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Sehr geehrter Herr Weitz,
erst heute lese ich Ihren Beitrag „Darf man mit einer Spende prahlen“ - ich hatte das Heft in meinem Haushalt aus den Augen verloren
Verspätet also noch zwei Gedanken:
Ich selbst spende auch für diverse Zwecke und spreche in bestimmten Situationen auch mit Dritten darüber - und zwar immer dann, wenn ich weiß, dass mein Gesprächspartner auch die finanziellen Möglichkeiten hat, sich zu engagieren. So hoffe ich, diesen auch zum Spenden zu motivieren.
Insofern finde ich es auch gut, dass in Chrismon über das Spenden regelmäßig Beiträge wie der Ihre erscheinen.
Zu Jesu Ausspruch „Lass die Linke …“ kann ich mir auch vorstellen, dass es darum geht, den Empfänger nicht bloß zu stellen oder zu beschämen. Insofern wäre es der Aufruf, die eigene Gabe aus dem Gedächtnis zu streichen, um dem Empfänger am nächsten Tag in einem anderen sozialen Kontext gegenüber treten zu können als sei nichts gewesen, als hätte es die Spende nicht gegeben, um beiden die Unbefangenheit im Miteinander nicht zu nehmen.
So weit meine verspätete Rückmeldung!
Ihnen weiterhin viel Freude und Erfolg bei der Arbeit - ich schaue dem nächsten Heft bereits neugierig entgegen
Herzliche Grüße
Wolff Seitz
Reinbek

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