Istanbul, syrische Flüchtlinge
In this photo taken on July 31, 2019, Syrians pass time at a coffee shop in an Istanbul neighborhood where many Syrians live. Syrians say Turkey has been detaining and forcing some Syrian refugees to return back to their country the past month. The expulsions reflect increasing anti-refugee sentiment in Turkey, which opened its doors to millions of Syrians fleeing their country's civil war. (AP Photo/Mehmet Guzel)
Mehmet Guzel/AP Photo/picture alliance
Leben zwischen hier und dort
Viele Syrer, Afghanen und Afrikaner hängen in der Türkei fest. Hanna Rüth und andere Helfer versuchen, die größte Not zu lindern.
09.08.2021

Die Türkei liegt auf dem Weg sehr vieler Flüchtlinge. Die Menschen kommen vor allem aus Syrien, aber auch aus dem Iran, aus Afghanistan oder aus afrikanischen Ländern. Diejenigen, die nicht auf legalem Wege eingereist sind, sondern mit Schleppern ins Land kamen, haben es besonders schwer. Die bürokratischen Hürden sind so hoch, dass es fast unmöglich für sie ist, Asyl zu beantragen. Die meisten von ihnen gehen nach Istanbul in der Hoffnung, dass sie sich und ihre Angehörigen dort irgendwie über Wasser halten können, etwa mit einem Job in einer Textilfabrik oder auf einer Baustelle. Viele bleiben dann hier, denn ohne offiziellen Flüchtlingsstatus dürfen sie nicht legal nach Europa weiterreisen.  

Hanna Rüth

Hanna Rüth lebt mit ihrer Familie in Istanbul und engagiert sich in der deutschen evangelischen Auslandsgemeinde.

Einige Familien hängen so seit Jahren in Istanbul fest. Sie leben in einer Zwischenzone. Wenn die Polizei sie erwischt, werden sie in Lagern inhaftiert und später meistens in ihre Heimatländer abgeschoben. Eine medizinische Versorgung steht ihnen nicht zu. Wer Glück hat, kann seine Kinder in einer Schule als Gastschüler anmelden. Besonders schlimm ist es, wenn der Ehemann als Hauptversorger ausfällt, zum Beispiel, weil er plötzlich verhaftet wird oder bei einem Arbeitsunfall stirbt. 

In einem ökumenischen Netzwerk für Flüchtlingshilfe versuchen wir, einigen dieser Menschen zu helfen, vor allem Hochschwangeren oder Frauen kurz nach der Entbindung, die niemanden haben, der sie und ihre Kinder finanziell unterstützt. Sie kommen oft aus einem Kulturkreis, in dem Frauen wenig wert sind. Wir hören ihnen zu, beraten sie, bemühen uns um eine medizinische Grundversorgung und geben Lebensmittelgutscheine aus. Dabei erstaunt mich immer wieder, welche Kräfte diese Frauen aufbringen. Trotz zum Teil schwerster Traumatisierungen versuchen sie, sich und ihre Kinder durchzubringen. "Was bleibt mir anderes übrig? Ich kann meine Kinder doch nicht im Stich lassen", sagte kürzlich eine Frau. Ihr Ehemann und ihr Bruder waren auf dem Weg von der Arbeit nach Hause verhaftet worden. Sie hatte dies über Umwege erfahren und konnte die beiden Männer bislang nicht kontaktieren.

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