ddp/Viola Kam/SOPA Images
Gedenkfeier für das Erdbeben von 2011 – mit Maske
Posteingang - Tokio
Der Lautsprecher in der Yamanote-Linie kündigt "Gotanda" an, unsere Station. Geordnet, ohne Drängeln, steigen die Menschen aus der Bahn. Sie strömen auf die Rolltreppe zu, reihen sich schon viele Meter davor in eine Schlange ein. Hintereinander und mit Abstand geht es nach oben. Das ist kollektiv eingeübt und nicht nur in Zeiten von Corona so. Aber jetzt natürlich besonders. Überall, wo es voll wird, ob in der Bahn oder im Supermarkt, herrscht Gruppendisziplin. Jeder nimmt Rücksicht, hat den anderen im Blick, trotz des allgegenwärtigen Smartphones. So bewegen wir uns relativ ent-spannt unter den vielen Maskierten, die im Übrigen noch viel rausgehen und die Kirschblüte und den Sonnenschein genießen.
Szenenwechsel: Auf dem Heimweg mit dem Auto halten wir an einer Ampel. Vor uns fährt ein Radfahrer zunächst auf dem Gehweg, dann auf dem Zebrastreifen und schließlich als Geisterfahrer auf der falschen Straßenseite. Das Verhältnis zwischen individuellem und kollektivem Verhalten ist zurzeit weltweit auf dem Prüfstand. Auch in Japan, wo viele Kinder zur Konformität erzogen werden. "Der Nagel, der heraussteht, muss eingeschlagen werden", sagt ein hiesiges Sprichwort. Verbotsschilder haben zugenommen im Straßenbild. So dürfen etwa Fahrräder nicht einfach irgendwo abgestellt werden. Und das öffentliche Rauchen ist nur an besonders ausgewiesenen Plätzen erlaubt. Immer wieder aber ist zu beobachten, dass jemand diese Regeln ignoriert. Was die Corona-Einschränkungen betrifft, verhalten sich die Menschen aber, wie es der japanischen Kultur entspricht: diszipliniert und distanziert. Das macht vieles einfacher.
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