Begrüßungsgeld: Ein Frosch
Sophie Kirchner
Ein Kindershampoo, das nicht so in den Augen brannte
Bernd Pohle, 61, kaufte der Tochter Haarwasch, für sich selbst eine Bohrmaschine.
Julia Steinigeweg
20.09.2019

 Ich war das erste Mal mit meiner damaligen Frau im ­Wes­ten, in Hamburg, 1990. Bei der Bahnhofsmission konnte man sich damals melden und bei einer Familie für ein paar Tage unterkommen. Ich erinnere mich, dass wir uns viel mit der Familie unterhalten ­haben. Einen Abend bin ich nur mit dem Mann der Familie zur Reeperbahn gefahren und hab mir das mal angeguckt.

Ich hatte den Frosch für unsere Tochter gekauft, die kurz vor der Wende zur Welt kam

An einem anderen Tag holten wir uns das Begrüßungsgeld bei der Spar­kasse ab. Ich habe eine Bohrmaschine gekauft und diesen Frosch, für unsere ­Tochter, die kurz vor der Wende zur Welt gekommen war. Ein Kindershampoo, das nicht so in den Augen brannte wie die aus dem Osten.

Julia Steinigeweg

Sophie Kirchner

Sophie Kirchner, ­geboren in Ostberlin, war fünf Jahre alt, ­als die Mauer fiel. Die ­Erwachsenen um sie herum, sagt sie, seien damals so glücklich, so euphorisch gewesen – ­das habe ihr Angst gemacht. Seit 2014 ist das Begrüßungsgeld ihr Thema, sie fotografiert Ostdeutsche und deren Käufe – und fragt danach, was sie ­erlebt haben.

Meiner Meinung nach hätte Erich alle reisen lassen sollen, wie sie wollen. Wer wiederkommt, kommt wieder, und wer bleibt, der bleibt. Dann wäre es vielleicht gar nicht so gekommen.

Was hat sich für uns Ostdeutsche mit der Wende geändert? Wir hatten damals Arbeit und konnten uns nichts leisten, heute haben wir keine Arbeit und können uns ­immer noch nichts leisten.

Was würden Sie sich heute kaufen, wenn Ihnen der Staat 100 Euro schenken würde?

Ich denke, ich würde es zu einer Reise mit dazulegen.

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Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin eine begeisterte Leserin Ihres Blattes. Wie vieles andere, habe ich mit großem Interesse Ihren Artikel „Der Frosch aus dem Westen“ gelesen. (10/2019)
Am kritischsten hat sich Frau Konschack geäußert. „Wir haben uns in der DDR sicherer gefühlt“, schreibt sie. Das wundert mich nicht, denn die Überwachung begann bei den „Hausbüchern“ und ging bei den „Abschnittsbevollmächtigten“ und den paarweise durch die Straßen patrouillierenden Vopos weiter, von der Stasi ganz zu schweigen.
Ich hatte immer Kontakt zu DDR-Bewohnern und bin seit 1990 oft in den neuen Bun-desländern gewesen. Wildfremde Menschen haben mir, besonders bei den ersten Besuchen, ihr Herz ausgeschüttet. Dabei ging es v.a. um die gehäuft auftretende Arbeitslosigkeit.
Im ehemaligen Zonenrandgebiet fiel mir auf, dass vor den besten alten Villen PKWs mit z.B. Hamburger Kennzeichen standen. Ich fragte nach, wie das käme. Die Antwort: „Das haben die gleich nach der Wiedervereinigung „für’n Appel und ’n Ei“
erworben. Wir hatten Kapitalismus einfach nicht gelernt.“
Manche Wessis haben sich bei ihren Einsätzen in der ehemaligen DDR auch sicher als „Besserwessis“ aufgeführt.
Ich kann also durchaus Verständnis für den Frust ehemaliger DDR-Bewohner aufbringen.
Die allgemeinen Ängste sind sicher z.T. berechtigt, werden aber auch künstlich her-beigeredet und natürlich für parteipolitische Zwecke benutzt.
Warum muss jede Untat in allen Details in den Medien geschildert werden? Das macht den Bürgern Angst und Nachahmer erhalten u.U. nützliche Anregungen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Rosemarie Seidel

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Sehr geehrte Damen und Herren!
Wenn ich eine Tageszeitung (z.B. die FAZ) kaufe, erwarte ich keine weitere Beilage, auch nicht die ehrenwerte Chrismon, die beinahe, wie alle Beilagen, im Papierkorb gelandet wäre. Wenn ich etwas haben möchte, bezahle ich dafür.
Diesesmal habe ich die Chrismon duchgeblättert und bin bei Ihren Titelgeschichten (Sound des Westens) hängengeblieben. Da haben ehemalige DDR Bürger sich ihren Frust und ihre Unfähigkeit und ihren Unwillen (sich veränderten Umständen auch nur ein bißchen anzupassen) von der Seele geschrieben. Die Einlassungen sind verräterisch und werfen kein gutes Licht auf die Autoren. Selbstverliebt, betriebsblind und uneinsichtig kommen sie daher und stellen der neuen Zeit durchweg schlechte Noten aus: Christian Hoffmann beklagt allgemein chemische Zusätze in neuzeitlichen Joghurts. Wie blind ist dieser Mann eigentlich? Eheleute Konschak aus Treuenbrietzen hatten früher immer (?) Geld, heute ists immer knapp, das heutige Leben ist unsicherer, und Bulgarien war wunderschön. Millionen ihrer Landsleute sehen das völlig anders. Bernd Pohle hat nicht mitbekommen, daß sich für ungezählte Landsleute die Lebensqualität dramatisch verbessert hat. Christian Elsner nörgelt über verlorene Netzwerke und böses Erwachen nach der Wende. Hat er denn gedacht, es ginge nach 1989 so erbärmlich weiter wie bis dato? Klassischer Fall von Tunnelblick und Betriebsblindheit. Frau Becker hat ständig Angst überfallen zu werden. Diese Angst ist bekanntlich ziemlich unbegründet, sondern Ausfluß spezifischer Hysterie. Die querulatorischen Auslassungen ihrer Protagonisten sind nur zum Teil verständlich, sondern zeigen, daß manche Leute überfordert waren und/oder es an eigener Initiative haben mangeln lassen und Probleme nun "der neuen" Zeit in die Schuhe schieben wollen. Schade eigentlich, denn die neue Zeit hat für die meisten Menschen im Osten ziemlich handgreifliche Vorteile mit sich gebracht. Ich hätte mir von Ihnen eine repräsentativere Auswahl an Stimmen gewünscht. Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Kritik darf selbstverständlich sein!
Mit freundlichem Gruß
Heinrich F. Brune

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Liebes Chrismon-Team,
mein Mann zog das Heft aus der Zeitung. Und ich fühlte mich plötzlich 30 Jahre zurückversetzt, war wieder Kind und saß mit meinen Geschwistern in der Wanne. Den Frosch hatten wir auch! Meine Geschwister konnten sich leider nicht erinnern. Aber meine Mutter schickte einen grinsenden Smiley, als ich ich ihr das Foto schickte, und hat es bestätigt.
Vielen Dank für die kleine Zeitreise, Iris Kleinophorst

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