Schon wieder Kopftuch
Jetzt die Kinder. Sollen Eltern wirklich ihre Kinder einhüllen dürfen? Ja, sollen sie.
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
01.07.2019

Mitte Mai stellte sich die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer an die Spitze einer Bewegung, die Kopftücher an Kitas verbieten will. Könnte man auf Anhieb verstehen. Warum sollen schon Fünfjährige ihr Haar bedecken, und das bei der Hitze? Absurd!

Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff

Burkhard Weitz

Burkhard Weitz war als chrismon-Redakteur bis Oktober 2022 verantwortlich für die Aboausgabe chrismon plus. Er studierte Theologie und Religionswissenschaften in Bielefeld, Hamburg, Amsterdam (Niederlande) und Philadelphia (USA). Über eine freie Mitarbeit kam er zum "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" und war mehrfach auf Recherchen in den USA, im Nahen Osten und in Westafrika. Seit November 2022 betreut er als ordinierter Pfarrer eine Gemeinde in Offenbach.

Andererseits erlauben wir Eltern so vieles. Sie dürfen ihr Kind unter Nazis aufziehen. Sie dürfen es mit elektronischen Geräten abspeisen – so dass es nicht mal sprechen lernt. Sie dürfen es schulisch so unter Druck setzen, dass es ­irgendwann anfängt, sich zu ritzen. Warum? Weil wir nichts Besseres wissen, als den Eltern die Erziehung zu überlassen.

Religionsfreiheit ist anstrengender als Meinungsfreiheit

Aber jetzt soll bei Muslimen durchgegriffen werden. 
Erst verbietet man Lehrerinnen das Kopftuch, dann Professorinnen, dann allen Beamtinnen. Nun sind die Kinder dran.

Religionsfreiheit ist anstrengend. Anstrengender als ­Meinungsfreiheit. Sie ist die Freiheit, Gedanken nicht nur im Kopf herumzutragen, sondern sie auch auszuleben. Ja, wer im Kopftuch ein Zeichen patriarchaler Fremdbestimmung sieht, soll bitte dagegen etwas unternehmen – indem er oder sie andere mit guten Argumenten überzeugt. Nicht aber mit Gesetzen, die nur auf Muslime gemünzt sind.

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Sehr geehrter Herr Burkhard Weitz,
zu Ihrem Artikel und der Frage: sollen Eltern wirklich ihre Kinder einhüllen dürfen? möchte ich ein entschiedenes Nein dagegen setzen.
Dies hat nichts mit Religionsfreiheit zu tun und noch weniger mit Gedankenfreiheit und Toleranz. Lasst die Mädchen in Ruhe, denn darum geht es hier oder sollen auch Jungen ein Kopftuch tragen? Es reicht, wenn ich als erwachsener Mensch und als Frau, in einem demokratischen Land, die Entscheidung dafür oder dagegen treffe.
Mit freundlichen Grüßen

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Herzlichen Dank an Herrn Weitz für sein Plädoyer für die Religionsfreiheit. Wenn bereits kleine Mädchen Kopftücher bzw. Ganzkörperverhüllung tragen, lernen sie beizeiten, welchen Platz sie
einzunehmen haben: nämlich sich zurückzunehmen, in der Öffentlichkeit nicht sichtbar zu werden. Diese Kleidung samt dem dahinterstehenden Erziehungskonzept kann ich nur befürworten.
Konsequenterweise sollten wir auch ein Ja finden zu Zwangsverheiratung von Minderjährigen, Ja zu häuslicher Gewalt, Ja zu Ehrenmorden. Vielleicht gelingt es sogar, den Artkel über die Gleichberechtigung von Mann und Frau aus dem Grundgesetz zu streichen. Ich bin beeindruckt, wie richtig angewandte Religionsfreiheit es ermöglicht,zu den Werten aus der guten alten Zeit zurückzufinden. Hochachtungsvoll

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Sehr geehrter Herr Weitz,
tragen Sie doch Kopftuch, wenn sie es so gut finden.
Nochmal für alle zum Mitschreiben: das Kopftuch ist kein religiöses Symbol und somit hat das Tragen eines solchen nichts mit Religionsfreiheit zu tun.
Die Frauen/ Mädchen sollen sich verhüllen, damit kein Mann " in Versuchung geführt " werden könnte, damit kein Mann, außer dem Ehemann, die Frauenhaare sehen darf.
Es ist ein Teil männlicher Machtausübung. Dies gilt auch für das Tragen dieser Schleier und langen Röcke, die den Unterleib und die Beine verstecken ( auch anzufinden bei Christen und Juden).
Lasst endlich die Mädchen und Frauen in Ruhe!

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"Religionsfreiheit ist anstrengend." Deshalb empfiehlt es sich zu fragen, wer hier warum schwitzen darf, soll oder muss. Üblicherweise wird Religionsfreiheit verstanden als ebenso huld- wie absichtsvoll von der Staatsgewalt verliehene Erlaubnis, für einen Glaubensinhalt oder bevorzugt für manche oder für alle Religionen Reklame machen zu dürfen und sich dann entsprechend aufzuführen. Da müssen eben die Gläubigen schwitzen. In der eher harmlosen Variante betrifft es das Tragen von Kopftüchern, Kippas, Turbanen und Farbklecksen auf der Stirn oder das Anstarren von Kreuzen in Schulzimmern und Behörden.

In der heftigeren Variante muss dann jeder sein Kreuz auf sich nehmen, da es das große Vorbild so vorgemacht hat. Es ist also ein selbstbewusstes und freudiges Ja zu den Zumutungen gefragt, die andere für einen vorgesehen haben. Das ist in der Tat schweißtreibend.

Würde man Religionsfreiheit mal lesen als Freiheit von Glauben und Religion, wäre diese Sorte von Anstrengung für den Normalmenschen weg. Da müssen sich eben die Machthaber anstrengen, wie sie das gemeine Volk zum Gehorsam, also zum engagierten und verantwortungsvollen Staatsbürgertum, bringen, wenn die Tour per liebem Gott nicht mehr zieht. Offenbar sind auch auf diesem Gebiet bereits große Fortschritte erzielt worden.

Freiheit von der Religion lässt sich, wenn überhaupt, nur durch erfolgreiche Kritik an den Glaubensinhalten erzielen. Eine solche Kritik ist das glatte Gegenteil von staatlichen Verboten der Glaubensausübung. Wer das Kopftuch ganz oder bei jungen Mädchen verbieten lassen will, gibt unverblümt zu, dass er keine Argumente gegen das Kopftuch kennt oder denen keine Überzeugungskraft bei den Eltern zutraut.

Am peinlichsten wird es dann, wenn der Ruf nach Staatsgewalt gegen Kleidungsbräuche, die in manchen moslemischen Kreisen üblich sind, ergänzt wird durch die Behauptung, die hiesige Platzhirschreligion sei eine herzensgute Angelegenheit, abgesehen von den bedauerlichen Fehlentwicklungen, angeblichen Missbräuchen und den wohlfeilen schwarzen Schafen.

Traugott Schweiger

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Nein ,Herr Weitz, in unseren öffentlichen Erziehungseinrichtungen dürfen Eltern ihre Kinde nicht einhüllen.Wenn sie das privat zu Hause machen, können wir keinen Einfluss nehmen. Das gilt auch für Ihre merkwürdigen Beispiele, bei denen es sich glücklicherweise auch mehr um Einzelfälle handelt.
In unseren Kitas und Schulen sollen alle Kinder die gleichen Rechte und Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung haben.Mädchen und Jungen sollen toben, laufen, klettern und vieles mehr ganz ohne Einschränkungen dürfen. Sie sollen an allen Sportarten und sonstigen Unternehmungen mit Freude teilnehmen dürfen. Und das Wichtigste : In unseren Schulen und Kindergärten wollen wir, so gut es geht, den Frieden gewährleisten.
In unserer Schule haben wir das Kopftuch verboten, als wir feststellten, dass es gegenseitige Ausgrenzungen gab. Da die muslimischen Gruppierungen untereinander nicht einig sind, ob es sich bei der Kleiderordnung um Tradition oder religiöses Gebot handelt, finde ich erst recht ein Verbot als angemessen. Die Mädchen können sich frei entscheiden, wenn sie erwachsen sind.
Ich könnte noch viele weitere Argumente für unsere Entscheidung nennen. Für alle gilt ein klares "Nein" zu Ihren Ansichten.

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