Streitfälle - Kolumbien
CALDONO, COLOMBIA - DECEMBER 14 : 120 ex-Farc fighters, mostly indigenous and members of the Nasa community completed their training in production of hass avocados, tree tomatoes, fish farming and handicrafts, in the municipality of Caldono, Cauca, Colombia on December 14, 2018. (Photo by David Leonardo Rubio Olivera/Anadolu Agency/Getty Images
David Leonardo Rubio Olivera/Getty Images
Die Gewalt in Kolumbien nimmt wieder zu
2016 hat Kolumbien den Friedensvertrag mit den FARC-Rebellen geschlossen, die Kämpfer wurden entwaffnet. Doch nun stockt der Prozess.
Sebastian DrescherPrivat
01.07.2019

chrismon: Wie steht es um den Friedensprozess?

Bischof Atahualpa Hernández: Das Abkommen mit der FARC hat viele Leben gerettet. Die Entwaffnung der Kämpfer verlief relativ erfolgreich. Mitglieder der Guerilla­bewegung sitzen heute als Abgeordnete im Parlament. Aber das Abkommen ist in der Bevölkerung umstritten. Und die neue Regierung unter Präsident Iván Duque, der 2018 gewählt wurde, tut nicht genug für die Umsetzung.

Wo bremst die Regierung?

Präsident Duque hat Einspruch gegen die Sonderjustiz für den Frieden erhoben. Sie soll zur Wahrheitsfindung und Wiedergutmachung beitragen und Täter nicht nur ver­urteilen, wie die reguläre Justiz es tut. Die Haltung des Präsidenten sorgt für Ungewissheit, weil viele nicht ­wissen, vor welchen Gerichten sie sich verantworten 
müssen. Außerdem mangelt es teilweise an Unterstützung für die ehemaligen Kämpfer. Vielen fällt es schwer, Jobs ­
zu finden. Einige Gruppen, die früher zur FARC gehörten, haben auch deshalb wieder zu den Waffen gegriffen.

Atahualpa HernándezEnno Haaks

Atahualpa Hernández

Atahualpa Hernández ist seit 2016 Bischof der Evangelisch- Lutherischen 
Kirche in Kolumbien. Der 37-Jährige lebt in Bogotá und vertritt rund 3000 Kirchen­mitglieder in 
verschiedenen 
Landesteilen.

Kann Ihre Kirche den Prozess unterstützen?

Wir helfen früheren Kämpfern und ihren Familien, sich eine neue Existenz aufzubauen. Wir haben ihnen Land bereit­gestellt, das sie gemeinsam mit den ansässigen Bauern bewirtschaften können. Außerdem haben wir sie beim Aufbau einer Fischzucht unterstützt. Das Projekt soll zeigen, dass die Ex-Rebellen einen positiven Beitrag leisten können.

Mischen Sie sich auch politisch ein?

Ja, wir sind Teil einer Plattform, auf der sich verschiedene Kirchen für den Frieden einsetzen. Aus unserem Glauben heraus versuchen wir auch, den Opfern beizustehen. Wir bieten ihnen zum Beispiel psychosoziale Beratung an.

Im Januar scheiterten die Gespräche zwischen der Regierung und der ELN, der zweitgrößten Guerillagruppe Kolumbiens. Welche Folgen hat das?

Die Regierung hat die Verhandlungen mit der ELN nicht entschieden genug geführt. Das ist ein Grund, warum die Gewalt zugenommen hat. Die ELN ist besonders im Norden an der Grenze zu Venezuela aktiv. 1,5 Millionen Venezolaner sind nach Kolumbien geflohen. Das macht die Situation noch komplizierter. Wir Kirchen fordern von der ELN und der Regierung, den Dialog wieder aufzunehmen.

Kommt es zwischen geflüchteten Venezolanern und Einheimischen zu Konflikten?

Normalerweise sind die Kolumbianer sehr gastfreundlich. Aber es gibt auch Fremdenfeindlichkeit und Neid, weil die Venezolaner für weniger Lohn arbeiten. Hinzu kommt, dass internationale Organisationen Hilfe für die Venezo­laner schicken. Bedürftige Kolumbianer, zum Beispiel Bauern, die vom Bürgerkrieg vertrieben wurden, gehen leer aus.

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