Acht Jahre sind genug
Union und SPD dämmern, ausgelaugt und ohne Ideen, dem Ende der Großen Koalition entgegen. Es könnte anders sein, munterer - wenn die Amtszeit der Kanzler begrenzt wäre und frische Ideen schneller an die Macht gelangen könnten
Tim Wegner
26.06.2019

Die SPD? Zerfällt nach dem vernichtenden Ergebnis bei der Europawahl vor aller Augen. Andrea Nahles zieht sich von allen Parteiämtern und aus dem Bundestag zurück. Und weil vorerst niemand die kriselnden Sozialdemokraten allein führen möchte, muss eine Troika als Interimslösung her.

Tim Wegner

Nils Husmann

Nils Husmann ist Redakteur und interessiert sich besonders für die Themen Umwelt, Klimakrise und Energiewende. Er studierte Politikwissenschaft und Journalistik an der Uni Leipzig und in Växjö, Schweden. Nach dem Volontariat 2003 bis 2005 bei der "Leipziger Volkszeitung" kam er zu chrismon.

Die CDU? Scheitert daran, eine angemessene Antwort auf einen jungen Mann zu finden, der ihr auf Youtube die Leviten gelesen hat. Ratlos steht die Partei mit dem "C" im Namen, das ja allein schon Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung sein sollte, vor den Protesten junger Menschen, die mehr und besseren Klimaschutz fordern.

Und was macht Angela Merkel, seit fast 14 Jahren Bundeskanzlerin und langjährige CDU-Vorsitzende? Sie thront über allem, als gehe sie das Siechtum der Großen Koalition schon nichts mehr an. Bis 2021 wolle sie ihr Amt ausüben, versichert sie – und freut sich über die Ehrendoktorwürde, die ihr jüngst in Harvard verliehen worden ist. Dort war sie als Kanzlerin gefeiert worden, die in Deutschland Mindestlohn und rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren durchgesetzt habe.

Eine bitterere Symbolik für die SPD hätte es nicht geben können. Die Forderungen nach gleichen Rechten für Homosexuelle – einschließlich auf die Adoption von Kindern – und nach einem Mindestlohn hatte Merkel jahrelang ausgesessen. Die SPD hat sie gegen Merkel durchgesetzt - aber die Kanzlerin wird dafür gefeiert. Merkels Geheimnis: Einfach so selten wie möglich konkrete Forderungen stellen, den Amtsbonus nutzen – und alle, die Ideen fürs Land äußern, im Sturm der Entrüstung zerschellen lassen.

Aus Unionssicht ging das lange gut, aber die SPD, die aus staatspolitischer Verantwortung 2018 doch noch einmal in eine Koalition unter Merkel eintrat, hat es ausgelaugt. Die CDU ist zum inhaltsleeren Kanzlerinnenwahlverein geworden und hat, nimmt man die Europawahl im Mai als Maßstab, seit der Bundestagswahl 2013 noch mehr Zustimmung verloren als die SPD.

Die Bundestagsabgeordneten sollten die Amtszeit des Bundeskanzlers begrenzen. Zwei Wahlperioden sind genug. Union und SPD haben viele Talente verschlissen, weil die wichtigste Position im Staat blockiert war. Heute finden die einstmals großen Volksparteien deshalb kaum noch Antworten auf aktuelle Fragen.

Es könnte anders sein – munterer.

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