Kirchentag - Achtung, Satire!
Kirchentag - Achtung, Satire!
chrismon
"Wir wollen erkannte Wahrheit aussprechen." - Wie bitte?
Die Sprache, die sich viele Theologen 
im Studium angewöhnt haben, ist voller Floskeln. Andere Theologen glauben zu verstehen, 
was sie meinen. chrismon liefert die Übersetzung.
Johanna Bergner, Redaktions-PraktikantinLena Uphoff
14.06.2019

Die Vorbereitungen verdichten sich.
Wir haben noch wenig bis gar nichts auf die Reihe 
bekommen.

Kirchentagsluft schnuppern.
Japsend von Veranstaltung zu Veranstaltung rennen.

Der Kirchentag ist unterwegs.
Niemand weiß, wo wir stehen und wo die Reise hingeht.

Wir wollen einen Kirchentag, der nachhaltig wirkt.
Bitte vergesst uns nicht!

Dieser Kirchentag öffnet und weitet unseren Blick.
Es tut sich was in der Filterblase.

Wir wollen ein Ort der Begegnung sein.
Grauhaarige, weiße Akademiker nehmen sich Großes vor.

Feiern wir das Fest des Glaubens!
Protestanten unter sich.

Es ist eine spannende Aufgabe, mit Gästen den Glauben 
zu kommunizieren.
Formulieren Sie einen grammatisch korrekten Satz ­
mit "spannende Aufgabe", "Gäste", "Glaube" und "kommuni­zieren". Vermeiden Sie das Wort "missionieren".

Wir haben zehn Thesen für die Zukunft der Kirche 
entwickelt.
Innerhalb der nächsten zehn Jahre ändert sich hier nichts.

Die Reformation dauert an.
Die Welt ändert sich, und wir springen auf jeden Zug auf.

Orientierung bieten.
Sagen, wo es langgeht.

Wir müssen zunächst die Bedarfe verorten.
Worum geht es hier eigentlich?

Je und je.
Immer wieder.

Existenziell.
Es hat etwas mit mir zu tun.

Ein Auftrag zur Weiterarbeit.
Keine Lösung in Sicht, Problem vertagt .

Wir warten erst die Ergebnisse der Kommission ab.
Das wird nix.

Auch denen zuhören, die nicht im Kernbereich 
der Kirche leben.
Manchmal dringt etwas in unsere Filterblase.

Unsere Facebook-Freunde.
Mitglieder zwischen 50 und 75.

Es ist kein Showgottesdienst.
Ist es doch.

Wir kennen uns aus vielen Bezügen.
Gemeint sind nicht die Bettbezüge, sondern: Wir sind uns schon mehrmals an unterschiedlichen Orten begegnet.

Es erwächst für uns Christen eine besondere ­Verant­wortung.
Es wächst nicht nur, es erwächst.

Mit Gottes Geist verschlossene Türen öffnen.
Lass Gott mal machen; wir mischen uns da nicht ein.

Wir wollen ein Zeichen des Glaubens setzen.
Wir wollen uns in Szene setzen, aber bitte ohne etwas, 
das wehtut.

Wir bringen unsere Themen ganz konkret auf den Tisch.
Unsere Anliegen sind: . . .

Das könnte ein Oberbegriff sein.
Ich will mich nicht festlegen.

Hier wird der Mensch zu sich selbst gebracht.
Sollen die Leute doch bleiben, wie sie sind.

Ich lasse Ihnen gerne den Vortritt.
Ich hab keine Lust.

Da bin ich ganz bei Ihnen.
Ja – und?

Das macht Sinn.
Verstehe ich nicht. Aber lass ihn mal reden.

Wir atmen den Geist der evangelischen Freiheit.
Heute gab es wieder Zoff.

Es steht ein theologisches Motiv dahinter.
Achtung, jetzt kommt ein längerer Vortrag, den wieder
keine Sau versteht.

Frei nach Luther.
Wir wissen es sogar noch besser als Luther.

Sie haben gerade ganz neue Perspektiven aufgezeigt.
Thema verfehlt, am besten halten Sie den Mund.

Wir müssen anfangen, eine Sprache zu sprechen.
Lasst uns wieder schwurbeln, dann kriegt keiner mehr die Widersprüche mit.

Die Kinder werden nun in den Kindergottesdienst 
verabschiedet.
Endlich haben wir unsere Ruhe!

Wir wollen erkannte Wahrheit aussprechen.
Klappe halten, jetzt rede ich!

Weniger ist manchmal mehr.
Und nächstes Mal fassen Sie sich kürzer, ist das klar?!

Ich habe vollstes Verständnis.
Sie können mich mal.

Ausruhen, ankommen, sich angenommen fühlen.
Ringelpiez mit Anfassen.

Wir nehmen Spuren von Gottes Gegenwart wahr.
Schön hier – auch wenn es sonst keiner merkt.

Sie können nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.
Es ist alles aus.

Haben Sie ein bisschen Gottvertrauen.
Ich weiß ja auch keinen besseren Weg.

Gott sieht Ihre Sorgen.
Nicht mein Problem.

Gott sagt . . .
Ich sage . . .

Toll, dass Sie alle hier sind!
Schade, dass nicht mehr gekommen sind.

Tragen Sie Ihre Sorgen vor Gott!
Bloß nicht vor mich!

Wir hoffen auf einen fruchtbaren und kritischen Dialog.
Hoffentlich sind wenigstens die Schnittchen gut.

Das Gewordene und das Gewesene.
Alles.

Machen wir uns gemeinsam auf den Weg!
Danke fürs Zuhören!

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In meinem Studium kamen diese Floskeln nicht vor. Sie entstammen zu 100% aus der kirchlichen Praxis.

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