Teilt euch die Elternzeit - aber "fifty-fifty"!
Mehr Väter als je zuvor beantragen Elternzeit. Ist das schon die Gleichberechtigung? Mitnichten!
Tim Wegner
28.05.2019

Dafür werden wir uns wieder feiern: Immer mehr Väter beziehen Elterngeld. Das hat das Statistische Bundesamt anlässlich des "Vatertages" - der ja eigentlich Himmelfahrt heißt, aber das nur am Rande - mitgeteilt. Damit war knapp jeder vierte Elternteil (24 Prozent), der 2018 Elterngeld bezogen hat, ein Mann. Von Jahr zu Jahr gebe es mehr Väter, die Elterngeld beziehen, sagen die Statistiker. 2015 waren es nur 326 000 Väter – mittlerweile aber 433 000.

Tim Wegner

Nils Husmann

Nils Husmann hat drei Kinder, die heute drei, sechs und neun Jahre alt sind. Von jeweils 14 Monaten Elternzeit nahm er jedes Mal die Hälfte und war 21 Monate lang Hausmann.

Alles super also mit der Gleichberechtigung? Können die Papas sich am Vatertag mal zu Recht den Kanal vollkippen, weil sie ihren Partnerinnen helfen, ein gleichberechtigtes Leben zu leben? Nein. Denn die Statistik besagt auch: Väter beziehen das Elterngeld im Schnitt für 3,8 Monate. Mütter dagegen für 14,2 Monate. Wer sich im Freundes- und Bekanntenkreis umhört, kennt die Geschichten, in denen Väter exakt die zwei Monate Elterngeld beantragen, die es braucht, um die Leistung als Elternpaar für 14 und nicht nur für zwölf Monate beziehen zu dürfen. Und, oh Wunder, diese zwei Monate bezeichnen viele Väter dann als Urlaub, der es oft auch ist. Denn häufig ist die Mutter ebenfalls noch zu Hause. Und das Elternpaar unternimmt dann weite und lange Reisen mit dem Kind oder den Kindern.

Papa bleibt zwei Monate zu Hause? Das ist keine Gleichberechtigung!

Keine Frage: Auch das bereichert ein Kinderleben. Und es ist besser als nichts; besser jedenfalls als all die abwesenden Väter aus der Zeit, in der Ehefrauen allen Ernstes noch ihren Mann fragen mussten, ob sie arbeiten dürfen. Aber es ist eben keine Gleichberechtigung.

Ein Grund zu feiern wäre es, wenn sich Mütter und Väter die Elternzeit teilen. Und - denn nach der Elternzeit geht der Vereinbarungsstress erst richtig los, wenn die Kita geschlossen oder das Kind mal wieder krank ist - wenn Mütter und Väter beide Teilzeit arbeiten, um die Familienarbeit aufzuteilen. Erst kürzlich hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung herausgefunden, dass Frauen deutlich mehr unbezahlte Haus- und Familienarbeit leisten als Männer. Übrigens auch an Sonntagen, wenn kaum ein Mann bei der Arbeit ist. Am siebten Tage sollt ihr ruhen, heißt es, aber Frauen erledigen sonntags im Schnitt eineinhalb mehr Stunden Hausarbeit als ihre Partner.

Wenn der Vater nicht den verschmierten Strampler wäscht, macht es keiner

Das ist ungerecht, und die Rollenbilder, die dahinter stehen, müssen aufgebrochen werden. Das können Väter am besten einüben, wenn die Kinder klein sind und Arbeit machen. Und wenn Papa merkt: Wenn ich der Kleinen jetzt nicht den bekleckerten Strampler in die Waschmaschine lege, macht es niemand. Klingt profan – und ist auch so. Aber das Sein bestimmt eben allzu oft das Bewusstsein.

Wenn Paare nicht schon zu einer modernen Rollenverteilung finden, solange der Nachwuchs noch neu auf Erden ist, sind es in der Regel die Frauen, die den Preis bezahlen. Es kommt ein zweites Kind? "Ach, dann machen wir es so wie bei Nummer eins; ich setze aus, und du gehst arbeiten." Dieses Denken vertieft die Verdienstkluft zwischen Männern und Frauen. In einer Zeit, in der Menschen Karriereschritte machen, sind die Frauen oft zu Hause. Viele finden nie mehr den Anschluss, während die Väter sich fröhlich weiter befördern.

Die Mütter müssen lernen loszulassen

Ein neues, faires Rollenverständnis hält freilich auch für Mütter eine Aufgabe bereit, die vielen Frauen schwerfällt: Sie müssen die Papas machen lassen, sie müssen vertrauen und loslassen.

Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind jedenfalls kein Grund zum Feiern. Im Gegenteil. Der Weg ist noch weit. Und wenn die Papas ihn zurückgelegt haben, können sie sich gern und zu Recht mit dem Bollerwagen auf den Weg machen.

 

 

 

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