Geht doch - Mehr Gerechtigkeit für Arme
Geht doch - Mehr Gerechtigkeit für Arme
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Mehr Gerechtigkeit für Arme
In vielen Ländern des globalen Südens gibt es großartige Gesetze, die die Massen der Armen schützt. Doch westliche Industrieländer beharren auf ihren Individualrechten.
16.05.2019

Kostenlose Schulspeisung für Kinder, Ergänzungsnahrung für Schwangere, subventioniertes Saatgut für Bauern mit wenig eigenem Land – das gibt es in Indien seit 2001. Da nämlich war der Menschenrechtsanwalt Colin Gon
salves vor den Obersten Gerichtshof gezogen und hatte im Namen der Armen ein "Recht auf Nahrung" erklagt. Möglich war das, weil das indische Recht eine derartige "Klage im Namen der Allgemeinheit" (Public Interest Litigation) grundsätzlich erlaubt. Trotz neuer Gesetze und guter Wirtschaftslage wird es aber wohl noch viele Jahre dauern, bis in Indien niemand mehr hungern muss.

Westliche Länder müssen sich ein Beispiel nehmen

In Deutschland oder anderen westlichen Industrieländern sind Klagen im Namen der Allgemeinheit nicht vorgesehen. Deren geltende Rechtsauffassungen stellten immer das Individuum und nicht die ­Masse der Bevölkerung ins Zentrum, kritisieren Gonsalves und seine Kollegen und finden, dass sich die westlichen Länder ein Beispiel nehmen müssten. Gezielt würden nämlich ­arme und weniger gebildete Menschen aus den Gerichten herausgehalten: "Wenn ein Anwalt wie ich in den USA das Recht für Obdach­lose auf ein Dach über dem Kopf erstreiten würde", sagt Gonsalves, "müsste das Land seine Gesetze ändern und das Sozial­budget erhöhen." Dazu wolle ja niemand gesetz­lich verpflichtet werden.

Aber auch mit anderen juristischen ­Mitteln, sagt der Berliner Menschenrechts­anwalt Wolfgang Kaleck, komme man voran. Kaleck, Gründer des "European Center for Constitutional and Human Rights", setzt mit internationalen Kollegen auf die sogenannte strategische Prozessführung. "Wir nutzen beispielhafte Einzelfälle, um politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen anzustoßen und das Recht fortzubilden", sagt er.

Tim Wegner

Dorothea Heintze

Dorothea Heintze ist Journalistin und Moderatorin. Viele Jahre war sie als Redakteurin bei chrismon angestellt, dort auch verantwortlich für die Website. Mittlerweile ist sie freie Autorin mit den Schwerpunkten Stadtentwicklung und nachhaltige Ernährung. Für chrismon schreibt sie die Wohnlage und betreut die die Projektseite und die Webinare. Sie moderiert zusammen mit Thomas Sampl von der Hobenköök in Hamburg den Hobenschnack und beschäftigt sich seit Jahren auch ehrenamtlich immer wieder mit der Frage: Wie wollen wir als Gesellschaft zusammenleben? Sie ist Autorin mehrerer Hamburg-Reiseführer und engagiert sich als Gründungsmitglied von ProQuote Medien für mehr Frauen an der Spitze in den deutschen Medien.

So haben drei Angehörige von Kriegsopfern aus dem Jemen vor dem Oberverwaltungs­gericht Münster gegen die Bundesregierung geklagt und zum Teil recht bekommen: Deutschland muss darauf hinwirken, dass die USA bei der Nutzung ihrer Militärbasis Ramstein das Völkerrecht einhalten. Und: Erste kleine Erfolge gibt es auch im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen in den Textil­fabriken Bangladeschs oder Pakistans.

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