Film - Anime und Familie
Film - Anime und Familie
Studio Chizu Film 2012 "Wolf Children" Film Partners
Achterbahn der Gefühle
Kulleraugen, Stupsnasen - die Helden der Mangaserien kommen harmlos daher. Dabei erzählen sie von einer Welt voller Abgründe.
Lena Uphoff
15.01.2019

Hana ist mit Anfang zwanzig schon Witwe geworden, sie hat keinen Job und muss zwei Kinder großziehen, von denen eins nicht schläft und nicht isst. Aber das sind nicht die einzigen Probleme. Wirklich schwierig wird es, als Ame und Yuki beginnen, in der winzigen Mietwohnung allnächtlich den Mond anzuheulen. Zum Kinderpsychologen kann Hana mit den beiden nicht gehen. Die sind einfach so: halb Mensch, halb Wolf. Also zieht die Familie in ein einsames Haus auf dem Land. Und es ist ein ekstatischer Moment, wenn die Wolfskinder, die ihre Natur vor Freunden und Nachbarn verbergen müssen, endlich die Krallen ausfahren und im verschneiten Gebirge herumtoben können.

Lena Uphoff

Sabine Horst

Sabine Horst, Redakteurin bei epd Film, entdeckte Animes mit ihrem Sohn. Und hat in den letzten drei Jahren volle 28 Tage 
damit verbracht.

Familienleben im japanischen Anime: Das ist eine verrückte Sache, eine Achterbahn der Gefühle. So wie Animes überhaupt. In Japan selbst bezeichnet der Begriff jede Form von Trickfilm, gleich welcher Herkunft. Bei uns ist damit die spezifisch japanische Variante des gezeichneten, inzwischen auch computeranimierten Films gemeint. Das ist sinnvoll, denn es handelt sich dabei um eine ganz eigenständige Bildwelt mit einer hundertjährigen Tradition. Das deutsche Publikum lernte den Zeichenstil von Animes in den 1970er ­Jahren kennen. TV-Serien wie "Die Biene Maja" und "Wickie und die starken Männer" wurden in Japan produziert.

Könnten wir sie nicht zurückholen? Der Fullmetal Alchemist und sein Bruder trauern um die Mutter

In den 1990er Jahren kam es zu einer kleinen Explosion: Die kunstvollen Spielfilme von Hayao Miyazaki begannen, das internationale Festivalpublikum und die Kri­tiker zu verzaubern, Actionserien wie "Dragonball" drehten Dauerschleifen im Privatfernsehen, und ein typisch japanisches Untergenre der ScienceFiction, das um künstliche Lebensformen und die möglichen Folgen 
der Digitalisierung kreist, wurde von Filmemachern im Westen kopiert.

Junge Menschen in komischen Kostümen

Heute sind wohl die meisten irgendwie und irgendwo schon mal mit dieser Kultur in Berührung gekommen. Zum Beispiel am Rand ­einer Messe oder Convention, wo sich junge Leute in komischen Kostümen sammeln. Oder in einer größeren Buchhandlung, die Mangas führt, den Rohstoff der Anime-Produktion: 
meist schwarz-weiße japanische ­Comics, die man von hinten nach vorn und von rechts nach links liest. Vielleicht läuft auch gerade ein Anime auf einem Tablet im Zimmer des ­Dreizehnjährigen, da wäre dann etwas in der Art zu sehen: Kids mit Spiegeleiaugen und grellfarbigen Haaren, die einander mit Energie­bällchen bewerfen.

Fantastisch normal sind "Meine Nachbarn die Yamadas"
Der Clan in "Summer Wars" ist ans weltweite Netz angeschlossen

Anders als die Menge der Comics und Animationsfilme bei uns wurden Mangas und Animes in Japan allerdings nie als schlicht, kindisch oder einfach nur "speziell" wahrgenommen. Manga-Zeichner gelten als Künstler, Animes sind die populärste Form des Films, und sie bedienen praktisch jede Zielgruppe. Das Spektrum reicht von "Pokémon" bis zum Porno, von epischen, fürs westliche Auge ruppig animierten Abenteuerserien mit Hunderten 
von Folgen bis zum aufwendig hergestellten Spielfilmsolitär, es umfasst Action, Krimis, Horror, Liebesgeschichten, Sport- und Musikshows. Und selbst die scheinbar harmlosen Animes können in traumatische, sozial und psychologisch konfliktreiche 
Zonen vorstoßen.

Ein Stück Leben

Vom Thema Familie ist die Anime-Szene auf den ersten Blick weniger be­sessen als die westliche Popkultur. Die Idee, dass Familienleben stattfindet, wo ein paar Blutsver­wandte auf einem Sofa um die Fernbedienung streiten, scheint den Japanern eher fremd. Und wenn man hier Serienclans findet, die so im eigenen Saft schmo­ren wie die "Familie Feuerstein" oder "Die Simpsons", dann liegt das nicht zuletzt an westlichen Einflüssen – so war etwa "Sazae-san", eine 
ungeheuer langlebige Manga- und Anime-Geschichte um eine Mutter mit Alltagsproblemen, an amerikanische TV-Cartoons angelehnt. Das Genre, das dem Familienfilm heute am nächsten kommt, läuft unter dem vagen Stichwort "slice of life" – ein Stück Leben; auch Shojo, Anime für Mädchen, tendiert in die Richtung. Vielleicht könnte man sagen, dass die Familie im Anime so etwas wie ein allgemeines Referenzsystem ist, das ziemlich unterschiedliche aktuelle Ausprägungen hervorbringen kann.

Die Serie "Usagi Drop" zielt auf erwachsene Frauen
Die können hier zuschauen, wie ein Single in die Vaterrolle hineinwächst

Kinder – allein da draußen

Wer seine Anime-Forschungen mit den international besonders erfolgreichen Serien beginnt, muss denken, Japan sei eine elternlose Gesellschaft. Lange bevor im Westen Jugendliche 
als politische Erlöserfiguren auf­traten – wie Katniss Everdeen in den 
"Panem"-Romanen –, war es im Anime 
üblich, große gesellschaftliche Konflikte auf die schmalen Schultern minderjähriger Figuren abzuwälzen. Im "Mecha", einem Untergenre der Science-Fiction, ziehen Kinder und Teens in kosmische Roboterschlachten; 
in Actionhits wie "Naruto", "Full­metal Alchemist", "Fairy Tail" und dem ge­rade sehr angesagten "Attack on ­Titan" werden sie zu Ninjas und ­Soldaten ausgebildet oder erledigen als Spezial­begabte abenteuerliche Missionen. Ihre Familien sind im besseren Fall dysfunktional, im schlechteren wurden sie Opfer von Verbrechen oder grauenhaften Schicksalsschlägen – wobei es auf­fallend oft die Mütter trifft, da wäre für Psychoanalytiker noch was zu tun. Halt finden die verlorenen Kinder in immer neuen Bezugsgruppen, die sich oft um Senseis – Lehrer – ­bilden und familiäre Züge annehmen.

Das ist ein bisschen kompliziert - so ein Zeitreiseding. "Mirai - Das Mädchen aus der Zukunft", so der Titel des Familienfilms, ist in Wirklichkeit die jüngere Schwester des kleinen Kun

Jungs verwandeln sich in Katzen

Aber auch in alltagsnäheren, freundlichen Geschichten müssen die Kids früh erwachsen werden, sich allein durchs Leben schlagen oder den Part der Sorgeberechtigten übernehmen. In der beliebten Manga- und Anime-Serie "Fruits Basket" etwa wird ein verwaistes Schulmädchen, das anfangs im Wald kampiert, von einer Familie aufgenommen, die ausschließlich aus Männern zu bestehen scheint. Die unverwüstlich fröhliche Honda ordnet nicht nur den Haushalt der Somas, sie muss auch ihre grundlegenden sozialen und emotionalen Probleme lösen. Denn auf dem weitläufigen Clan lastet ein Fluch: Werden die Jungs von Frauen umarmt, dann verwandeln sie sich vorübergehend in Katzen, Hunde, Ratten, die Vertreter des japanischen Tierkreises – ein bizarres Bild für die Unfähigkeit, Beziehungen einzugehen.

Die Jungs aus  "The Eccentric Family" können ihre Gestalt ändern
In Normalform sind sie kleine Pelztiere

Verwaiste, vergessene, gestrandete 
und marodierende Kinder gibt es, ­angefangen bei Huckleberry Finn, natürlich auch in unserer Kinder- und Jugendkultur, schließlich sind Abenteuer nur zu haben, wenn die Erwachsenen gerade nicht hingucken. In den Animes hat es damit allerdings eine eigene Bewandtnis. Ihr Jugendkult, ihr Hang zu allem Niedlichen – japanisch "kawaii" – und ihre verführerisch bunten, eskapistischen Bildwelten offenbaren bei genauem Hinsehen eine "dunkle Unterseite, die mehr oder weniger vermittelt auf die Nachkriegserfahrung Japans verweist", wie ein amerikanischer Autor schreibt: auf die rasende Industrialisierung, den Stress einer überhitzten Arbeits- und Konsumgesellschaft und die apokalyptische Drohung der Atommoderne. In der Figur des kämpfenden Kindes ist schließlich auch eine verdrängte Schuld aufgehoben: Die japanische Gesellschaft, die ihre faschistische Vergangenheit nie recht aufgearbeitet hat, kann sich so als verführt und missbraucht imaginieren.

Geborgenheit im Alltag

Lässt sich unter diesen Umständen überhaupt ein normales Familienleben führen? Tatsächlich finden Animes immer wieder und fast überall Bilder, die von der Geborgenheit im Alltag sprechen: das gemeinsame, ritualisierte Bad, die Familie am flachen Tisch oder beim "co-sleeping" auf dem Futon, die liebe­voll mit Reisbällchen und Fischskulpturen gefüllten Lunchboxen, die den Schulkindern mitgegeben werden (Essen ist wichtig im Anime). Die japanische "Familie Mustermann" präsentierte sich 1999 in ­"Meine Nachbarn die Yamadas", einem episo­dischen, an Comicstrips aus den USA erinnernden Film: Papa schafft das Geld heran, die Mutter steht dem Haushalt vor, Oma gibt ihren manchmal ziemlich scharfen Senf dazu, der Sohn lernt bis zur Erschöpfung, 
während die Tochter noch in dem ­Alter ist, in dem man im Einkaufs­zentrum verloren gehen darf.

Unheimlich liebevoll: Der "Black Butler" ersetzt dem verwaisten zwölfjährigen Lord Phantomhive die Familie. Für seine Dienste hat ihn das KInd seine Seele versprochen

Zehn Jahre später verschmolz der Regisseur Mamoru Hosoda – der auch die "Wolfskinder" erfunden hat und einer der profiliertesten Filmemacher im Familiensegment ist – das Porträt einer traditionellen, turbulenten japanischen Großfamilie mit dem Cyberthriller. In der nahen Zukunft, in der "Summer Wars" spielt, muss eine Künstliche Intelligenz ausgeschaltet werden, die in dem weltumspannenden digitalen Netzwerk Oz (wie im "Zauberer von Oz") Amok läuft – und alle helfen mit. Der perfekte Anime-Start für Eltern kleiner Konsolen-Cowboys.

Angst vor der Ehe

Während in Deutschland heute die Singles und Paare überwiegen, leben die meisten Japaner immer noch in Familien. Aber die Größe der Haushalte ist geschrumpft, oft bestehen sie aus Vater, Mutter und einem Kind; Drei-Generationen-Familien sind selten geworden. Das Modell Klein- oder Kernfamilie ist in einer Arbeitswelt, die praktisch auf Überstunden und Urlaubsverzicht gebaut ist, extrem störungsanfällig. Und für die in der Regel gut ausgebildeten Frauen ist es, in Verbindung mit den immer noch traditionellen Rollenerwartungen, eine regelrechte Falle: "Ich wünschte, ich könnte für immer ein Mädchen sein", stöhnt eine genervte Mutter in der Serie "Usagi Drop".
Die Angst vor der Ehe hat in Animes für weibliches Publikum zu einer ausgesprochen kreativen Umwegproduktion geführt.

So erzählt etwa die auch bei uns sehr beliebte, auf der Vorlage einer Manga-Zeichnerin beruhende Thrillerserie "Black Butler" von einem verwaisten zwölfjährigen Adligen, der von einem dämonischen, superkompetenten und umwerfend attraktiven Hausangestellten rundum bedient wird, vom morgendlichen Ankleiden bis zum Schlafritual, erotisch pikante Situationen inklusive. Stellt man sich unter dem kleinen Lord ein Mädchen vor – so flexibel sind Animes allemal –, dann offen-
bart sich hier die ultimative weibliche Versorgungsfantasie: Der Butler trägt in dieser Kleinstfamilie Sorge für alle Bedürfnisse, ist Mutter, Vater – und Liebhaber.

Hier gibt es Geister

Das System Familie, meinen junge japanische Soziologen, schreit nach Reformen – nach zeitgemäßeren ­Rollenkonzepten, die den aushäusigen Mann in die Pflicht nehmen. Im Anime kann die neue Geschlechter­ordnung gefahrlos ge­testet werden. "Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft", der aktuelle Film von Mamoru Hosoda, überführt auf hinreißende Weise den Umbruch, den die Geburt des zweiten Kindes in einer bürgerlichen Kleinfamilie auslöst, in eine Bildungsgeschichte. Kaum ist die Mutter mit dem Baby aus dem Krankenhaus zurück, geht sie schon wieder auf Dienstreise. Der Vater, ein Architekt, plant, zu Hause zu arbeiten und beide Kinder zu versorgen. Das klappt anfangs nicht so gut und dass der vierjährige Kun, der entthronte Prinz, in Verzweiflung gerät, ist nicht hilfreich. Kun muss auf eine magische Zeitreise gehen und die Geschichte seiner Familie erforschen – Kontinuität im Wandel.

Wer war nochmal Disney? "Mein Nachbar Totoro" ist in Japan so beliebt, dass sogar ein Vergnügungspark gebaut wird
Ab auf die Matte und "danke fürs Essen"

Alleinerziehende gibt es im Anime viele; zurzeit aber sind Väter im Erziehungsmodus ausgesprochen en vogue. Und sie machen einen verdammt guten Job. Selbst wenn sie so überraschend zum Kind kommen wie der dreißigjährige Daikichi, der ­
in der impressionistischen, zart gezeichneten Serie "Usagi Drop" impulsiv die Sorge für die uneheliche kleine Tochter seines verstorbenen Großvaters übernimmt – ja, Großvater, stimmt schon. Daikichi merkt schnell, dass sein Job in einem Textil­lager nicht mehr passt – und lässt sich, das muss eine kleine Revolution sein, herunterstufen. In "Poco’s Udon World" wird ein Webdesigner von einem sprachlosen Findelkind aus seinem Großstadt-Karriere-Stupor gerissen – die beiden sind so ineinander verliebt und marshmallow-süß, dass man praktisch spürt, wie sich beim Zuschauen der Zahnschmelz zersetzt. In dem Kind steckt tatsächlich die kuschlige Variante einer japanischen Sagengestalt – es ist ein Tanuki, eine Art Marder.

Rundliche Totoros mit komischen Ohren

Überhaupt, mythische Wesen. Geis­ter. Dämonen. Mutierende Kinder, untote Großmütter, zauberkräftige Pflanzen und weise Tiere. Familien in der vom Shintoismus und Buddhismus geprägten japanischen Kultur müssen mit übersinnlichen Erscheinungen leben – und in der hochgradig künstlichen Welt der Animes, in denen anders als im Realfilm jedes einzelne Bild frei erfunden und gestaltet werden kann, nehmen sie alle nur denkbaren Formen an.

Der berühmteste japanische Kinderfilm, Hayao Miyazakis "Mein Nachbar Totoro" von 1988, bringt zwei kleine Mädchen, die mit dem Vater aufs Land gezogen sind, wo die ­kranke Mutter im Hospital liegt, in Kontakt mit einer Gesellschaft sprachloser Waldgeister. Das Hinreißende an den rundlichen Totoros mit den komischen Ohren ist, dass sie – anders als die märchenhaften Geschöpfe in den Disney- oder Pixar-Filmen – nicht vermenschlicht werden, dass sie ihr Geheimnis bewahren und sogar ein bisschen unheimlich bleiben. Die Mädchen im Film gruseln sich aber nicht, sondern bespielen unbefangen die Zone zwischen dem Realen und dem Fantastischen.

Sexuelle Erregung äußert sich in Nasenbluten

Animes haben früh und ent­schlossen an die westliche Popkultur, vor allem die amerikanische, angedockt, sich aber, wie Totoro, nie ganz angepasst. Sie sind zugleich japanisch und unjapanisch – das macht ihren Reiz aus. Wer Kinder in die Welt der Animes einführen will, heißt es auf einer sehr instruktiven Website für Lehrer, sollte sich auf Fragen gefasst machen.

Gruppenbild mit Ahnen: Der Ninja Naruto, in Orange, seine verstorbenen Eltern (3. und 4. von rechts) und eine aus Freunden und Lehrern bestehende Bezugsgruppe

Zum Beispiel zur ungewohnten Bildsprache. Animes haben für die Gemütszustände ihrer Figuren visuelle Kürzel entwickelt: Schweißtropfen im Haar signalisieren Nervosität; ein Kreuz auf der Stirn sagt "Ärger"; Sabber am Kinn heißt: hier schläft jemand; besonders hübsche, begehrenswerte Jungs können in 
Mädchenserien glitzern wie Disco­kugeln; sexuelle Erregung äußert sich als Nasenbluten . . . Nasenbluten, Erregung? Klar, tritt 
zum Beispiel in ­"Naruto" immer dann auf, wenn der junge Ninja sich ­unter den Augen seiner Lehrer in ein blondes Pin-up-Girl mit großen Brüsten verwandelt.

Animes verhalten 
sich unter vielen Aspek­ten und gerade auf dem Gebiet der Sexualität lässiger als westliche Familienunterhaltung; sie trauen ihrem Publikum mehr zu. Nehmen wir die erste Episode der gerade auf Deutsch erschienenen "Eccentric Family", einer tragikomischen, anspielungsreichen, aber gewöhnungsbedürftigen Serie. Da besucht ein sehr junges Mädchen einen alten Mann, der offenbar so etwas wie ein Ersatzgroßvater ist, in seiner heruntergekommenen Wohnung. Während Opa die Kleine begehrlich beäugt, greift sie zur Zigarette und nimmt einen Drink. Verstörend? Man muss die Szene zerlegen wie eine russische Matroschka-Puppe: Das Mädchen enthüllt sich als Junge, der gern Röcke trägt, aber in Wahrheit auch einer von diesen legendären, gestaltwandelnden, pelzigen Tanuki ist. In "Eccentric Family" leben sie heimlich 
in Kyoto und sind eine gefährdete ­Spezies: Die Menschen machen Suppe 
aus ihnen.

Nicht ganz jugendfrei

Auch nicht so ganz jugendfrei und ähnlich schräg ist der Spielfilm "Tokyo Godfathers" des 2010 verstorbenen Animationskünstlers Satoshi Kon. Der verlegt die Weihnachtsgeschichte, genauer: eine Weihnachtsgeschichte in Anlehnung an den Westernklassiker "Spuren im Sand", in den dreckigen, gewalttätigen Untergrund des nächtlichen Tokio. Die Heiligen Drei Könige sind hier Obdachlose: eine fürsorgliche ehemalige Dragqueen, ein mürrischer Alkoho­liker und eine ausgerissene Minderjährige. Sie finden im Müll ein Baby und nehmen es in Obhut.

Für solche Außenseiter hat der Anime ein großes Herz, für solche Mischungen aus dem Heiligen und Unheiligen ein außergewöhnliches Talent – Kulturwissenschaftler im Westen haben es längst als eines der diversesten ­Genres überhaupt identifiziert. Und so muss man sich die Anime-Familie als ziemlich 
anarchisches Unternehmen vorstellen, 
als experimentelles Netzwerk von Beziehungen, in dem sich Verwandtschaft nicht auf ein paar gemeinsame Gene gründet, sondern auf eine Haltung: Zuwendung, Solidarität und die Bereitschaft, sich auf andere einzu­lassen. Selbst wenn sie den Mond anheulen und Fangzähne haben.

Produktinfo

Bezugsquellen & Anspieltipps

Die Klassischen
Mein Nachbar Totoro, Universum, DVD
Summer Wars, Kazé, DVD
Ame & Yuki – Die Wolfskinder, Kazé, DVD (Stream bei Anime on Demand)
Your Name, Universum, DVD (Makoto Shinkais Fukushima-Allegorie war ein kleiner Überraschungshit in deutschen Kinos.)
Naruto und Naruto Shippuden, KSM Anime, DVD
Fullmetal Alchemist, Brotherhood, KSM Anime, DVD

Die Schrägen
The Eccentric Family, Universum, DVD
Tokyo Godfathers, Stream bei Amazon Prime

Aus dem Leben gegriffen
Clannad/After Story, Filmconfect, DVD (Epische Serie um eine Gruppe von Schülern, die ins Erwachsenenleben starten)
Sweetness and Lightning, Stream bei Crunchyroll (Ein alleinerziehender Lehrer lernt mit seiner Tochter kochen)
Usagi Drop, Stream bei Anime on Demand

Demnächst im Kino
Mirai – Das Mädchen aus der Zukunft, Kazé, wird im Frühjahr starten

Auf Animes spezialisierte Streamingplattformen:
www.anime-on-demand.de
www.crunchyroll.com
www.filmconfect.de
www.prosiebenmaxx.de

Fans schauen Animes im Original mit Untertiteln. Es lohnt sich: Die Sprecher sind sehr gut, und wenn man sich ein bisschen eingehört hat, transportiert der Originalton die Gefühle besser.

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