Das Kunstwerk - The Scapegoat, William Holeman Hunt

William Holeman Hunt, The Scapegoat (1854-55), Courtesy National Museums Liverpool, Lady Lever Art Gallery

Das Kunstwerk - The Scapegoat, William Holeman Hunt

Das Kunstwerk: William Holtman Hunt: The Scapegoat (1854 - 55)

Ab in die Öde
William Holman Hunt malte seinen Sündenbock am Toten Meer, 
wo das historische Sodom vermutet wird.

Dieser Bock kann einem leid­tun. Vom englischen Maler William Holman Hunt eigens 
ans Tote Meer verfrachtet, muss das Tier ­Modell stehen für alle Sünden­böcke dieser Welt. Das Gebirge strahlt zwar anmutig in der Morgenröte, aber den Bock umgibt eine Landschaft des Todes. Ausgedörrte Salzwüste, Totenschädel, alte Gerippe. So ungefähr stellte sich das Ambiente für die ­Ziegenböcke dar, die zu Mose Zeit mit den Sünden des Volkes Israel beladen in die Wüste geschickt wurden.

Lukas Meyer-Blankenburg

Lukas Meyer-Blankenburg ist freier Journalist mit Hang zur Kunst
PrivatLukas Meyer-Blankenburg

William Holman Hunt war selbst ein tiefgläubiger Mensch und wollte mit seinem "Sündenbock" von 1854 nicht nur eine detailgetreue Abbildung des Tieres ­schaffen, sondern brachte in seinem Bild auch viele Anspielungen unter.

Mit der Landschaft nahm er es aber sehr genau. Denn Hunt war Mitbegründer des Künstlerbundes der Prä­raffaeliten, einer Bewegung, die Ende des 19. Jahrhunderts für die naturgetreue Darstellungsweise in der bildenden Kunst eintrat und alle impressionistischen oder expressionistischen Verfremdungen verwarf. ­Bibelfest und naturverbunden reiste Hunt ins Heilige Land und stellte ­seine Staffelei an den Ort, an dem die 
historische Stadt Sodom vermutet wird. Also die Stadt, die Gott wegen seiner sündhaften Bewohner mit Feuer und Schwefel überschüttet haben soll. Das ist ganz schön viel Symbolik für einen naturalistischen Maler.

Anspielungen auf Jesus

Es geht aber noch mehr: Denn für Hunt deutet der Sündenbock aus dem Alten Testament auf einen ge­wissen Jesus aus dem Neuen Testament hin. Das scharlachrote Tuch zwischen den Hörnern des Tieres sym­bolisiert die blutige Dornenkrone des Ge­kreuzigten. Das weiße Fell ist eine Anspielung auf das Unschuldslamm Jesus, der ja das Schicksal des Ziegenbocks teilte und für die Sünden der Menschen sterben musste.

Was das echte Tier angeht, hatte der Maler Hunt für diesen Fall vorgesorgt. Als sich sein Modellbock ob der schweren Arbeitsbedingungen in die ewigen Jagdgründe verabschiedete, besorgte sich der englische Künstler einfach eine neue Ziege. Praktisch, wenn man gleich mehrere Sünden­böcke hat.

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