Andreas Schneider keltert die ersten Äpfel 2018
Andreas Schneider keltert die ersten Äpfel 2018
Bernd Roselieb
Der junge Wilde
Hä, Ananasrenette? Die wächst bei Andreas Schneider an den Bäumen. Er hat alte Äpfel hip gemacht – mit Glück und harter Arbeit. Ein Besuch auf dem Obsthof am Steinberg.
Tim Wegner
Tim Wegner
Tim Wegner
25.09.2018

Morgen Abend kann schon alles anders sein. Andreas Schneider schaut mit ernstem Blick auf die Baumreihen vor seinem Hof. 125 Apfelsorten wachsen hier, im Norden von Frankfurt am Main, auf 8500 Bäumen. Meteorologen warnen vor einem Ge­wittersturm. "Das hatten wir schon mal, 2005: Statt 50 000 Litern Apfelwein konnten wir nur 9000 keltern, weil ein Tornado alles von den Bäumen geholt hat. Da stehst du nach 15 Minuten vor dem Nichts." Nach einem Sturm könnte es auch weniger Äpfel für den Hofladen geben. So wie 2017, als später Frost den Blüten zusetzte. Schneider trägt Verantwortung für 30 Mitarbeiter, er mag sich nicht ausmalen, was noch eine "Nullrunde" bedeutet. Aber dann zählt er doch Ideen auf, die man verfolgen könnte – mehr Events und Vorträge, mehr Feste in der Schoppenwirtschaft. Mehr Werbung für den Hofladen, mehr Apfelweinexporte nach Schweden und Japan.

In Raumluft duftet sie nach Ananas und hält bei guter Lagerung bis Februar durch

Dabei will Schneider das eigentlich nicht – Werbung machen. Er möchte, dass die Leute kommen, "weil es ihnen schmeckt". Andreas Schneider, Jahrgang 1970, die dunklen Haare zum Pferdeschwanz gebunden, wuchs auf dem Obsthof auf, den seine Eltern 1965 gegründet haben. Während seiner Ausbildung zum Obstbauern lernte er alte Apfelsorten kennen – und war begeistert vom Geschmack.

Eine Übersicht, wo Sie alte Apfelsorten kaufen können, finden Sie auf unserer Apfelkarte.

Sein Gedanke: "Es wäre doch schön, wenn wir die auch anbieten könnten, nicht nur diesen Einheitsbrei." Er beobachtete, wie der Vater den Bestand mit Pflanzenschutzmitteln besprühte, dreimal im Jahr. Es ging ihm danach nie gut. Da war zum einen das Gift, er trug keinen Atemschutz. "Und er spürte wohl, dass das einfach nicht richtig war." Andreas Schneider, damals 15, diskutierte mit dem Vater, bis der ihm einen kleinen Acker gab: Du kannst ja mal ausprobieren, was du erntest! Schneider tat es, pflanzte Blumenkohl und Brokkoli an, wässerte und hackte – dann kam die Kohlfliege, und die Ernte fiel aus.

In den Medien gilt er gern mal als "Apfelweinpapst"

Doch was schwierig ist, spornt ihn an: "Ich weiß, was ich will, und das Ganze macht mir Spaß. Und ich hatte Glück!" Als noch die Eltern den Betrieb führten, be­kniete er sie: Ihr müsst eine Saftpresse kaufen. Zu oft hatte der Vater viel zu wenig Geld von den Keltereien für seine ­Äpfel bekommen. 1994 stellt Schneider, kurz nachdem er den Hof von seinen Eltern gepachtet hatte, auf Bio um. Sein Mut wird belohnt, die kaufkräftige Kundschaft aus Frankfurt und dem nahen Vordertaunus will ­seine Bioäpfel mit so schönen Namen wie Ananas­renette, Weißer Winterkalvill, Rote Walze. Auch mit seinen sortenreinen Apfelweinen hat er Erfolg. Etwas völlig Neues, das er anfangs nur für sich ausprobiert hatte. In den Medien gilt er gern mal als "Apfelweinpapst". Ihn freut es aber viel mehr, wenn Winzer, die Wein im Rheingau machen, ihn als Kollegen ansprechen.

Warum stellen nicht viel mehr Betriebe auf Bio um? Schneider sagt: "Es ist einfach verdammt viel mehr ­Arbeit, auch wegen der vielen Sorten. Bei nur fünf Sorten kannst du deine ganze Arbeit darauf abstimmen."

Die Schöpfung schmecken

Schneider sitzt im Kirchen­vorstand der evan­geli­­schen Gemeinde in Frank­furt Nieder-­Erlenbach. Anfang Ok­tober wird er auch Obst in die Kirche bringen und Gottesdienst feiern. In Gedanken feiert er aber noch viel häufiger Erntedank. Etwa wenn die Apfelbäume und die übrigen Obstpflanzen blühen. Die Blüte entscheidet schließlich über die Ernte. "Ich will durch mein tägliches Tun dazu beitragen, dass man die Schönheit der ­Schöpfung schmecken kann, auch in Zukunft", sagt Schneider.

Und das Gewitter? Es kam ein heftiger Sturm, der schüttelte Äpfel von den Bäumen, die waren noch gar nicht reif. Es hätte schlimmer kommen können. Glück gehabt!

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