Bonnie und ihre Katze
Bonnie und ihre Katze
Katrin Binner
Drei Mal sitzengeblieben - na und?
Sie machte jahrelang keine Hausaufgaben, kam immer zu spät. Aber jetzt studiert Bonnie
Tim Wegner
29.06.2017

Ich bin schon in der Grundschule sitzengeblieben, in der dritten Klasse. Nach außen wirkte das wohl so, als sei ich dumm. Meine Freunde und meine Familie dagegen hielten mich für sehr intelligent. In der Schule sah man nur, dass ich immer zu spät kam. Damals lief gerade die Scheidung meiner Eltern. Ich bin oft erst Stunden zu spät zur Schule ge­gangen. Meine Eltern konnten mich ja schlecht hinzwingen. Ich war traurig. Und oft krank. Wahrscheinlich konnten sie mir in der Schule deshalb einfach keine Note geben.

Ich habe nichts für die Schule getan, stimmt. Da kriegt man schnell den Stempel: Aus der wird nichts. Aber ich habe ja trotzdem was getan, zu Hause, ich habe mich eben anders gebildet. Ich las viel, vor allem Sachbücher über Tiere. Ich wusste sogar, wie man gestrandete Wale rettet.

Nach der Grundschule kam ich auf die Hauptschule. Auch da machte ich keine Hausaufgaben. Ich bin trotzdem gern hin, wegen meiner Freunde. In der sechsten Klasse blieb ich erneut sitzen. Ich habe aber nicht nichts gemacht! Damals brachte ich mir zum Beispiel selber Klavierspielen bei. Meine Großeltern hatten mir ein Keyboard geschenkt. Ich kann bis heute keine Noten lesen, habe aber selber Stücke komponiert. Und weil wir in der Hauptschule nie so richtig chemische Experimente gemacht haben, kaufte ich mir von meinem Ersparten Chemielaborkästen. Da ­waren lauter Röhrchen mit Substanzen drin und ein Buch mit Anleitungen für Experimente.

Heute komme ich eher zu früh als zu spät

Ab der siebten Klasse machte ich mir allmählich Gedanken, wo es hin soll mit mir. Da hat man ja nur noch ein paar Jahre in der Schule. Ich stellte fest, dass man für alles, was mich interessiert, studieren muss. Ich wollte Ärztin werden. Oder Psychologin. Oder Naturwissenschaftlerin. Dafür brauchte ich Abitur. Also hab ich mehr für die ­Schule getan. Ab der siebten Klasse war ich richtig zielstrebig, finde ich.

In der achten Klasse waren meine Noten so gut, dass ich auf den Realschulzweig wechseln konnte. So spät zu wechseln, das sei extrem selten, hörte ich. Hauptschüler würden spätestens auf der Fachoberschule scheitern. Aber warum soll man etwas von vornherein sein lassen? Man sollte es probieren. Scheitern kann man dann immer noch.

Die mittlere Reife habe ich als Klassenbeste gemacht. Danach ging ich auf die Fachoberschule. Da kam ich nur noch zwei bis fünf Minuten zu spät, wegen dem Bus. Bei zwei Lehrerinnen war ich deswegen unten durch. Aber für mich war das ein großer Fortschritt – im Vergleich zu früher, als ich Stunden zu spät kam. Und heute komme ich gar nicht mehr zu spät, sondern sogar zu früh.

Außenseiterin war ich nie. Ich fand in jeder neuen Klasse ein, zwei richtig gute Freunde und Freundinnen. Ich machte mich aber gern stark für Außenseiter. Zum Beispiel für eine Mitschülerin, die stotterte. Sie war das typische Opfer. Ich mache mir immer mein eigenes Bild und fand, dass sie die Angenehmste von allen war. Ich habe mich mit ihr befreundet.

Ich möchte einen Beruf, in dem ich nie satt werde

Die zwölfte Klasse habe ich dann auch noch mal wiederholt. Nicht wegen der Noten, die waren gut. Ich brauchte ein halbes Jahr Pause. Eine ältere Freundin war gestorben, sie war immer für mich da gewesen. Und dann zerbrach auch noch meine erste Liebe. Ich musste erst mal trauern. Danach ging ich wieder zur Schule, machte mein Fachabi und im Jahr darauf auch das allgemeine Abitur. Wenn die Erwartungen der Lehrer sich erfüllt hätten, hätte ich wahrscheinlich nicht mal einen Hauptschulabschluss.

Jetzt studiere ich im zweiten Semester Biologie. Tiere interessieren mich, ich mag Tiere einfach. Zu Hause habe ich eine wunderschöne afrikanische Riesenschnecke und eine Katze. Die hat von klein auf Vertrauen zu mir gefasst; ich hab ihr sogar Pfotegeben beigebracht, ich sag: Gib rechts! Gib links!

Den Master will ich dann in Meeresbiologie machen. Im Meer ist ja noch so vieles unbekannt, was da alles rumwuselt! Das reizt mich. Ich möchte einen Beruf, in dem ich nie satt werde. Wenn Sommerferien sind, muss ich nach allerspätestens vier Wochen wieder was suchen, um meinen Geist anzustrengen. Ich habe beobachtet, dass es mir am besten geht, wenn mein Körper und mein Geist ausgelastet sind. Ich brauche einen Beruf, in dem es mir ein Leben lang nicht an Herausforderung mangelt.

Protokoll: Christine Holch

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Sehr geehrtes Team,

es gibt etliche grammatische Fehler in diesem Text. Leider. Ist das mit Absicht, weil es Rede wiedergibt oder einfach eine Frage der Redaktion?

Mit freundlichen Grüßen

Mike Wogengletter

Antwort auf von Mike Wogengletter (nicht registriert)

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Hallo, Ihnen sind grammatische Fehler aufgefallen, schreiben Sie. Dieser Text ist ein Ich-Protokoll in der chrismon-Rubrik "Anfänge". Dort erzählen Menschen von einem Anfang in ihrem Leben - und wir behalten teilweise die gesprochene Sprache bei. Auch weil das zu einer größeren Nähe führt.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Holch

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