Foto: Guiziou Franck/Hemisphere/laif
Indien ist dreckig? Das ist nur die halbe Wahrheit, sagt der Auslandspfarrer
26.05.2014

„Die Inder und umweltbewusst?” Mein Gesprächspartner aus Deutschland musste schmunzeln. Durchs Fenster sahen wir auf Plastik und Müll aller Art, auch tierische und menschliche Exkremente. Diese kleineren und größeren Ansammlungen findet man in Indien überall, in Dörfern und Kleinstädten ebenso wie in den Millionen-Molochen Neu-Delhi, ­Mumbai oder Kalkutta.
Ja, Indien ist nicht gerade für seinen Umweltschutz bekannt. Auch wenn die Politik schon vor Jahren beschloss, dass Autorikschas und Taxis in Delhi mit Gas fahren müssen. Und auch wenn viele Nichtregierungsorganisationen und Forschungseinrichtungen sich um natürliche Energiegewinnung bemühen, indem sie zum Beispiel mit kompakten und mobilen Kleinöfen möglichst viel Wärme herstellen oder Kuhdung energetisch nutzen.
Vor kurzem traf ich mit anderen EKD-Auslandspfarrern im thailändischen Bangkok zusammen – hier hätte ich übrigens gefühlt von der Straße essen können. Der Kollege aus Peking und ich verglichen unsere Erfahrungen mit Smog. Der Kollege wird nach sieben Jahren China eine Atemwegskur einlegen und seinen Auslandsdienst aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig beenden. Mir in Delhi hat meine Schwester, eine HNO-Professorin in Hannover, eine besondere Feinstaub-Atemmaske zugeschickt. Ich trage sie im Alltag und kann mich so der extremen
Angriffe auf meine „Werkzeuge“, Lunge und Stimmbänder, etwas erwehren. Ich bin in dieser Stadt jedoch fast der Einzige, der eine Maske trägt.
Aber Indien ist eben auch „incredible“ –  unglaublich. Jeden Morgen komme ich an einem Baum vorbei. Mitten in einer vierspurigen Straße steht er, mittelgroß, eigentlich unscheinbar, bis an den Stamm asphaltiert. In Deutschland würde er als Verkehrshindernis abgeholzt. In Indien ist er ein Teil des erhaltens- und schützenswerten Universums, des Göttlichen – und bleibt.

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