Dirk von Nayhauß
"Ich wünschte, ich könnte malen. Ein Bild, das dann im Museum hängt. Ewig"
Gerhard Schröder, Altkanzler und Wirtschaftsberater erzählt im Interview, wie er mit Kritik umgeht und welchen Traum er hat.
Dirk von Nayhauß
10.11.2014

Hat das Leben einen Sinn?
Ich hatte und habe ein außerordentlich erfülltes Leben, und deswegen haben Sie einen relativ glücklichen Menschen vor sich. Wobei glücklich vielleicht das falsche Wort ist, weil Glück ein Ausnahmezustand ist. Wenn ich sage, dass ich überwiegend ­zufrieden bin, dann trifft es das besser. Meine Kinder groß ­werden zu sehen und daran teilhaben zu dürfen, das ist sinnvoll. Und natürlich sehe ich einen Sinn in dem, was ich politisch gemacht habe. Mir war immer besonders wichtig mitzuhelfen, dass Leute, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren werden, gleiche Chancen wie andere erhalten.  

Weiter, immer weiter – könnte das Ihr Lebensmotto sein?
Ja, das wäre eines. Oder „Nunquam retrorsum“, niemals rückwärts. Wenn Sie wie ich aus der unteren sozialen Schicht ­kommen, ist alles ein Kampf um Anerkennung. Zuerst auf dem Sportplatz, dann in der Schule und der Universität, später in der Politik. Wahlkämpfe zum Beispiel verlangen einem viel ab, aber ich habe sie genossen. Wenn Sie vor 15 000 Leuten stehen und merken, dass diese mit der Politik einverstanden sind, ist das eine Form großer Anerkennung. Wenn allerdings starker Gegenwind weht, müssen Sie schon fest davon überzeugt sein, dass Sie das Richtige tun. Das habe ich erlebt, als es um die Durchsetzung der Agenda 2010 ging. Jetzt gilt aber das „Nunquam retrorsum“ für mich nicht mehr, da ich kein politisches Ziel mehr habe. Da fehlt mir nichts. Ich bin zufrieden mit dem, was ich jetzt machen kann. Vor allem kann ich es so machen, wie ich es will, bin niemandem mehr Rechenschaft schuldig. Wenn ich das, was ich als Lebensziel hatte – nämlich Kanzler zu werden –, nicht erreicht hätte, dann wäre das vielleicht eine andere Situation.  

Wie gehen Sie mit Kritik um?
Kritik von Personen, denen ich vertraue, nehme ich an. Und mit öffentlich geäußerter Kritik habe ich insofern kein Problem, weil ich sie verdränge. Das resultiert noch aus meiner Zeit als Bundes­kanzler. Wenn Sie Kanzlerin oder Kanzler sind, müssen Sie die Fähigkeit haben, Kritik zu verdrängen, sonst können Sie bei dem, was auf Sie an gerechtfertigter, aber auch unfairer Kritik hereinbrechen kann, psychisch gar nicht überleben.

Was können Erwachsene von Kindern lernen?
Unbefangenheit und Neugier, diese Offenheit für alles. Unsere Kinder sind ein großes Glück. Ich bin erst in späten Jahren Vater geworden und erlebe das Großwerden der Kinder sehr bewusst. Und das Schöne ist ja: Für die Kinder zählt nicht, dass ich mal Bundeskanzler war. Da ist anderes entscheidend, dass ich etwa Geschichten vorlese oder mit ihnen Fußball spiele. Und wir spielen oft im Garten Fußball. Inzwischen spielen die Kinder so gut, dass ich mich gelegentlich nur durch ein kleines Foul wehren kann. Dann zeigt mir mein Sohn die Rote Karte, die er ständig dabeihat. Vom Platz muss ich aber nicht, er will ja mit mir weiterspielen.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?
Das ist eine Frage, über die ich ungern rede – und mit der ich nicht fertig bin. Ich begreife mich sozusagen als Suchenden und gleichwohl Zweifelnden. Ich denke, dass uns auch in den Zweifeln ein Bild Gottes erscheinen kann, so verstehe ich das jedenfalls, und damit kann ich gut leben. Vor Menschen, die im Glauben Halt finden, die dieses Gottvertrauen haben, das mir – noch – fehlt, habe ich aber großen Respekt. Und was mir am Protestantismus vor allem gefällt, ist die Klarheit, die Nähe zur Vernunft und die Abwesenheit von Brimborium. Trotz meiner Zweifel habe ich zu keinem Zeitpunkt erwogen, aus der Kirche auszutreten. Auch weil in der Kirche und der Diakonie so viele Menschen eine ­großartige Arbeit leisten. Als Bundeskanzler habe ich nie um den Beistand Gottes gebeten. Auf die Idee, politische Entscheidungen aus einem Zwiegespräch mit Gott abzuleiten oder Kritik mit Gottes Hilfe zu verarbeiten, wäre ich nie gekommen.

Welchen Traum möchten Sie sich noch unbedingt erfüllen?
Ich wünschte, ich könnte Bilder malen, so wie mein Freund Markus Lüpertz. Joseph Beuys meinte ja, es stecke in jedem ein Künstler, aber diese Seite meines Daseins ist mir noch nicht bekannt geworden. Das würde ich gern können: Kunst erschaffen, ein Bild malen, das in einem Museum hängt und in diesem Sinne ewig ist. Aber ich kenne meine Grenzen, das bleibt ein Traum.

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Ja, so ein Millionär, hats schwör. Dass viele seiner Harz IV-Opfer "psychisch gar nicht überleben", hat er sicher erfolgreich verdrängt. Das einzige, was ich ihm aufs Wort glaube.
Und er ist echt erst im fortgeschrittenen Großvateralter Vater geworden? Bei fünf- offiziellen- Ehefrauen?
Was soll so ein Interivew in einem Glaubensmagazin? Das wär höchstens vertrebar, wenn wirklich journalistisch gearbeitet worden wäre.
Das kann ich hier nicht erkennen. Sie schädigen damit den brand "evangelisch" und den der "SPD". Schröder hat sich als wahrer Genosse der Bosse präsentiert.

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Chrismon veröffentlich ein Interview mit Gerhard Schröder, zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser einen "Aufstand der Anständigen" gegen islamkritische Bürger fordert. Zufall? Oder ist chrismon in der Hand der SPD, eines SPD-Verlages womöglich? Macht man aus irgendeinem Grund gemeinsame Sache? Wieso soll Herr Altbundeskanzler Schröder befugt sein, für "die Anständigen" zu sprechen?

Paula schrieb am 23. Dezember 2014 um 12:45: "Wieso soll Herr Altbundeskanzler Schröder befugt sein, für "die Anständigen" zu sprechen?". Weil der Herr Altbundeskanzler Schröder ohne Zweifel anständig und stolz auf diesen Anstand ist. Und weil diejenigen, die er zum Aufstand aufruft, ebenfalls auf ihren Anstand stolze Anständige sind. Die amtierende Frau Bundeskanzlerin und deren Fans sind übrigens nicht minder anständig. Dumm nur, dass diejenigen, die gegen den Islam hetzen, ebenfalls oberanständige Deutsche sind mit großer Hochachtung vor ihrem eigenen Anstand und dem ihrer Mitbürger. Deswegen bezeichnen sie sich selbst ja auch nicht als Moslemhasser, sondern als islamkritische Bürger. Denen den Anstand absprechen zu wollen ist das Gegenteil von Kritik an ihrem antiislamischen Gedankengut._____________________________
Warum werden deren Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit nicht kritisiert, sondern statt dessen ihr Anstand in Zweifel gezogen? Weil das, was die sich denken, weitgehend deckungsgleich mit dem ist, was die zur Gegendemo Aufgerufenen sich so vorstellen. Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass die einen von Rechtsradikalen vorformulierte Parolen grölen, während die anderen sich Sorgen um das zu volle Boot machen und eifrig forschen gehen, ob die islamischen Arbeitsmigranten auch schön brav kuschen und sich integrieren. So wie es anständige Menschen eben von sich und allen anderen Anständigen als Selbstverständlichkeit erwarten. Das sind großartige Alternativen!

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Was soll das?Wollen die mich veräppeln?Das waren meine ersten Gedanken als
ich Gerhard Schröder in Ihrem Magazin sah.Dieser dubiosen Person eine
Plattform zu geben,trägt nicht gerade zur Glaubwürdigkeit ihrer Zeitschrift
bei.

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