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Massendemonstrationen, Korruptionsvorwürfe, fragliche Neuwahlen - der Auslandspfarrer staunt über die Art, wie in Thailand Politik gemacht wird.
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22.01.2014

Seit Monaten demonstrieren die Massen in Bangkok, der Stadt, in der wir leben. Zehntausende fordern den Rücktritt der Regierung – in anderen Stadtteilen, deswegen bekommen wir im Alltag wenig davon mit. Vor allem im Palast- und Regierungsviertel stehen Taxis und Busse stundenlang im Stau, Geschäfte und Shoppingmalls sind zum Teil geschlossen.
Worum es den Demonstranten aus der alteingesessenen Bangkoker Mittel- und Oberschicht im Kern geht: Unter Führung von Suthep Thaugsuban versuchen sie ihre Pfründe gegenüber einer neuen Elite aus dem Clan des früheren Premierministers Thaksin Shinawatra zu verteidigen. Thaksin war 2006 vom Militär gestürzt worden, 2011 wurde seine Schwester Yingluck Premierministerin, was bedeutet, dass der Clan seinen Einfluss in Wirtschaft und Politik weiter ausdehnt.

Mir wird wieder deutlich, dass das politische Leben in Thailand ganz anders läuft, als wir es aus Deutschland gewohnt sind. Einflussreiche Familienclans bestimmen Politik und Alltagsleben in feudalistischer Manier, sie sammeln ihre jeweilige Klientel um sich. Diese Klientelwirtschaft bestimmt weitgehend selbst demokratische Wahlen und Institutionen. Dass man in diesem Zusammenhang der Premierministerin Yingluck Shinawatra, die als Handlangerin ihres Bruders gilt, moralisierend „Korrup­tion“ vorwirft, trifft die Sache nicht wirklich. Hier in Thailand wird dieser Vorwurf oft als Kampfbegriff gegen den politischen Gegner verwendet. Dabei funktioniert das gesamte öffentliche und private Leben ­dieses Staates überhaupt nur dadurch, dass eine Hand die andere wäscht.

Bis Ende des vergangenen Jahres bin ich davon ausgegangen, dass sich die Proteste irgendwann von selber totlaufen. Die Regierung hat die Demonstrierenden gewähren lassen, es blieb relativ friedlich. Zudem hatte Suthep mit seiner Forderung, die Demokratie außer Kraft zu setzen, um den Shinawatra-Clan „auszuradieren“, viele Unterstützer verloren. Mittlerweile aber wird immer deutlicher, dass die Proteste von langer Hand geplant sind. Wir hoffen und beten, dass das Ganze ein friedliches Ende nehmen wird.

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