Ali Kaveh/laif
Auslandspfarrerin Almut Birkenstock-Koll erzählt, wie sie die Intoleranz im Iran aushält

Wir leben in einer Weltgegend, die tief in Konflikte verstrickt ist, innere und äußere. Das Gebet um Frieden, das wir in jedem Gottesdienst sprechen, bekommt hier im Iran eine ganz andere Dimension. Der nahe Krieg in Syrien, der Beinahe-Krieg in Ägypten, der Terror im Irak und die Verwicklung meines Aufenthaltslandes darin – ich habe den Eindruck, durch die Macht des Faktischen wird es deutlicher, existentieller, ergreifender. Über das Gefühl der Ohnmacht hinaus wächst das Zutrauen in Gottes Kraft.

Als ich hörte, dass das Jahresthema 2013 der Lutherdekade „Toleranz“ lautet, dachte ich: Was soll ich damit anfangen, hier in diesem Land der ziemlich kräftigen Into­leranz? Und ebenso: Will ich wirklich alles, was mir hier begegnet, tolerieren, also: dulden, ertragen? Und zum Beispiel Kopftuch und Mantel tragen bei 45 Grad Hitze?

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Toleranz und was sich dahinter verbirgt, bringt mich an meine Grenze. Sie lehrt mich, meine Grenzen zu erkennen. Nur wer seine Grenzen erkennt, der kann über sie hinausgehen. Ja, ich kann Kopftuch und Mantel ertragen, erdulden. Auch wenn es mir schwer fällt, weil mir damit etwas aufgezwungen wird, was so in meine persönlichen Rechte eingreift, dass ich mich fremdbestimmt fühle. Ich kann das aus der Überzeugung heraus, dass ich einer anderen Kultur mit Respekt begegnen möchte. Und mithilfe von Liebe. Die Liebe erträgt alles. Sie glaubt alles. Sie hofft und duldet alles. So steht es in der Bibel. Liebe ist für mich eine Form von Toleranz, oder besser: Ich kann mir Toleranz ohne Liebe nicht vorstellen.

So ist „Toleranz“ denn auch in dieser Ecke der Welt ein gutes Motto, finde ich. Es heißt nicht nur erdulden und ertragen, was mir selbst eigentlich fremd ist. Es heißt, in gutem Gottvertrauen darauf bauen, dass uns etwas gemeinsam ist: die Sorge um den Frieden, in der Region und in der Welt. Und dass Gespräch, Begegnung und persönliche Erfahrung wichtiger sind als alles, was uns an „Wahrheiten“ angeboten wird.

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