Foto: Ärzte der Welt
In München behandeln einige Mediziner Patienten auch ohne Geld und Versicherungspapiere. Sie fordern das Ende der Dreiklassenmedizin. Chrismon-Leser unterstützten sie
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
10.01.2013

Das Jahr fing nicht unbedingt gut an für die Mediziner in Deutschland. Die Debatte um Korruption und Bestechung kochte hoch - und damit der Vorwurf, Weißkittel würden zuerst den Profit sehen und dann den Patienten.
Die Ärzte von open.med wird damit wohl niemand meinen. Denn diese sehen gar kein Geld, wenn sie in einem karg eingerichteten Untersuchungsraum in der Münchner Innenstadt Menschen behandeln, die keine Krankenversicherung oder keinen geregelten Aufenthaltsstatus haben. Und die sich deshalb in keine normale Arztpraxis trauen.

Chrismon-Leser spendeten 4200 Euro

Chrismon berichtete im September 2011 über open.med. Die Leser und Leserinnen spendeten daraufhin 4200 Euro. Für die Kitteltaschen der dortigen Mitarbeiter? Nein, erzählt Projektleiterin Marion Chenevas: „Diese arbeiten weiter ehrenamtlich. Das Spendengeld ging unter anderem in eine neue Babywiege. Und diente dazu, die ganz normalen Kosten zu decken: Laboruntersuchungen, Medikamente, Impfstoffe. Das alles sind kleine, aber ungeheuer wichtige Bausteine für unsere Arbeit. Wir bedanken uns sehr herzlich für diese großzügige Unterstützung!“

Immer mehr EU-Bürger betroffen

Open.med ist ein Projekt der Organisation „Ärzte der Welt“. Es erhält eine Förderung durch die Stadt München, lebt aber zum großen Teil von Spendengeldern. 2006 öffnete die Anlaufstelle, seitdem wird das Angebot stetig ausgeweitet. Mittlerweile gibt es eine allgemeinmedizinische Sprechstunde, eine kinderärztliche und eine für Schwangere.
Im Jahr 2011 kamen 800 Patienten zu open.med. Die Tendenz ist steigend, berichtet Chenevas: „Die Eurokrise zeigt ihre Spuren. Neben den ursprünglichen Zielgruppen, Menschen ohne Aufenthaltstitel, suchen uns heute auch vermehrt EU-Bürger auf, insbesondere aus Rumänien und Bulgarien. Daneben kommen auch deutsche Staatsbürger, die sich eine Krankenversicherung nicht leisten können.“

Politische Lösung gefragt

Eine Dauerlösung, so betonte open.med-Mitarbeiter Peter Schwick bereits im chrismon-Bericht 2011, dürfe open.med aber nicht werden: „Wir brauchen dringend eine Struktur, in der alle Menschen gesundheitlich versorgt werden können, auch die ohne Geld oder Papiere.“
Die derzeitige Entwicklung beurteilt Chenevas zweischneidig: „Von offizieller Seite bekommen wir Rückenwind. Viele Städte unterstützen und fördern Einrichtungen wie unsere, die sich um Bedürftige kümmern. Das erleichtert zwar momentan unsere Arbeit,  führt aber zu einer Parallelstruktur. Unser Ziel ist es, dass unsere Patienten den Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung erhalten.“

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