Die Vorstellung, dass der christliche Gott in drei Personen existiert, ist nicht leicht zu verstehen
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
06.08.2013

Die Muslime in Hamburgs Vorzeige-Moschee an der Außenalster sind entsetzt. Sie sehen durch den geplanten „Religionsunterricht für alle“ wichtige Grundfesten ihrer Religion wanken. Zu wenig religiöse Unterweisung in den Schulen, klagen sie, zu wenig Erziehung zur Gottesfurcht! Aber vor allem bezweifeln sie, dass die Religionslehrer der staatlichen Schulen den „kompromisslosen Monotheismus“ des Islam vermitteln können. Wenn Schüler aller Religionen und Konfessionen gemeinsam unterrichtet werden, dann bleibt ihrer Meinung nach das Bekenntnis zu Allah als dem einen, einzigen Gott auf der Strecke.

Da ist er wieder, der zentrale Streitpunkt zwischen Muslimen und Christen: Ist der christliche Gott, der seit einem Konzil des 4. Jahrhunderts in drei „Personen“ (im Griechischen: hypostasis) gedacht wird, vielleicht doch nicht ein einziger Gott? Sprechen Christen nicht, wenn sie ein Gebet beginnen oder wenn sie sich bekreuzigen: „...im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“? Und werden sie nicht auf den Namen dreier göttlicher Personen getauft?

Die Vorstellung, dass der christliche Gott in drei Personen existiert, ist nicht leicht zu verstehen. Nicht nur kommt das Wort Person in Bezug auf Gott nirgends in der Bibel vor. Auch benutzen wir heute diesen Begriff ganz anders, als er in den ersten Jahrhunderten nach Christus gebraucht wurde. Heute geht es beim Wort Person um die individuelle Persönlichkeit, um ihr Selbstbewusstsein und ihre Vernunft, ihre Rechte und Verantwortung. In diesem modernen Sinne kann man nicht über die drei Personen Gottes sprechen, denn dreierlei Individualität und Persönlichkeit ergeben im Blick auf Gott überhaupt keinen Sinn.

Schon in der Kirche der ersten Jahrhunderte gab es Probleme mit dem Wort Person und deshalb allerlei kritische Anmerkungen: So klagte der berühmte Autor und Asket Hieronymus, mit diesem Begriff sei Gift unter den Honig geraten. Augustinus, der größte Theologe des christlichen Altertums, betonte, diese Wortwahl sei eine reine Verlegenheitslösung. Der Reformator Calvin legte viele Jahrhunderte später noch eins drauf, sprach spöttisch von den drei Männlein in der Trinität.

Die Christen übernahmen den Monotheismus der Juden

Der Glaube, dass es nur einen Gott gibt, der Monotheismus, ist eine große Errungenschaft des theologischen Denkens. Er hat sich erst langsam herausgebildet. Es ist die Leistung der Israeliten, den vielen Göttern der Nachbarreligionen ihren einzigen Stammes- und Nationalgott entgegenzustellen. Von Anbeginn hatten Propheten wie Elia und Jesaja die alleinige Verehrung Jahwes gefordert. Der endgültige Durchbruch des Monotheismus kam, als Israel seine Nationalstaatlichkeit im Kampf gegen Babylon verlor. Im so genannten Babylonischen Exil (586 bis 538 v. Chr.) entstand das Judentum. Das erste der Zehn Gebote („Du sollst keine Götter neben mir haben“; Exodus/2. Mose 20) war dabei besonders wichtig.

Die Christen übernahmen den Monotheismus der Juden. Für sie galt von Anfang an: Es gibt nur einen einzigen Gott. Zugleich mussten sie sich Klarheit darüber verschaffen, warum das Neue Testament immer wieder Jesus als Gottes Sohn bezeichnet. Und wie es zu verstehen ist, wenn in der Bibel Gespräche zwischen Vater und Sohn zitiert werden – der Sohn zum Beispiel in seiner Todesangst den Vater anbettelt, ihm die Qualen der Kreuzigung zu ersparen. Und was da eigentlich geschieht, wenn an Pfingsten der Heilige Geist in Flammen auf die Menschen herabkommt?

All diese Vorgänge lassen sich als Teil einer einzigen Bewegung verstehen: Gott wendet sich den Menschen zu. Er sucht die direkte Nähe zu ihnen (durch Jesus) und entfacht in ihnen ein Feuer der Liebe (den Geist). In diesem Sinne ist Gott zugleich Ursache, Medium und Frucht dieser Liebe.

Die Rede von den drei Personen, wie sie in mehreren Konzilien der ersten Jahrhunderte diskutiert wurden, verschleiert diesen Sachverhalt eher, als dass sie ihn verdeutlicht. Karl Barth, der große Schweizer evangelische Theologe des 20. Jahrhunderts, erklärte Vater, Sohn und Heiligen Geist als drei Dimensionen einer einzigen Offenbarung. Im Bild gesprochen: Von Gott geht die Liebe aus, Gottes Sohn gibt dieser Liebe Gestalt und im Heiligen Geist wirkt sich diese Liebe in Mensch und Schöpfung aus. Folgt man diesem Verständnis der Dreieinigkeit, wird manches etwas leichter fassbar. Dann kommt dahinter nicht die Rivalität dreier Instanzen zum Vorschein, sondern drei Wirkweisen eines einzigen Gottes, der die Menschen für sich gewinnen will.

Glauben Christen wirklich nur an einen Gott? Ja, trotz der immer wieder irritierenden Rede von drei Personen. Man kann es sich auch so zu erklären versuchen: Wer Jesus Christus kennt, kennt seinen Vater. Und wer sich vom Geist mitreißen lässt, spürt den Urheber: Gott.

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Gott wendet sich den Menschen zu. Er sucht die direkte Nähe zu ihnen (durch Jesus) und entfacht in ihnen ein Feuer der Liebe (den Geist).

Ja, so sollten die echten Christen untereinander leben, und dies auch abstrahlen.

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