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Die „Blaue Karte“ soll seit August Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland holen. Bisher sind erst 1600 gekommen. Fragen an den Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Dr. Manfred Schmidt.
24.01.2013

chrismon: Welche Fachkräfte brauchen wir denn?

Manfred Schmidt: Ärzte, Pflegekräfte, Bauingenieure. Es fehlt aber auch der qualifizierte Metallfacharbeiter. Im Moment, während der Eurokrise, kommen zwar viele junge Italiener und Griechen zu uns, wegen der dualen Ausbildung. Aber das hilft uns wenig bei unserem demografischen Problem. Deutschland muss langfristig attraktiv werden.

Wie?

Wir reden ja erst seit rund zehn Jahren darüber, dass wir ein Zuwanderungsland sind. Erst vor kurzem haben wir ­islamischen Religions­unterricht eingeführt, ­eine Islamkonferenz eingerichtet. Höchste Zeit!

Und auf den Ausländerämtern?

Auch dort ändert sich die Mentalität. Das waren ja über Jahrzehnte reine Ordnungsbehörden. In diesem Jahr starten wir zunächst in vier Städten ein Projekt, damit Neuankömmlinge nicht mehr fünf Ämter abklappern müssen, Ausländeramt, Sozialamt, Ordnungsamt, Schulamt, Wohnungsamt. Ziel ist langfristig ein One-Stop-Government. Vorbild ist zum Beispiel Köln, ein Leuchtturm. Da hat es die Leiterin des Ausländeramtes geschafft, bei den Mitarbeitern einen Bewusstseinswandel einzuleiten. In die Richtung: Die Fachkraft, die herkommt – die stört nicht. Die füllt uns nicht die Akte. Sondern wir begleiten die, damit sie hier in Köln ankommt.

Wie kommt das neue Denken in die Ämter?

Auch dort müssen viel mehr Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten! Je vielfältiger ein Betrieb, desto schlagkräftiger. Das machen uns Ikea und viele andere vor. Wir informieren mit der Initiative wir-sind-bund.de gezielt Jugendliche mit Migrationshintergrund, welche Ausbildung sie im öffentlichen Dienst machen können. Denn wir haben im Land immer noch ein Bildungsproblem bei vielen Migranten. Viel zu wenige schaffen es an Gymnasium und Uni.

Und die wenigen gehen jetzt auch noch nach Istanbul zurück...

Weil wir deren Potenzial noch gar nicht erkannt haben. ­Eine Studie ergab: Deutsche Unternehmer denken bei Bewerbern mit ausländischem Namen erst mal an Sprachprobleme. Dabei sprechen die Zuwandererkinder deutsch und türkisch. Ein Riesenvorteil!

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