Warum nutzen wir unsere Macht als Konsuementen nicht viel offensiver. Jetzt zur Weihnachtszeit bietet sich eine gute Chance.
Tim Wegner
25.11.2013

chrismon-Redakteurin Dorothea Heintze

Die Weihnachtszeit naht. Am Samstagmorgen klingelt der DHL-Bote und gibt ein Paket für unsere Nachbarn ab. Von Amazon natürlich. Einmal kam ein Bobbycar, dieses Jahr ein Kinderrad! Wir wohnen mitten in der Stadt, Fahrrad­läden gibt es ohne Ende. Bei einem waren unsere Nachbarn. Zur Beratung. Bestellt haben sie das Rad dann bei Amazon: „30 Euro billiger!“, erzählte Gaby stolz.

Wir wohnen in einem sehr schicken Wohnviertel, Gaby und Tom verdienen gutes Geld. Ich finde das einfach mies. Mal abgesehen davon, dass der Fahrradhändler irgendwann pleite macht, wenn sich die Latte-macchiato-Mamis und -Papis bei ihm Rat holen, um dann beim Online-Lieferanten zu bestellen.

Ich will keine Firma unterstützen, die ihre Angestellten ausbeutet

Ich will auch keine Firma unterstützen, die ihre Angestellten ausbeutet und sich ums Steuern zahlen drückt. Und das Schöne ist: Ich muss es auch gar nicht. Meine Weihnachtsgeschenkbücher bestelle ich telefonisch bei der Buchhändlerin um die Ecke. Das dauert einen Tag, dann kann ich sie abholen, hübsch verpackt. Meinen Lippenstift kaufe ich in der Parfümerie und die Bohrmaschine im Baumarkt.

Ja, da muss ich mich auf den Weg machen. Und vielleicht zahle ich auch ein paar Euro mehr. Aber die sind es mir wert.

Als Konsumentin habe ich Macht. Vielleicht sogar mehr Macht als mit dem Wahlzettel. Denn bis die Politiker ein ­Abkommen mit anderen Staaten abschließen, damit auch Amazon, Google und Starbucks endlich Steuern zahlen – das kann dauern. Also stimme ich mit dem Geldbeutel ab.

###mehr-extern### Ätsch Amazon – von mir kriegt ihr keinen Cent! Und jetzt geh ich runter und klingele bei Gaby und Tom. Ein neuer Radladen hat aufgemacht, mit Werkstatt. Das muss ich denen unbedingt erzählen.

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Sehe ich genauso wie Sie, was die genannten Artikel (Spielwaren, Haushaltsgeräte...) betrifft.

Aber wenn Sie schon zu Beginn des Schuljahrs zwei Schulbücher neu kaufen bzw. ersetzen müssen, dazu noch weitere empfohlene Lehrmaterialien (z.B. Wörterbücher), von denen Sie auch nicht genau wissen, ob sie die Nachzucht mit mehr als dem Allerwertest... anschaut, versuchen Sie mal, die gebraucht beim örtlichen Buchhändler Ihres Vertrauens zu erwerben ... und meine Nachfragen in der Schulgemeinde waren bisher immer erfolglos.

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Zitat aus dem Artikel: " Am Samstagmorgen klingelt der DHL-Bote und gibt ein Paket für unsere Nachbarn ab......Ich finde das einfach mies." Wer vor ein paar Jahrzehnten seiner unverheirateten Tochter erlaubte, den Freund über Nacht mitzubringen, durfte sich der Entrüstung der ebenso aufmerksamen wie moralisch hochstehenden Nachbarin über dieses ungehörige Gebaren sicher sein. Alles widerlicher Mief längst vergangener Zeiten? Pustekuchen. Wer heute im falschen Geschäft das falsche Produkt kauft, kann sich der Verachtung der moralisch hochstehenden Nachbarin bereits dann sicher sein, wenn der Postbote an der Nachbartür klingelt. Da kann man wirklich nur noch sagen: "Fröhliche Weihnacht überall!"

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Danke, Iwan, sehr treffend beobachtet. Auf diesem Kanal gibt`s ohnehin hauptsächlich "Zickenterror" ( als Frau darf ich dies vorurteilsfrei behaupten ) , davon habe ich genug! "Ätsch" , Frau Heinze, sind "wir " denn im Kindergarten? Da fällt mir ein: Weihnachten ist Märchenzeit:-)

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Gast schrieb am 23. Dezember 2013 um 15:55: ".... sind "wir " denn im Kindergarten...." Da heute das Fest der Liebe ist, versuche ich, in aller gebotenen Höflichkeit und Sachlichkeit einen von mehreren Gedanken des Artikels, die mir fehlerhaft zu sein scheinen, zu erläutern. Es besteht die Vorstellung, dass das auch unter dem Namen "großer Fluss" laufende Internetgeschäft ein böses Geschäft ist, die Buchhändlerin N.N. jedoch ein gutes Geschäft führt. Das ist ein Irrtum. Beide führen ein Geschäft. Also müssen beide alle Grundsätze des Geschäftslebens beachten. Dazu gehört ganz wesentlich, alle Kosten, insbesondere die Lohnkosten, zu minimieren. Ist die kuschelige Buchhändlerklitsche an der Ecke so klein, dass es sich um ein Eine-Frau-Geschäft handelt, entfällt der Zwang zur Lohnkostenminimierung mangels Lohnarbeiterin. Leistet sich Frau N.N. eine Azubine, dann muss jeder Eurocent, der an Lohn- und Lohnnebenkosten gezahlt wird, sich rechnen. Das liegt nicht daran, dass Frau N.N. jetzt zum schlechten Menschen mutiert wäre, sondern daran, dass sie sonst in der Konkurrenz der Buchhandlungen untergeht und Pleite macht. Lohnend wird die Auszubildende zum Beispiel dadurch, dass man sie bittet, beim Bio-Öko-Laden mal schnell für die Chefin einkaufen zu gehen oder nach Ende der alles andere als fürstlich entlohnten Arbeitszeit doch noch - ganz kurz bloß, versteht sich - beim Aufräumen zu helfen usw. Da rückt kein Fernsehteam an und dreht einen Film über Ausbeutung. Frau N.N. hat überhaupt nicht das Geld, das sie bräuchte, um Billiglöhner vom Ausland herzukarren, in Wohnwagen zu lagern und bei sich gewinnsteigernd arbeiten zu lassen. Sobald Frau N.N.s Geschäft diese Größenordnung annimmt, muss sie genau alle diese Überlegungen auch anstellen. Der Unterschied zwischen Frau N.N. und der Firmenleitung des "großen Flusses" ist nicht der zwischen Gut und Böse, sondern liegt in der Größe des Kapitals, das vermehrt werden soll. _________________ Jetzt wird es hohe Zeit, Schluss zu machen und schlechten Charakter zu zeigen. Es steht an, von einem toten Tier, einer gebratenen Gans, zu essen. Und falls das doch noch erlaubt sein sollte, dann muss ich beichten, dass sie nicht handgestreichelt beim schnuckeligen Biobetrieb zur Schlachtreife heranwuchs, sondern an einem mir gänzlich unbekannten Ort lebte. Hoffentlich ist sie nicht so voll von Salmonellen wie das Geflügel zu sein pflegt in der besten aller denkbaren Welten, der Marktwirtschaft. Gott segnet den Kapitalismus, flucht aber denen, die sich als verantwortungslose Verbraucher durch die Supermarktgänge drängeln.

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