Hat Darwin Recht?
Nein, sagen konservative Christen. Die Evolutionslehre könne die Entstehung der Welt nicht erklären. Selbst Fossilien führen sie ins Feld, um Darwin zu widerlegen. Aber vieles spricht gegen ihre Theorie
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
07.08.2013

Ein amerikanischer Comic zeigt einen jungen Wissenschaftler, der seinem Professor an einer Tafel eine komplizierte mathematische Berechnung vorführt. Zwischen Schritt eins und Schritt drei seiner Berechnung steht: "Hier geschieht ein Wunder." Skeptisch sieht sich der Professor die Formeln an. Dann sagt er: "Ich denke, bei Schritt zwei sollten Sie etwas genauer sein." – Eines macht der Comic deutlich: Die Behauptung, ein Wunder geschehe, ersetzt nicht die wissenschaftliche Erklärung. Sie verweist lediglich auf eine Wissenslücke.

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Burkhard Weitz

Burkhard Weitz war als chrismon-Redakteur bis Oktober 2022 verantwortlich für die Aboausgabe chrismon plus. Er studierte Theologie und Religionswissenschaften in Bielefeld, Hamburg, Amsterdam (Niederlande) und Philadelphia (USA). Über eine freie Mitarbeit kam er zum "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" und war mehrfach auf Recherchen in den USA, im Nahen Osten und in Westafrika. Seit November 2022 betreut er als ordinierter Pfarrer eine Gemeinde in Offenbach.

Unter amerikanischen und deutschen Biologen tobt ein heftiger Streit. Zur Debatte steht die Evolutionstheorie, vom englischen Naturforscher Charles Darwin vor 150 Jahren erstmals formuliert. Laut Darwin hat sich alles Leben durch Zufall allmählich entwickelt. Alle Tier- und Pflanzenarten hätten sich im Laufe der Jahrmillionen durch Veränderungen der Erbanlagen (Mutation) und durch natürliche Auslese (Selektion) gebildet. So seien aus Einzellern Mehrzeller entstanden, später Wirbeltiere, Landtiere, Säugetiere, schließlich der Mensch.

Die Gegner der Evolutionstheorie sind überwiegend konservative Christen, die wissenschaftliche Einwände gegen Darwin äußern. Hatte dieser vermutet, Fossilien bezeugten eine allmähliche Veränderung der Arten, so sagen Kritiker: Die Fossilfunde der vergangenen 150 Jahre ließen diesen Schluss nicht zwingend zu. Arten wie der Ammonit (ein Kopffüßler, im Bild links) träten plötzlich auf und blieben über lange Zeiträume konstant. Stammbäume könne man so nicht eindeutig rekonstruieren. Ein weiterer Einwand lautet: Für viele komplexe Baupläne gäbe es keine plausiblen evolutionären Vorstufen. Zum Beispiel für die Schnappfalle Insekten fressender Pflanzen oder für den Fortbewegungsapparat von Kolibakterien. Zufallsevolution erkläre nicht das mehrfach unabhängige Entstehen des Linsenauges bei Wirbel- und Weichtieren. Evolutionskritiker sagen auch: Trotz intensiver Mutationsforschung habe niemand je das Entstehen einer neuen Art beobachtet. Neue Arten, behaupten sie, könnten gar nicht allein durch Mutation entstehen.

Ihre Alternative nennen sie mit einem englischen Ausdruck "Intelligent Design". Die Entstehung der Arten müsse man sich als zielgerichteten Prozess vorstellen. Ein intelligenter Designer, Gott, habe den Bauplan für die Arten geliefert. Manchem gläubigen Menschen mögen solche Erklärungen gefallen. Mit ihnen hat ein Naturwissenschaftler aber ein ähnliches Problem wie der Assistent im Comic, der behauptet: "Hier geschieht ein Wunder."

Das Bekenntnis zum Schöpfer heißt: Gott will die Welt, wie sie ist

Seit Jahrhunderten untersuchen Naturwissenschaftler die Welt unter der Prämisse "etsi deus non daretur", als gäbe es Gott nicht. Sie suchen natürliche Ursachen, keine religiösen. Dieser Weg hat sich in der Vergangenheit als erfolgreich erwiesen. Unter dieser Vorgabe ist Darwins Theorie trotz aller Einwände noch immer die beste Erklärung für die Entstehung der Arten.

Die Vorstellung, dass das Leben nicht aus dem Kampf ums Dasein, sondern aus Gottes Willen entstand, mag humaner wirken. Doch die Theorie des Intelligenten Designs hat auch aus theologischer Sicht Mängel. Nach frühchristlicher Lehre formt Gott die Welt nicht aus dem Chaos, sondern erschafft sie aus dem Nichts. Also beantwortet der Schöpfungsglaube nicht die Frage, wie die Welt entstand. Sie beantwortet vielmehr die philosophische Grundfrage, warum überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts. Das Bekenntnis zum Schöpfer heißt: Gott will die Welt, wie sie ist; sie ist auch dann sinnvoll und gut, wenn sich ihr Sinn und ihre Güte dem Einzelnen nicht erschließen mögen.

Einiges spricht also gegen die Theorie des Intelligenten Designs. Trotzdem verdienen seine Vertreter Respekt und Gehör. Jeder Biologe hat das Recht, die Evolutionstheorie wissenschaftlich anzuzweifeln, selbst wenn ihn religiöse Motive dazu bewegen. Leider wird den Vertretern des Intelligenten Designs dieses Recht von ihren Kollegen zuweilen verweigert.

Darwins Theorie kann sich durch Experimente und Naturbeobachtung als richtig oder falsch erweisen. Mancher übereifrige Evolutionsforscher versucht, christlich motivierte Einwände von Wissenschaftlern zu unterdrücken. Nur: Wer eine Theorie gegen Kritik, egal von welcher Seite, abschottet, verhält sich nicht wie ein Wissenschaftler, sondern wie ein Ideologe. Solches Verhalten trägt kaum zur Wahrheitsfindung bei. Ungeachtet dessen bleibt es dabei: Ob Darwin Recht hat oder nicht, bestimmt die Wissenschaft, nicht die Theologie.

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