05.12.2012

Heute soll er zu Ende gehen, der 18. Weltklimagipfel der Vereinten Nationen im Golfemirat Katar. Wetten, dass die Bilder aus Doha uns bekannt vorkommen werden? Bundesumweltminister Peter Altmaier hat es vor seiner Abreise schon prophezeit: Blass und mit tiefen Augenringen kämpfen die Delegierten bis in die Nacht für einen Minimalkompromiss. Es wird spät, aber dann kommt sie, pünktlich zum Wochenende – die Meldung, dass die Staatengemeinschaft miteinander im Gespräch bleiben möchte. Ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll, das vorschreibt, wie viele Treibhausgase jedes Land einzusparen hat? Irgendwann vielleicht! Darüber werde man in einem Jahr wieder verhandeln – aber immerhin, man bleibe im Gespräch.

Wäre das eine gute Nachricht? Nein. Die internationale Klimadiplomatie frustriert die Öffentlichkeit. Seit Jahren geht von den Mammutkonferenzen die traurige Botschaft aus, dass die Menschheit es nicht schafft, den Ausstoß von Treibhausgasen wirksam zu begrenzen – obwohl sicher ist, dass die Erde wärmer wird (seit Beginn der Industrialisierung um etwa ein Grad). Ein weiterer Anstieg der durchschnittlichen Temperaturen ist schon nicht mehr aufzuhalten, die Risiken sind unkalkulierbar.

Wenn 190 Staaten verhandeln, gibt es nur einen Mini-Konsens

Was ist der Grund für diesen Frust? Wenn Vertreter aus 190 Staaten verhandeln, kann immer nur ein Minimalkompromiss gelingen. Schon die Europäische Union braucht mit ihren 27 Mitgliedsstaaten ewig, um echte Entscheidungen zu treffen. Und: Viele Staaten haben schlechterdings kein Interesse, Klimagase zu sparen – weil sie, wie zum Beispiel Polen, sehr viel Kohle haben und verheizen. Hinzu kommt: Die Bekämpfung des Klimawandels betrifft unsere gesamte Lebensweise, die noch sehr stark auf der Verbrennung von fossilen Brennstoffen beruht. Wir machen morgens die Heizung im Bad an – im Keller rumpelt die Ölheizung. Wir fahren im Auto zur Arbeit – der Motor verbrennt Benzin oder Diesel. Wir essen mittags ein Stück Fleisch – das kommt vom Rind, das reichlich Methan produziert hat. Die Orange abends –  kam mit dem Flugzeug aus Spanien. Während andere Öko-Probleme wie der Saure Regen oder der Ausstoß des Ozonkillers FCKW vergleichsweise einfach zu lösen waren, indem man Filter auf Schornsteine setzte oder Alternativen zum FCKW entwickelte, ist es beim Klimawandel weit schwieriger und komplexer.

Hingucken ist besser als Konferieren

Und nun? Nach uns die Flut? Die Deiche erhöhen? Und überhaupt: Was sollen wir sparen, wenn die Amerikaner, Chinesen und Inder mit Energie nur so prassen? Diese Reaktion läge nahe, ließe man sich die Hoffnung auf echten Klimaschutz von Frustkonferenzen wie jener in Doha zu nehmen. Aber gegenüber den ärmeren Staaten wäre dieser Gedanke ungerecht, dort holt man nur unseren Energiehunger nach. Und der Gedanke wäre falsch. Es gibt sie nämlich, die Fortschritte. Klimapolitik sollte sich nicht länger mit Verhandlungen aufhalten – Hingucken und Nachmachen ist besser. Ein paar Beispiele: Neulich reisten acht Vertreter des japanischen Anwaltsverbandes nach Sachsen-Anhalt; sie wollten – nach der atomaren Katastrophe in Fukushima – lernen, wie es die Kleinstadt Dardesheim schafft, sich mit Strom aus Wind, Wasser und Sonne selbst zu versorgen. Das Bioenergiedorf Jühnde in Niedersachsen, die Energielandschaft Morbach im Hunsrück oder das Schwarzwaldstädtchen Schönau kennen ebenfalls solche Besuchergruppen. Gut so!

Derweil könnte eine deutsche Delegation guten Gewissens die Emissionen für einen Flug in die 500.000-Einwohnerstadt Portland in Kauf nehmen. Während in Frankfurt am Main diskutiert wird, die Parkplätze zu verbreitern, weil es immer mehr breite und schwere Karossen gibt, lässt sich in Portland studieren, wie eine Stadtplanung aussieht, die das Auto entbehrlich macht: Im Umland durften keine weiteren Vorstädte mehr entstehen, aus denen der Verkehr nach Portland geströmt wäre; Baulücken wurden geschlossen, brachliegende Industrieflächen genutzt. Bestehende Wohngebäude erfüllen nach energetischen Sanierungen höchste Umweltstandards - ohne dass die alteingesessene Bevölkerung verdrängt worden wäre. Im Gegenteil: Die Menschen konnten bei den Planungen mitbestimmen. Statt in eine Stadtautobahn investierten die Bürger das Geld in den Nahverkehr.

Es gibt eben nicht nur Klimasünder in den USA, sondern – wie überall – neben den Bremsern auch Fortschrittliche. Und die können den Bremsern gern die Konferenzen überlassen. Dann hat der Rest mehr Zeit und Ruhe, voneinander zu lernen.

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