Ein Staatsvertrag, der bundesweit Maßstäbe setzt
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
15.08.2012

     Es ist ein Vertrag, der die Stadt Hamburg schmückt. Die „freien Hanseaten“ – vielleicht doch mehr als ein historisierender Ehrentitel - haben Mitte August mit drei muslimischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde einen Vertrag  geschlossen, der für die muslimische Seite mehr Rechtssicherheit bringt und ihre Möglichkeiten und Pflichten vor allem bei den Themen Religionsunterricht und religiöse Feiertage klärt. Dieser Vertrag ist in fünfjährigen Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt worden. Senat und Bürgerschaft müssen ihn noch prüfen. Eine muntere öffentliche Debatte steht auch zu erwarten, geht es doch um zentrale Themen des Zusammenlebens in einer multikulturellen Stadt. Vor allem: Dieser Vertrag ist der erste seiner Art in Deutschland, und es ist zu erwarten, dass er Vorbildcharakter für Verträge in anderen Bundesländern.

Hamburg wieder einmal ganz vorn

Der Vertrag setzt zunächst einmal Maßstäbe, was die rechtliche Einschätzung der muslimischen Organisationen angeht. Die Frage, ob diese Verbände und Vereine überhaupt als  Religionsgemeinschaften zu verstehen sind und sie deshalb eine ähnliche Rolle wie die Kirchen beanspruchen dürfen, ist zunächst einmal so beantwortet: Sie sind es. Eine in vielen Bundesländern gern benutzte Argumentationsfigur ist damit erledigt: Man würde ja gern mit den Muslimen über ihren Rechtsstatus verhandeln, wenn man denn nur kompetente und befugte Ansprechpartner hätte. Vertragspartner sind in Hamburg der Landesverband der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Rat der Islamischen Gemeinschaft (Schura), der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und die Alevitische Gemeinde. Zugegeben: Sie vertreten sind bei weitem nicht alle Muslime. Aber ein Konsens aller Muslime wird in diesem Äon nicht zustande kommen. Es war  deshalb gut, überhaupt anzufangen.

Qualitätssicherung bei den muslimischen Religionslehrern

In mancher Hinsicht schreiben die Verträge bereits geübte Praxis fest, zum Beispiel den Brauch der Muslime, sich ohne Sarg bestatten zu lassen. Bemerkenswert ist: Die Vertragspartner legen sich auf Regeln zum islamischen Religionsunterricht an den staatlichen Schulen fest. Solche sind zurzeit in weiteren Bundesländern in Vorbereitung. Offensichtlich hat hier die Hansestadt auf mehr Professionalität gepocht: Religionsunterricht werden in Zukunft nur Lehrerinnen und Lehrer mit dem zweiten Staatsexamen durchführen dürfen. Damit ist der maßgebliche Einfluss der Schulämter gesichert. Schluss ist mit Lehrern, die vom türkischen Staat bezahlt wurden und bei denen nicht so genau auf die Qualifikation geachtet wurde. Schluss auch mit den Verquickungen von muttersprachlichem Unterricht und islamischer Kulturlehre mit religiösen Einschlüssen. Es gibt Schulleiter, die zugeben mussten, dass sie manche Unterrichte gar nicht beurteilen konnten, weil diese in anderen Sprachen stattfanden.

Ob ein anderer Vertragspunkt ein Gewinn ist, muss sich noch erweisen: Zu hohen muslimischen Feiertagen dürfen Muslime einen arbeitsfreien Tag beantragen. Schüler durften an solchen Feiertag schon immer den Unterricht fern bleiben, nicht so Arbeitnehmer. Der Schönheitsfehler: Sie müssen diesen Tag nacharbeiten. So wird man diesen Tag eher als Urlaubstag betrachten müssen. Dennoch bedeutet diese Regelung sicherlich für viele einen Gewinn an religiöser Freiheit.

In Hessen gibt es heftigen Streit über den islamischen Religionsunterricht, der frühestens im Jahr 2013 Wirklichkeit wird. Vor allem aus der CDU gibt es einige Sperrfeuer. Das ist in Hamburg erfreulich anders: Der frühere Bürgermeister Ole von Beust, bekanntlich ein Unionsmann, war es gewesen, der den Anstoß zu diesen Vertragsverhandlungen gegeben hatte. Vorbilder waren die Verträge mit der evangelischen und der katholischen Kirche des Jahres 2005 und jener mit der jüdischen Gemeinde 2007 gewesen. Auch wenn seither fünf lange Jahre ins Land gegangen sind: In der Integrationspolitik ist Hamburg mal wieder ganz vorn dabei.

 

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Die Muslime sind im Sinne des Grundgesetztes keine Religionsgemeinschaft. Der Vertrag steht rechtlich also auf ziemlich wackeligen Füßen, insbesondere was den Religionsunterricht angeht. Ob der Vertag wirklich für beide Seiten ein Gewinn ist, ist so die Frage. Als Hauptgewinner sehe ich eher die muslimischen Verbände, deren Forderungen nachgekommen wird. Von ihnen gibt es aber keine Zugeständnisse im Sinne einer besseren Integration wie z. B. Verzicht auf Beschneidung der Jungen, solange sie minderjährig sind, keine Imam-Ehen mehr, Frauen und Männer beten nebeneinander. Die Frage ist auch, was man die kleinen Muslime im Religionsunterricht denn lehren will. Eine kritische Reflexion des eigenen Glaubens, wie ich das zumindest teilweise im evangelischen Religionsunterricht erlebt habe, verbietet der Islam (wörtlich: Unterwerfung). Und da würden deshalb die beteiligten Verbände meutern, und sicher haben die sich ein Vetorecht gegen die Lehrer gesichert. Es bleibt also, den Islam als etwas bedingungslos zu Glaubendes zu lehren. Dabei wird dann vermutlich auch nicht darauf eingegangen werden, daß die Glaubensinhalte in weiten Teilen weder mit dem Grundgesetz noch den Menschenrechten in Einklang stehen. Denn große Teile sind massiv antichristlich und antijüdisch, und zur Gewalt gegen Nichtmuslime wird auch aufgerufen. Und genau das ist doch das größte Integrationshindernis überhaupt, worüber aber nicht geredet werden darf. Und deshalb ist dieser Weg falsch. Wer hier leben will, soll sich anpassen müssen oder gehen. Wir sollten uns auf die Einwanderer konzentrieren, die kommen, weil sie die Art hier zu leben, die Freiheit des einzelnen und die Aufklärung mögen. Die integrieren sich von ganz allein und haben kein Problem damit, sich anzupassen. Wer nicht zu einer anerkannten Religionsgemeinschaft gehört, sollte Religionskunde als Pflichtfach bekommen. Da sollte dann über alle Religionen unterrichtet und kritisch aufgeklärt werden, einschließlich Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und den Menschenrechten. Die Muslime wissen nämlich über die Kufar (die Nichtmuslime) genauso wenig wie die meisten Leute hier (und leider auch die meisten kirchlichen Funktionäre) über den Islam. Aufklärung tut not.

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