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Die Kirche im Dorf­ lassen!
In zehn Jahren.... müssen sich Pfarrer gegenseitig vertreten, sagt die evangelische Theologin.
Tim Wegner
16.05.2012

chrismon: Ein Abiturient will Pfarrer werden – würden Sie zuraten?

Kerstin Menzel: Interessant, das frage ich die Pfarrer und Pfarrerinnen, die ich für meine Doktorarbeit interviewe, auch immer.

Was antworten sie?
Oft überlegen sie, ob sie es selbst wieder tun würden. Und die meisten sagen: Ja!

Und was sagen Sie persönlich?

Es ist ein toller Beruf, weil ich meinen Glauben und das Leben zusammenbringen und existenzielle Fragen mit den Menschen bedenken kann. Die andere Frage ist: Wie sind die Strukturen, in die ich mich begebe?

Wie sehen diese Strukturen aus?

Auf den ersten Blick nicht sehr verlockend. In Ostdeutschland gehören nur etwa ein Viertel der Menschen einer christlichen Kirche an. Das hat mit der DDR zu tun, aber es werden auch heute immer weniger – vor allem durch den demografischen Wandel. Manche Dörfer verlieren jedes Jahr ein Prozent ihrer Be­völkerung. In zehn Jahren sind das bei 1000 Einwohnern 100 Menschen!

Welche Folgen hat das?

Kirchengemeinden müssen zusammengehen, um eine Pfarrstelle zu finanzieren. Eine Gemeinde besteht oft aus vielen Dörfern mit acht oder zehn Kirchen. Das bringt neben der Verwaltungsarbeit weite Wege mit sich. Eine Pfarrerin muss an einem Wochenende oft drei Gottesdienste feiern. Interessant ist das an Weihnachten, wenn jedes Dorf auf einem Gottesdienst besteht. An anderen Sonn­tagen sind manchmal schon fünf Gottesdienstbesucher viel. Immer steht den Pfarrern die Frage vor Augen: Wo führt das hin? Viele empfinden das als Sterben der Dörfer und Kirchgemeinden. Das ist eine geistliche Frage: Was ist Gottes Auftrag für die Kirche?

Was meinen Sie?

Gerade in abgehängten Regionen gibt es ­neben der Kirche oft kaum jemanden, der Kultur und Öffentlichkeit schafft. Meine Vision ist die einer gastfreundlichen Kirche, wie sie in der Theologie diskutiert wird. Da gibt es viele Ideen: ein Kirchencafé zum Beispiel. Oder dass man Gemeinderäume für eine ­Feier mieten kann, wenn es keine Gastronomie mehr im Ort gibt. Oder einen Kirchenflohmarkt; Fahrdienste für Dorfbewohner, die nicht mehr mobil sind. Natürlich bleibt auch das geistliche Leben wichtig, der Gottesdienst – und die Kasualien: Taufe, Konfirmation, Hochzeit, Beerdigung.

Und was machen Sie, wenn Sie später aufs Land entsandt werden?

Der Anspruch der Landeskirchen ist, dass die Kirche flächendeckend präsent bleiben soll. Das finde ich richtig, aber wie das im Alltag geht, wo man Grenzen setzen muss – das ist die eigentliche Frage. Da lerne ich viel von meinen Interviewpartnern – etwa dass Gemeindemitglieder ehrenamtlich Verantwortung übernehmen, wenn man sie richtig ­unterstützt und wertschätzt. Zum Beispiel Lektoren, die Gottesdienste feiern.

Und in zehn Jahren?

Müssen wir auch im Westen viel häufiger über solche Ideen reden; den demografischen Wandel gibt es dort auch. Schon heute versucht die Kirche zu reagieren. Nötig sind zum Beispiel Pfarrer, die Vertretungen machen können – wenn Kollegen krank sind, Urlaub haben, in Elternzeit sind oder Fortbildungen besuchen.
 

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Hat der Autor das Interview so flach werden lassen, oder kann man heutzutage wirklich mit derartigen Allgemeinplätzen eine Doktorarbeit schreiben?
Weder Herr Husmann noch Frau Menzel scheinen eine Ahnung von "ostdeutschen Pfarrern" im "ländlichen Raum" zu haben.
Schreiben Sie eigentlich auch von "westdeutschen Pfarrern" in "Großstadtgemeinden"?

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@GAST

Auch wenn theologische Fakultäten und Kirchenvertreter es immer wieder behaupten, ist das, was an (evangelischen) theologischen Fakultäten stattfindet im Kern unwissenschaftlich. Auch andere Fächer haben ihre nicht wissenschaftlichen Aspekte, aber da ist es nicht der Kern der Sache. Da geben die nie zu, sagen es dann aber doch regelmäßig, wenn z. B. behauptet wird, dass man Theologie nicht studieren kann, wenn man es nicht glaubt. Damit sind die Aussagen also nicht allgemein nachvollziehbar, also unwissenschaftlich.

Mich würde es nicht wundern, wenn man mit Ideologie im schwachen wissenschaftlichem Kleid super Promotionsnoten bekommen kann, während wissenschaftliche interessierte Leute besser in anderen Fächern promovieren sollten.

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Autor des folgenden Beitrages ist Iwan der Schreckliche. Gast schrieb am 19. Juni 2012 um 1:41: "Auch andere Fächer haben ihre nicht wissenschaftlichen Aspekte, aber da ist es nicht der Kern der Sache." Da wäre ich mal sehr vorsichtig mit so einer Behauptung. Es stimmt zwar, dass die Objekte von BWL, VWL, Jura, Soziologie usw. nicht im begründeten Verdacht stehen, ebenso simple wie folgenreiche Objekte der Fantasie zu sein. Ob es bei diesen Veranstaltungen allerdings darum geht, Wissen zu schaffen, oder eben auch nur darum, ideologische Irrtümer zu pflegen, wäre zu überprüfen. Wer zu studieren anfängt, dürfte allerdings gut beraten sein, sich lieber zu fragen, wo er was verdient, wo er wie schnell oder langsam rausfliegt und an welchen Stellen seines zukünftigen Berufes er vollends im Irrenhaus landet. Da spricht nicht von vornherein alles gegen das Theologiestudium.

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Es hätte im eben abgeschickten Beitrag statt "Objekte der Fantasie" natürlich "Produkte der Fantasie" heißen sollen. Man sollte spät abends offensichtlich lieber pennen statt Beiträge verfassen....Iwan der Schreckliche

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