Spezialität des Hauses: das Evangelium
„Wir treffen uns zum Frühstück“ – es macht Spaß, den Tag bei knusprigen Brötchen, Kaffee und einem Schnack mit der besten Freundin zu beginnen. Doch wo? Cafés sind manchmal voll und laut, auch nicht immer gemütlich, und nicht jede kann es sich leisten. Montags gibt es in Solingen-Dorp eine echte Alternative: das „Frühstück am Montag“ in der Cafeteria der Dorper Kiche. Dann wird der umgestaltete Vorraum der Kirche zum Gasthaus. Das besondere Highlight: die Brötchen werden von der Gastgeberin frisch gebacken
02.07.2012

Kirche als Gasthaus? Es war genau dieses Bild, das die evangelische Kirchengemeinde Solingen-Dorp vor Augen hatte, als sie vor ungefähr 20 Jahren nach einem Leitbild suchte. „Jörg Zinks Bild von der Kirche als Gasthaus am Lebenswege der Menschen hat mich nicht losgelassen“, sagt Pfarrer Joachim Römelt. Was der Theologe Zink, der unter anderem als Sprecher der Friedensbewegung hervorgetreten ist, in seinem Buch „Die goldene Schnur“ formulierte, wollte Römelt gerne in seiner Kirchengemeinde umsetzen.

Offen in jeder Hinsicht

Offen für Gäste sollte die Kirche im räumlichen und im übertragenen Sinne sein: Der Kirchenraum als Gasthaus, die Gemeinde als Einladende, die den Menschen Nahrung für Körper und Seele gibt. Und so wurde gebaut, denn die Kirche war ohnehin dringend sanierungsbedürftig. In einer beispiellosen Anstrengung sammelten die unterschiedlichen Gruppen der Gemeinde dafür Geld und trieben so eine halbe Million Euro ein. Für diese Leistung erhielt die Gemeinde einen Sonderpreis von 500 Euro beim chrismon-Wettbewerb in der Kategorie Kirchenrenovierung. Die sollen nach der Sanierung des Kirchenschiffes jetzt zur Renovierung der Jugendräume genutzt werden.

Darüber hinaus setzten tüchtige Mitglieder der Gemeinde unzählige Stunden ihrer Arbeitskraft ein, um die Sanierung zu schaffen und die Kirche gleichzeitig umzugestalten. So wurden zum Beispiel die Elektroinstallation und der Innenanstrich komplett ehrenamtlich geleistet. Für die Cafeteria steht nun der Vorraum der Kirche zur Verfügung und macht gleich am Eingang deutlich: Hier sind Gäste gern gesehen.

Neben frischen Brötchen oder – wie beim wöchentlichen Café Dorper Kirche – Kaffee und Kuchen will die Gemeinde für den Hunger der Menschen auch im übertragenen Sinne etwas auftischen. „Wir haben ja mit dem Evangelium als Spezialität des Hauses etwas zu bieten“, ist Römelt überzeugt. Damit auch der Gottesdienst als Nahrung bei den Menschen ankommt, veranstaltet er regelmäßig Themengottesdienste, zu denen die Kirche entsprechend umgestaltet und dekoriert wird.

Themengottesdienst nach Speisekarte

Der Gottesdienst auf einer Speisekarte? Regelmäßige Besucher dieses speziellen Gottesdienstes kennen das schon und wissen, dass sie als Hauptgericht „Worte mit Nährwert“ erwarten. Bistrotische im Gottesdienstraum unerstreichen die Gasthausatmosphäre. Immer sind Raum und Tische auch speziell gestaltet und dekoriert, so dass das Thema unterstrichen wird und zum weiteren Nachdenken anregt. Als es um Körperkult ging, ließen viele bewegliche und doch auch starre Holzfiguren über die Frage nachdenken, was vom Menschen bleibt, wenn er sich nur noch über sein Äußeres definiert. Zur Jahreslosung „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ schmückten Teelichter den Raum, durch deren transparenten Schirm ein Riss ging. Scheint an den Rissen des Lebens das Licht nicht besonders deutlich? Kann Gott uns durch unsere Wunden näher kommen? waren einige der Fragen, die der Pfarrer in seiner Predigt ansprach.

An die Themengottesdienste schließt ein gemeinsames Mittagessen an. Da wird die Kirche dann wieder klassisches Gasthaus, in dem sich Menschenbegegnen: Stammgäste und Durchreisende. Sie kommen ins Gespräch, sie tauschen sich aus über die Wege, die sie gehen und geben sich gegenseitig Anregungen und Impulse.

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Komm wie du bist - ein Ausschnitt aus einem der Gasthaus-Gottesdienste in Soliongen Dorp

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Wichtig sei es, so sagt der Pfarrer, dass hinter den Stärken des Bildes vom Gasthaus die Schwächen nicht übersehen würden, die so ein Bild auch haben kann. Gasthaus könne nämlich auch bedeuten, dass die Gäste bezahlen und wieder gehen, dass das Personal bedient und keine Beziehung herstellt zu den Gästen. Aber genau das will die Gemeinde in Dorp überwinden. Natürlich sei eine Gemeinde weitaus mehr als ein Dienstleistungsunternehmen, sagt Römelt. Und so verstehe sie ihre Gäste als lebendigen Teil des Gemeindelebens, die mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten dort ihren Platz hätten.

Aus 30 Abnehmern wurden 75

Das gilt im Übrigen auch für die Menschen, die monatlich eine Lebensmitteltüte erhalten. Bedürftige Alleinlebende und Familien können sich diese Hilfe zum Lebensunterhalt abholen – gleich welcher Religion sie angehören. Waren es zu Beginn der Aktion 2010 noch 30 Tüten pro Ausgabetermin, so sind es inzwischen 75 geworden. Und die Zahl der Bedürftigen steigt. Möglich wird diese Hilfe durch den Dorper Diakonieverein, der das notwenige Geld aus Fördermitgliedschaften, Spenden und Benefizaktionen aufbringt, sowie durch Kollekten und Kirchensteuermittel. Ein tatkräftiges Team aus acht Personen kauft die Waren ein, verpackt sie und gibt sie an die Bedürftigen aus. Auch die Menschen, die hilfebedürftig seien, würden in der Gemeinde gebraucht, sagt Pfarre Römelt. Denn er ist davon überzeigt: „Niemand ist überflüssig, jeder kann etwas von seinen Fähigkeiten einbringen“.

Und so ist im Laufe der Zeit aus der ursprünglichen Leitbilddiskussion eine „richtig nahrhafte Geschichte“ geworden.

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Also erst einmal "vielen Dank" für die Erklärung des "roten Wortes": Religion!

In diesem Sinne, hoffe ich immer mehr religiöse Übreinstimmungen und Überschneidungen als Basiskonzept für ein weltumspannendes Verantwortungsgefühl gegenüber der eigenen Art zu entwickeln!
Aus der "Friede, Freude, Eierkuchen- Religiosität" zu etwas Wervollerem zu finden, wobei der "Friede" weiterhin auf Platz 1 stehen sollte!

Und lasst die Obladen im Laden. Sie kleben nur an den Zahnprothesen und satt machen sie auch nicht!
Jesus verteilte mit Sicherheit keine Untersetzer für Makronengebäck bei seinem letzten Abendmahl! Warum auch?

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Speisekarte als Preisverzeichnis!!!

Die Preisangabenverordnung schreibt in § 7 vor, dass der Gastwirt
(alias Pfarrer plus Kirchengemeinderat) ein Preisverzeichnisse vorzuhalten hat. Diese sind „entweder auf Tischen aufzulegen oder jedem Gast vor Entgegennahme von Bestellungen und auf Verlangen bei Abrechnung vorzulegen oder gut lesbar anzubringen“. Bei Getränken, die in geeichten Gefäßen (§ 9 Eichgesetz) abgegeben werden, ist ferner das Füllmaß in ltr/ml anzugeben, auf das sich der Abgabepreis bezieht. Die Preise müssen Endpreise angeben, also evtl. Bedienungsgeld, nicht zu vergessen die Steuern und sonstige Zuschläge.

Mindestens eine aussagekräftige Auswahl der Speise- und Getränkepreise ist neben dem Eingang der Kirche zur gut sichtbaren Einsicht für jedermann anzubringen und eine Erklärung, wer den Spass finanziert.

Der Apfelsaft-Paragraph sollte abgeändert werden in den Diakonie-Paragraph = Alles kostenlos incl. Lebensmittel Wundertüte!

Als Preisverzeichnis ist die Speisekarte auch ein kaufmännisches Dokument, welches der mindestens sechsjährigen Aufbewahrungspflicht unterliegt, die sich aus § 147 Abgabenordnung ergibt.

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Tolle Idee(n)! Wenn es etwas zu essen gibt, bin ich dabei! (Ironie). Nein - mich würde jedes Angebot interessieren - auch die Themen-Gottesdienste. Die nahrhaften Veranstaltungen in der Kirche bereiten natürlich viel Arbeit. Es wäre schön und wünschenswert, wenn auf Dauer genügend und geeignete ehrenamliche Mitarbeiter zur Verfügung ständen. Klasse: „Niemand ist überflüssig, jeder kann etwas von seinen Fähigkeiten einbringen“. Wunderbar, dass auch hilfsbedürftige Menschen willkommen sind, dass ist nicht in jeder Gemeinde so. Nicht in jeder Kirchengemeinde fühlen sich Hilfsbedürftige oder einfache Menschen wohl.

Weiter so - und Gottes Segen und Gelingen.
Edith

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