dpa/Rainer Jensen
Höchste Zeit für Karl-Theodor zu Guttenberg, die Schummel-Affäre zu beenden. Keine faulen Ausreden, besser ein beherztes "Ich war's". Damit könnte der Verteidigungsminister sogar punkten
Tim Wegner
17.02.2011

Da hilft alles Drumrumreden nichts. „E pluribus unum“ – diesen Einstieg in seine Doktorarbeit hat Karl-Theodor zu Guttenberg sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht selber ausgedacht. Den hat er ganz offenbar aus der FAZ. Und ein paar andere Zitate hat er angeblich aus der „Neuen Züricher Zeitung“ abgeschrieben. Das ist blöd. Und da gibt´s nur eines: Lieber jetzt schnell zugeben! Sonst wird es wirklich peinlich.

"Ich war's!" heißt 2011 das Motto der Fastenaktion „7 Wochen ohne Ausreden“. Diesen Rat möchte man dem Minister jetzt gern zurufen. Gib's lieber schnell zu, sonst setzt sich eine weitere Armada von Juraprofessoren dran, einzelne Passagen durch den Google-Wolf zu drehen. Und die Original-Urheber werden immer beleidigter. Jetzt schon finden sie es „lausig“ und „erbärmlich“, dass sich der Promovand nicht die Mühe gemacht hat, Zitate entweder zu kennzeichnen oder umzuformulieren. Am Ende klagen sie noch vor Gericht.

Jeder kann Fehler machen

Ja, ich war's – das wäre jetzt in der Tat entwaffnend, um im Slang des Verteidigungsministeriums zu bleiben. Würde er jetzt gleich sagen: „ich habe einen Fehler gemacht“ – dann könnte er zumindest bei all jenen punkten, denen das auch schon mal so gegangen ist.

Ich bin weder Ministerin noch habe ich einen Doktortitel - aber beim Abschreiben kann ich mitreden. Ich habe den ganzen letzten Sonntag damit verbracht, meinen Sohn davon zu überzeugen, dass er für sein Musikreferat über „Peter und der Wolf“ wenigstens die Formulierungen von Wikipedia kreativ abändern soll. Echt, das hilft – wenn der Lehrer das Referat durch die Suchmaschine jagt, hilft es schon, wenn Haupt- und Nebensatz vertauscht werden.

Ja, besser wär's, das Kind hätte im Unterricht aufgepasst und allen Stoff über die Katze, die Ente und den Vogel aus seinem Großhirn abgerufen. War aber nicht so, wahrscheinlich war grad was anderes wichtiger. So wird’s bei dem Jura-Studenten Guttenberg auch gewesen sein. Und klar ist eine Doktorarbeit was anderes als eine Pennäler-Hausaufgabe. Aber für beides gilt: je länger man damit wartet, einen Fehler zuzugeben, desto monströser wird er.

Besser das Land verteidigen als Fußnoten

Und die „Opfer“? Die könnte man auch charmant befrieden, indem man sich bei ihnen bedankt für die Inspiration. Als Journalisten kennen wir alle auch diese Seite, jeder von uns hat seine Texte zumindest auszugsweise schon im Netz gefunden, und zwar ohne Kennzeichnung. Ich kann mich an einen meiner allerersten Artikel erinnern, er handelte von Graffitis auf Schultoiletten. Den fand ich durch einen saublöden Zufall in einem Buch wieder, das sich „Das Klobuch“ nannte. Den ganzen Artikel. Junge, glühend ehrgeizige Autorin, die ich war, schrieb ich empört dem Buchautor. Der meldete sich umgehend, gab den Fehler zu, entschuldigte sich und schickte mir zehn Bücher als Danke. Meinen Ärger habe ich dann – das Klo runter gespült.

Das fände ich jetzt bei Guttenbergs Schummel-Affäre auch an der Zeit. Die soll der jetzt mal schnell bereinigen. Damit der Verteidigungsminister wieder Zeit hat sein Land und nicht seine Fußnoten zu verteidigen. Mir als Wählerin wäre deutlich lieber, er würde seinen Hirnschmalz in die Frage zu investieren, wie es in Afghanistan weiter geht. Und für all seine Entscheidungen in dieser Angelegenheit bitte persönlich die Urheberschaft und Verantwortung übernehmen. Dann würde ich ihm glatt die Schummelei auf Seite 368 verzeihen. Na ja , und notfalls auch die auf Seite 1. Aber nur, wenn er sagt – klar, ich war's.

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Vielen Dank Frau Ott! Ihr Kommentar hat meinen Tag gerettet - endlich kann ich den Polit-Zirkus wieder etwas merkwürdiges abgewinnen. Das wäre es - wenn der Verteidigungsminister (oder wenigstens sein Team) - bei der Fastenaktion "7 Wochen Ohne" mitmachen würde, vielleicht sogar erweitern - in "7 Wochen Ohne Ausreden in Afghanistan" :-)
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Wahrscheinlich würde es Herrn z.G. guttun, an so einer Fastenaktion teilzunehmen. Aber wenn ich den Sinn der Aktion richtig verstanden habe, soll der diesjährige Titel "Ich war's - Sieben Wochen ohne Ausreden" genau das vermeiden, was Sie getan haben: Auf andere hinweisen, die so etwas nötig haben. Denn dass andere immer viel schlimmer sind als ich selber, und dass die mir einfallen als potentielle Kandidaten solch einer Aktion - das ist doch eine der beliebtesten Ausreden seit Jahrtausenden. Besser wäre es, bei meiner eigenen Schuld zu bleiben und sie mir vergeben zu lassen, statt auf das Geständnis eines anderen zu warten, um ihm dann zu verzeihen. Je länger ich Ihren Artikel lese, desto mehr denke ich, dass er ironisch gemeint sein könnte. Als Beispiel dafür, wie man die Fastenaktion besser nicht beginnen sollte. Formulierungen wie "die soll der jetzt mal schnell...", "diesen Rat möchte man ... zurufen" oder "ich würde ihm verzeihen" deuten in diese Richtung. Sollte das ganze ironisch gemeint sein, bitte ich meine Kritik zu entschuldigen und gratuliere zu diesem brillanten Kommentar.
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Zitat aus dem Artikel: "Damit der Verteidigungsminister wieder Zeit hat sein Land und nicht seine Fußnoten zu verteidigen." Ach, Deutschland muss sich verteidigen? Irgendwie muss ich den Einmarsch der Taliban in die Bundesrepublik verpasst haben....

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