Keine Szene machen!
Sebastian Leber hat für sein Buch „Abgeblitzt“ mit 33 Männern über unerwiderte Gefühle gesprochen
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
18.02.2011

chrismon: Wenn Frauen eine Abfuhr bekommen, reden sie nächtelang mit ihren Freundinnen. Was machen die Männer? 

Sebastian Leber: Die sprechen nicht darüber. Verlieren ist eine Veranstaltung, die gar nicht stattfinden darf. Man blendet es selbst aus, nach dem Motto „Gut verdrängt ist halb verarbeitet“. Freunden sagt man vielleicht, die Frau war doch nicht so cool, oder: kein Interesse mehr. Auch wenn alle ahnen, dass es anders war – da bohrt keiner nach. Das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz. Männer streuen sich nicht gegenseitig Salz in die Wunden.

Sind es denn immer noch die Männer, die den ersten Schritt machen? 

Natürlich können heute auch Frauen auf einen zugehen. Tun sie ja auch. Wenn dann aber die Frage ansteht, ob mehr daraus wird, dann ist in der Mehrheit der Fälle der Mann dran. Leider, denn die andere Rolle ist natürlich bequemer – und die würden wir auch gern öfter haben.

Wann ist ein Korb ein Korb? Wann ist es definitiv, dass sie nichts von ihm will? 

Frauen sind eigentlich sehr gut darin, ­klare Absagen zu erteilen. „Das wird nie was mit uns.“ „Ich kann mir nicht mehr vorstellen als eine Freundschaft.“ „Du bist äußerlich nicht mein Typ.“ Das ist deutlich. Männer aber sind sehr gut darin, das dennoch misszuverstehen, und lassen sich die Resthoffnung oft nicht nehmen.

Wie schafft man dann einen würdevollen Rückzug? 

Indem man die Abfuhr annimmt. Und versucht, keine Szene zu machen. „Ist angekommen.“ „Okay, verstehe“ – so was reicht als Antwort völlig aus. Anschließend besteht die Kunst darin, es so stehenzu­lassen, nichts kleinzureden – und nicht über die Frau abzulästern oder sie in Gedanken zum Monster zu machen. Zugegeben: Schaff ich meist auch nicht.

Wie nimmt man es leichter, abgewiesen zu werden?

Vorab: Es wird schlimmer, je länger man abwartet. Die Ansage herauszögert, sich zu viel Gedanken macht, um der eventuell drohenden Katastrophe, ihrem „Nein“, zu entgehen. Dadurch wird es erst zu einer. Man muss einfach akzeptieren, dass es zum Leben dazugehört, mal abzublitzen.Und – aus der Distanz betrachtet: Im Akt des Verlierens liegt auch eine gewisse Schönheit. Man kann das richtig auskosten und feiern: die innere Zerrissenheit, die Ängste und das eigene Zusammenklappen vor versammelter Mannschaft. Dazu gibt’s auch die richtige Musik, ich höre da immer „Im Zweifel für den Zweifel“ von der Band Tocotronic.

Deutlich, aber nicht zu kränkend. Gibt es den idealen Korb?

Ja. Wenn eine Frau zu einem sagt, und zwar möglichst früh, sie interessiere sich für einen anderen Mann, und den kenne sie schon ziemlich lang. Auf jeden Fall viel länger als einen selber. Damit kann man leben. Man muss sich nicht fragen: Seh ich nicht gut genug aus? Hab ich mich peinlich aufgeführt? Da war ja schon einer am Start, lange bevor ich auftrat. Es war kein gleichwertiges Rennen, der andere hatte ja viel mehr Zeit. Ist übrigens egal, ob es ihn wirklich gibt. Jetzt nicht die volle Wahrheit zu sagen, finde ich schon vollkommen in Ordnung.

Wie vermeidet man es, abzublitzen? 

Indem man sich niemandem annähert.Indem man es gar nicht versucht. Aber das ist natürlich keine Lösung. Das ist ja noch viel schlimmer.

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