Fritz Walter, Uwe Seeler, Jürgen Klinsmann. Sie haben Tore geschossen, sie sind Helden geworden. Super Jahrgänge -­ das finden auch ihre Altersgenossen. Sechs Geschichten um Siege und Niederlagen -­ neben dem Platz
Tim Wegner
Hedwig Gafga, Autorin
07.10.2010

JAHRGANG 1920 - GENERATION Fritz Walter

Herbst 1939, Gau-Liga Südwest, Offenbach gegen Kaiserslautern: Vor den Augen von Bert Merz schießt ein unbekannter Stürmer zwei Tore für seinen 1. FC Kaiserslautern. Merz erzählt davon, als wäre es gestern gewesen. "Der hat da vielleicht zwei Dinger reingesetzt!" Lautern verliert mit 6:3. Doch Merz, der damals 19-jährige Frankfurter Sportsfreund, ist so beeindruckt, dass er den Doppelschützen anspricht. "Sie haben mir am bes-ten gefallen!" Der Verlierer schleicht wortlos davon. Sein Name: Fritz Walter. 15 Jahre später ist er Kapitän der "Helden von Bern" ­ jener deutschen Mannschaft, die 1954 aus dem Nichts Weltmeister wurde.

1939, als Hitler Europa mit Krieg überzieht, denkt daran noch niemand. 1940 muss Bert Merz an die Front. Auch Fritz Walter wird Soldat, der Krieg raubt ihm die beste Fußballerzeit. Verlorene Jahre, sagt Bert Merz: "Die schönsten Jahre eines Mannes sind die zwischen 20 und 25."

Die verbringt auch er im Krieg. Im April 1945 rettet ihn, wie er sagt, der glücklichste Zufall seines Lebens. Merz führt eine Nachrichtenabteilung an, in Danzig soll er die Infanterie verstärken und gegen die Rote Armee kämpfen. Vielleicht hätte er Fritz Walter nie wieder spielen sehen. Aber als sein Oberstleutnant von dem sinnlosen Befehl erfährt, ruft er Merz zu sich. "Ihr sollt hier nicht vor die Hunde gehen!" Merz darf mit seinen Leuten westwärts ziehen und erlebt das Kriegsende in Flensburg. Im August 1945 kommt er aus britischer Gefangenschaft zurück nach Frankfurt am Main.

Vor dem Krieg hatte Bert Merz in einer großen Schuhfabrik Kaufmann gelernt. Jetzt macht er seine Leidenschaft zum Beruf und wird Sportjournalist. Das berühmte WM-Finale 1954 erlebt er bei der Frankfurter Rundschau. Eigentlich wollte er längst in Garmisch sein, im Urlaub. Stattdessen sitzt er in der Sportredaktion, vor dem einzigen Fernseher im ganzen Haus. In der 84. Minute schießt Helmut Rahn das 3:2 gegen Ungarn. "Könnte klappen", denkt Merz. Er schaut, er schreibt. Als der Schiedsrichter abpfeift, muss Merz seine Seite in Druck geben. Wie Fritz Walter auf Schultern durchs Stadion getragen wird, kann er nicht mehr mitverfolgen.

Dafür erfährt er später alles vom Kapitän selbst. Bert Merz und Fritz Walter freunden sich auf Terminen an. Immer wieder kommt der Fußballstar zu den Weih-nachtsfeiern des "Schlappekickers". Die Vereinigung sammelt Geld für verarmte und kranke Sportler. Merz ist jahrelang Vorsitzender. Für sein Engagement bekommt er das Bundesverdienstkreuz.

Vor vier Jahren starb Fritz Walter, der Weggefährte. Zwei Frauen hat Merz auch überlebt, beide hatten Krebs. Seine Stimme wird rau, als er davon erzählt. Aber vielleicht heiratet er noch mal, auf jeden Fall will er mit seiner neuen Partnerin zurück nach Frankfurt ziehen. Die kleine Wohnung bei Limburg, in der er seine Fritz-Walter-Ecke aufgebaut hat, mag er zwar. Aber er hält es dann doch mit den Worten seines Freundes, der zeitlebens nie aus Kaiserslautern wegzog: "Dehäm is dehäm."

JAHRGANG 1936 - GENERATION Uwe Seeler

Das Fußballtrikot ist das Erste, was sie an ihrem zukünftigen Mann wahrnimmt. Die 22-jährige Hilde Skrotzky ist neu im Dorf und sitzt in der Gaststätte, als die A-Klasse-Kicker des VfL Kirchwerder in der Halbzeitpause auf einen Schluck vorbeischauen. Der Charmanteste von ihnen heißt Hartwig Paarmann. Er kommt schweißbedeckt an ihren Tisch und stellt sich vor.

Das imponiert der Neubürgerin. Sie ist 1958 gerade erst aus Stralsund in den Wes-ten übergesiedelt und hat südlich von Hamburg in Ochsenwerder eine Stelle als Lehrerin gefunden. Schon ein halbes Jahr später darf sie als junge Ehefrau dem Freizeitkicker Hartwig Paarmann, einem begeisterten HSV-Fan und fleißigen Heizungsbauer, die weißen Trikots waschen. "Das war eine ganz schöne Plackerei, als wir noch keine Waschmaschine hatten!" Damals ist "Uns Uwe" Seeler beim HSV der große Star. Noch heute lässt Hilde Paarmann auf ihn nichts kommen: "Uwe ist immer auf dem Teppich geblieben, aber das lag an seinem Vater." Den 1987 verstorbenen "Vadder" Erwin Seeler kannte Hilde Paarmann gut: "Ein ganz bodenständiger Mensch, ein ehemaliger Hafenarbeiter eben. Er kam immer in unser HSV-Stammlokal am Rothenbaum und hat gern erzählt. Daher kennen wir Uwe ganz gut."

Die Paarmanns bauen sich in den Vierlanden ein schönes Haus mit feudalem Wintergarten, Hartwigs Handwerksbetrieb floriert, und Hilde Paarmann unterrichtet an der Volksschule die Dorfjugend ­ 35 Jahre lang. Irgendwie geht es immer bergauf, wie für viele ihrer Altersgenossen, auf deren Kindheit noch die Bomben gefallen waren. Das war am 6. Oktober 1944, die Achtjährige hatte zitternd mit ihrer Familie im Keller gesessen. "Nach dem Angriff klafften zwei Bombentrichter vor und hinter unserem Haus." Die Bomben müssen gleichzeitig explodiert sein, nur durch den Druck von beiden Seiten, glaubt sie, sei das Elternhaus stehen geblieben. "Genau wie alle Uhren um fünf nach eins. Was haben wir für ein Glück gehabt..."

Heute verleben sie und ihr Mann den sorglos-aktiven Ruhestand der Wirtschaftswundergeneration. Die beiden müssen nicht knausern und fliegen schon mal zum Angeln nach Hawaii. Obwohl sie seit 35 Jahren ins Stadion geht und sich schon lange im Seniorenrat des HSV engagiert, nimmt Hilde Paarmann die Sache mit dem runden Leder nicht zu ernst: "Fußball ist es bei aller Liebe doch nicht wert, dass ich mich wirklich aufrege."

JAHRGANG 1945 - GENERATION Franz Beckenbauer

Als sich Franz Beckenbauer am 22. Juni 1974 im Hamburger Volksparkstadion warmläuft, begeht Bernd Taggeselle eine Straftat. Weltmeisterschaft 1974, DDR gegen BRD. Auf den Kommentar im DDR-Fernsehen kann Bernd Taggeselle verzichten. Der Rundfunkmechanikermeister aus Altenburg, Bezirk Leipzig, hat sich eine Antenne gebastelt, um die Westsender zu empfangen. Im Arbeiter- und Bauernstaat ist das verboten.

Keine Frage, wem Taggeselle in diesem Vorrundenspiel die Daumen hält: der westdeutschen Elf und vor allem seinem Idol ­ dem Kapitän Franz Beckenbauer, genannt "der Kaiser". Das Hoffen hinterm Eisernen Vorhang hilft nichts. Die DDR gewinnt durch ein Tor von Jürgen Sparwasser mit 1:0. Einige Wochen später fängt die Heimwerker-Antenne die Bilder des Finalsiegs gegen die Niederlande ein. Bernd Taggeselle trampelt, schreit, jubelt. Deutschland, Westdeutschland ist Weltmeister.

Der Triumph lenkt ab vom Alltag in der DDR. Taggeselles haben gerade eine Tochter bekommen, 1974 klappt es auch endlich mit der eigenen Wohnung. Eineinhalb Zimmer mit Klo überm Hof, mehr gibts nicht für die junge Familie. "Aber wir wären auch in ein Hinterhaus oder auf einen Dachboden gezogen."

1989, im Wendejahr, gehen auch die Taggeselles zu den Montagsdemos. Gleich nach dem Mauerfall sind sie schon in Berlin, für einen Tag in der Glitzerwelt des Westens. Die Ernüchterung kommt schnell. Taggeselle behält zwar seinen Job, aber viele Kollegen müssen gehen. Der Druck wächst.

1994, an einem Februarmorgen, fühlt er sich krank. Als er nach dem Arztbesuch neben seiner Frau im Bus sitzt und durch seine Heimatstadt fährt, sagt er: "Das alles sehe ich zum letzten Mal." Leukämie. Taggeselle kämpft, zwischen Krankenhausaufenthalten und Chemotherapie arbeitet er weiter, damit die Rente später nicht so niedrig ausfällt. 1996 und 1998 helfen ihm Stammzellentherapien, doch es kommt zu Komplikationen. Eine Hirnhautentzündung, die Ärzte geben ihn zum Sterben nach Hause. "Aber der liebe Gott wollte mich noch nicht."

Jetzt sitzt er im Rollstuhl, und das Sprechen fällt ihm schwer. Viele Freunde wenden sich ab. Von Taggeselle kommt nichts mehr, denken sie. Falsch. Kaum geht es um Fußball, zieht er interessiert die Augenbrauen hoch. Trampeln und jubeln kann er nicht. Aber er wird dann einfach nicht müde vorm Fernseher. Er reibt sich die Hände, wippt mit dem Oberkörper. Am heftigsten, wenn Deutschland spielt oder die Bayern, Beckenbauers Verein.

Ob er mit dem Kaiser etwas gemeinsam hat? "Nein", grinst er und blickt hinüber zu seiner Frau, "aber es gibt einen großen Unterschied: Dass du in meinem Leben die Einzige bist."

JAHRGANG 1955 - GENERATION Karl-Heinz Rummenigge

Rummenigge, Rummenigge, all night long!" ­ "Der Name eignet sich gut für einen Rap", fällt der Musiklehrerin auf. Genau wie ihr eigener: "Friederike, Friederike". Sie gehört zum selben Jahrgang wie der berühmte Karl-Heinz. Der war ein Sexsymbol, aber damals nannte man das noch nicht so. Sie sieht auch gut aus, mit ihren schwarzen langen Haaren, die bis auf die Brust fallen, und ihrem schmalen hellen Gesicht. Tief schaut sie ihrem Gegenüber in die Augen.

Als Rummenigge 1974 die westfälische Provinz verlässt, um beim FC Bayern in einer anderen Liga zu spielen, bricht auch die Försterstochter aus dem Harz auf. Sie fährt in die andere Richtung, zur Musikhochschule nach Hamburg. Schön war's zu Hause, mit großem Clan, viel Natur und Hausmusik, aber jetzt geht's erst richtig los. Beim Gesangsausbilder wächst Friederike Holldorfs fiepsige Stimme zu beachtlichem Volumen, und tausend Kilometer südlich feilt das Nachwuchstalent an seinem Dribbling. Souverän finden die Nach-68er ihren eigenen Ausdruck: Bach, Beat und Bundesliga. Bei wichtigen Spielen sieht die Studentin den Fußballstar im Fernsehen. Auch sie tritt jetzt öffentlich auf, singt bei Geburtstagen und Beerdigungen.

In dieser Zeit legen beide die Basis für ihre Zukunft. Rummenigge wird Europas Fußballer des Jahres, zeigt tolle Spiele ­ aber nicht immer. Friederike, die nun Holldorf-Herzberg heißt, wird während des Referendariats mit Zwillingen schwanger. Ihr Mann traut sich die Aufgabe nicht zu, sie schon. Es ist die Zeit, als die Frauen feststellen, dass sie auch alleine stark sind. Die beiden trennen sich. Fast auf einen Schlag ist sie allein erziehende Mutter und Lehrerin für Musik und Geschichte.

Auch der Fußballstar wird Vater, fünf Mal, er traut es sich zu. Während um ihn herum die sexuelle Revolution ausbricht, lebt er sein Familienleben. "Jawohl, ich bin bieder", sagt er trotzig. Friederike fühlt sich ihm verwandt: "Jawohl, ich bin bodenständig", meint sie, "und bei mir kommt noch etwas hinzu: risikofreudig." Von ihrem späteren Freund bekommt sie ein drittes Mädchen. Auch die Jüngste zieht sie alleine groß.

So wie Rummenigge ein toller Kicker sein wollte, war es ihr großer Traum, Kinder zu haben. Bei der dritten Tochter hat sie "voll gestillt und voll gearbeitet". Mutter und Musiklehrerin sein, das hat sie sich gewünscht. Im Fertighaus am Stadtrand spielt sie Klavier und Cello mit ihren Töchtern, in ihrer Schule baut sie drei Chöre auf. Gleich nach dem Mauerfall fährt sie zu ihren persönlichen Superstars, Bach und Goethe, nach Weimar, Erfurt und Leipzig.

Nur an einem Punkt muss sie schlucken, denn da zieht ihr Altersgenosse an ihr vorbei: 1991 wird er Vizepräsident des FC Bayern. Und Führungsqualitäten, die hat Friederike Holldorf-Herzberg doch auch. Nur ist sie eben keine Präsidentin geworden, sondern "Basis-Mensch" geblieben. Große Karriere und Kinder, das ging nicht. Dabei fehlt es ihr nicht an Ehrgeiz. Ein Examen nicht zu schaffen, das wäre für sie schlimmer gewesen als die Scheidung.

Aber stopp, es könnte noch etwas kommen, etwas ganz anderes. Den Buchtitel für ihre Autobiographie hat sie schon parat. "Die Mutter hüt' die Schaf'", würde sie heißen. Weil sie beides gemacht hat: ihre Kinder beschützt und das Geld verdient, wie es im Kinderlied der Vater tut, und dazu noch für ihre Kinder die Träumelein vom Baum geschüttelt.

JAHRGANG 1964 - GENERATION Jürgen Klinsmann

Himmel, war ich verrückt!" Uwe Sommer muss lachen, wenn er in alten Fotoalben blättert. Als Schüler, Mitte der Siebziger, schrieb er jede Woche die aktuelle Bundesligatabelle sauber mit dem Füller ab, klebte Zeitungsbilder ins Album, und unten auf die Seite kam noch ein Tabellenausschnitt der Zweiten Liga, wo Arminia Bielefeld um den Aufstieg rang.

Damals spielt er Fußball beim Vorortverein. "Ich war meistens der sechstbeste Spieler. Deshalb habe ich Hallenturniere gehasst, denn da durften immer nur fünf mitspielen." Mit 15 ist erst mal Schluss: "Die Kollegen wuchsen in die Höhe und wurden richtige Brecher, da hab ich aufgehört." Irgendwann interessiert ihn auch anderes mehr ­ die Mädchen und natürlich die Musik.

Als Klinsmann Ende der Achtziger zum Star reift, tendiert Uwe Sommers Interesse am Fußball gegen null. Selbst an die Weltmeisterschaft 1990, als Klinsmann die Holländer fast alleine besiegte, erinnert er sich kaum. "Politisch korrekt, wie ich damals war, hab ich wohl Kamerun die Daumen gedrückt!" Der Gitarrist studiert Germanistik und Musik und durchlebt auch eine "fromme Phase", einer angebeteten Theologin zuliebe.

Nach Staatsexamen und Promotion landet Uwe Sommer an der Staatsoper Hamburg. Inzwischen laufen Karrieren zwar nicht mehr ganz automatisch, aber man kann mit berechtigter Zuversicht auch mal was probieren. "Ich erkannte mehr und mehr: Die Oper ist meine Welt!" Mit Macht kehrt damals auch der Fußball in sein Leben zurück. Mitte der Neunziger ist es nämlich in Intellektuellenkreisen Kult, St.-Pauli-Fan zu sein, begeistert pilgert Sommer zum Millerntor. Als es mit dem Klub bergab geht, geht es für Uwe Sommer voran ­ er erhält seine erste Dramaturgenstelle an der Oper in Nürnberg und erlebt sein aufregendstes Fußballspiel, ohne es zu sehen: "Pauli trat am letzten Spieltag der Saison ausgerechnet beim 1. FC Nürnberg an. Ich bin nicht hingegangen, sondern habe in der Nähe des Frankenstadions gejoggt ­ Aberglaube!" Das rituelle Laufen hat Erfolg: St. Pauli siegt und steigt auf.

2005 kehrt Uwe Sommer als Operndramaturg nach Bielefeld zurück. An Klinsmann, dem Bundestrainer, bewundert er heute vor allem dessen Starrköpfigkeit: "Der hat Biss!" Und da sieht er Parallelen zur Opernwelt: "Du brauchst in entscheidenden Momenten ein Stück Brutalität."

JAHRGANG 1976 - GENERATION Michael Ballack

Fußballfans pinkeln in den Vorgarten, randalieren und rauben ihr den Schlaf. Nadine Schwittai lebt in Dortmund, ganz in der Nähe des Signal-Iduna-Parks, der vor kurzem noch Westfalen-Stadion hieß, aber mit Fußball kann sie nichts anfangen. Nadine Schwittai, 29, drei Monate älter als Michael Ballack.

Die junge Physiotherapeutin hangelt sich von Teilzeitstelle zu Teilzeitstelle, Ballack kann sich aussuchen, wohin er vom FC Bayern wechselt; im Gespräch sind 60 Millionen Euro für einen Vierjahresvertrag. Neidisch? "Ach was", sagt Nadine Schwittai und lächelt fein, "ich habe meinen Traumberuf." Klar, dass man damit keine Millionen verdient.

In der Pubertät ­ Michael Ballack trainiert längst täglich beim FC Chemnitz ­ trägt sie ein Korsett, ihre Wirbelsäule ist stark verkrümmt. Drei Jahre lang kann sie keinen Sport machen. Nadine Schwittai, Tochter eines Oberstudienrats und einer Erzieherin, quält sich durchs Abitur, doch sie bekommt, was sie sucht: einen Studienplatz für Physiotherapie in Heerlen, Holland. Ende der Neunziger blickt ihre Generation zuversichtlich in die Zukunft, die Wirtschaft floriert, und von Akademikerarbeitslosigkeit spricht kaum jemand.

Im Sommer 2002 kehrt Nadine Schwittai zurück aus Holland, euphorisiert, motiviert. Sie ergattert eine Vollzeitstelle, "pure Ausbeute", sagt sie heute. Ballack wird "Fußballer des Jahres" 2002, 2003, 2005.

Nadine Schwittai findet einen neuen Job, der Chef reduziert auf eine halbe Stelle, die Praxis läuft schlecht. Sie macht eine Fortbildung, Kosten: 5000 Euro, ein gebrauchter Kleinwagen. Wie sie das Geld aufbringen wird, weiß sie noch nicht. Sie hat es mit Kellnern versucht; doch bis zwei Uhr nachts in der Kneipe stehen und morgens um halb acht wieder Patienten behandeln, das geht nicht.

Ihre Mutter erkrankt an Krebs, wie Jahre zuvor schon der Vater und die Schwester. Beide haben überlebt, die Mutter kämpft: ein Tumor im Gehirn. Operation. Chemotherapie. Zwei Rückfälle. Nadine Schwittai ist plötzlich nicht mehr nur Kind; sie muss Verantwortung übernehmen für Mutter und Vater, obwohl sie im Frust über die Jobsituation schon schwer an der Verantwortung für sich selbst trägt. Am liebs-ten hätte sie eine eigene Praxis. "Dann würde ich nur noch Patienten behandeln, die es wirklich nötig haben", sagt Nadine Schwittai. Neulich war sie im Stadion, mit ihrem Vater zusammen, "45 Euro die Karte!", Deutschland gegen USA, 4:1. Da hat sie Ballack das erste Mal live gesehen. "Und eins hätt ich ihm gern gesagt: Er hat ganz schön mies gespielt!"

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